Bundesgericht: Achrafs Auslieferung definitiv
Der in der Schweiz inhaftierte mutmassliche islamistische Terrorist Mohammed Achraf kann an Spanien ausgeliefert werden.
Spanien wirft ihm vor, einen Anschlag auf das Oberste Gericht in der Hauptstadt Madrid geplant zu haben.
Der 32-jährige Algerier, der verschiedene Namen benutzte, war im August 2004 wegen eines Bagatelldelikts in der Schweiz festgenommen und in Ausschaffungshaft gesetzt worden.
Im Oktober wurde er auf Grund eines spanischen Fahndungsgesuches als Terrorverdächtiger in Auslieferungshaft gesetzt.
Die spanischen Behörden verdächtigen Achraf, als führendes Mitglied einer Islamistenzelle einen Anschlag auf das Oberste Gericht in Madrid geplant zu haben. Ende Januar entschieden die Schweizer Behörden, dem Auslieferungsgesuch Spaniens nachzukommen. Achraf reichte Beschwerde ein.
Weder Verwechslung…
Das Bundesgericht hat die Beschwerde nun abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Auslieferung seien gegeben, hält es in seinem am Mittwoch veröffentlichten Urteil fest. Die Darstellung des Sachverhalts durch die spanischen Behörden erfülle die Anforderungen.
Ausgeliefert werden kann eine Person für eine mutmassliche Tat, die nach dem Recht beider betroffener Staaten mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet wird. Dies ist laut Bundesgericht der Fall. Weiter kamen die Lausanner Richter zum Schluss, es gebe keine Anhaltspunkte für eine Personenverwechslung.
… noch drohende Folter
Auch der Einwand Achrafs, in Spanien drohe ihm Folter, lässt das Bundesgericht nicht gelten. Spanien habe die entsprechenden Konventionen ratifiziert und lasse Kontrollen zu. Einzelne Fälle von Übergriffen in Gefängnissen rechtfertigten die Annahme nicht, in Spanien werde systematisch gefoltert, heisst es im Urteil.
Auslieferung steht nichts mehr im Weg
Damit ist der Auslieferungsentscheid rechtskräftig. Spanien und die Schweiz würden nun einen Zeitpunkt für die Übergabe vereinbaren, sagte Folco Galli, Sprecher des Bundesamtes für Justiz. Die Auslieferung erfolgt voraussichtlich innerhalb der nächsten 30 Tage.
Auf die in der Schweiz laufende Strafuntersuchung hat die Auslieferung keinen Einfluss, wie Hansjürg Mark Wiedmer, Sprecher der Bundesanwaltschaft, erklärte. Hauptsache sei, dass die Strafbehörden jederzeit Zugriff hätten. Bei der Untersuchung geht es um allfällige Vorbereitungshandlungen von Achraf in der Schweiz.
Der Fall Achraf beschäftigt nicht nur die Schweiz und Spanien, sondern auch die Niederlande: Der Algerier soll auch in den Mord an dem niederländischen Filmregisseur Theo van Gogh verwickelt sein.
Pannen
Der Fall des Algeriers hatte innerhalb der Justizorgane in der Schweiz für Unstimmigkeiten gesorgt. Bemängelt wurden vor allem Lücken im Informationsaustausch zwischen den eidgenössischen und kantonalen Behörden einerseits und den Ermittlungsstellen beider Länder andererseits.
Daraus entstand weiter eine grosse Debatte über die Effizienz und Kontrolle der Schweizer Geheimdienste.
swissinfo und Agenturen
28. August 2004: Achraf wird am Flughafen Kloten festgenommen.
19. Oktober: Spanien informiert die Schweiz, dass der Verhaftete ein Bombenattentat in Madrid geplant hatte.
21. Oktober: Der Schweizer Bundesanwalt Roschacher eröffnet ein Verfahren gegen Achraf.
28. Januar 2005: Die Schweiz gibt grünes Licht für eine Auslieferung an Spanien.
Achrafs Schweizer Anwalt kündigt Berufung ans Bundesgericht an.
13. April: Achraf blitzt vor Bundesgericht ab.
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