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Bundesgericht setzt neuen Massstab für das Delikt Kreditkartenmissbrauch

Die Banken müssen bei der Abgabe von Kreditkarten die Karteninhaber genauer unter die Lupe nehmen. Kreditkartenbetrüger können sonst nicht bestraft werden. Dies geht aus einem am Mittwoch (15.12.) veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.

Die Banken müssen bei der Abgabe von Kreditkarten die Karteninhaber genauer unter die Lupe nehmen. Kreditkartenbetrüger können sonst nicht bestraft werden. Gemäss einem Urteil des Bundesgerichts in Lausanne genügt es nicht, bloss die Adresse des Gesuchstellers und dessen Betreibungsauszug zu prüfen.

In dem vom Bundesgericht beurteilten Fall hatte ein zahlungsunfähiger Mann aus der Westschweiz bei verschiedenen Kreditkartenunternehmen die begehrten Plastik-Karten erhalten. Er setzte diese teilweise auch noch ein, als sie mangels Deckung bereits gesperrt waren. Der Mann hatte die Kreditkarteninstitute auf diese Weise in einem Zeitraum von drei Jahren um rund 185’000 Franken erleichtert. Er hatte sich jeweils als Fluglotse oder als selbstständig Erwerbender ausgegeben und den Kreditkartenunternehmen vorgeflunkert, er verdiene weit über 100’000 Franken im Jahr.

Die Waadtländer Justiz hatte den Mann wegen Kreditkartenmissbrauchs und anderen Delikten zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit dem am Mittwoch (15.12.) veröffentlichten Entscheid hebt das Bundesgericht dieses Urteil auf. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Banken die finanzielle Situation des Mannes zu wenig abgeklärt haben. Damit fehle es an einer objektiven Strafbarkeitsvoraussetzung, um den Mann wegen Kreditkartenmissbrauchs zu bestrafen. Der Mann muss deshalb vom Vorwurf des Kreditkartenmissbrauchs freigesprochen werden.

Kreditkartenbetrüger können gemäss Artikel 148 des Strafgesetzbuchs nur dann bestraft werden, wenn die Aussteller der Kreditkarten die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch ergriffen haben. Die “zumutbaren Massnahmen” hat das Bundesgericht nun in seinem neuen Urteil definiert. Es macht deutlich, dass es nicht genügt, wenn die Banken bloss Adresse und Betreibungsauszug kontrollieren oder bei der Zentralstelle für Kreditinformationen abklären, ob keine Schulden bestehen.

Will eine Bank sicher gehen, dass Kreditkartenmissbrauch auch bestraft wird, muss sie die finanzielle Situation des Gesuchstellers, insbesondere sein Einkommen und seine Vermögenssituation prüfen. Dabei darf sich die Bank nicht allein auf die Angaben des Gesuchstellers abstützen. Vielmehr sollte sie sich auch bei Dritten wie etwa beim Betreibungsamt, beim Arbeitgeber, bei den Behörden oder bei Partnerbanken Abklärungen treffen. Das Bundesgericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die meisten Kreditkartenanträge eine Bestimmung enthalten, die dem Kartenherausgeber das Einholen von Auskünften bei Dritten erlaubt.

SRI und Agenturen

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