Bundesrat wirbt für einheitliche Familienzulagen
Das neue Bundesgesetz über die Familienzulagen beseitigt laut Bundesrat Pascal Couchepin kantonalen Wildwuchs und bringt der Schweiz eine Harmonisierung.
Der Innenminister präsentierte am Donnerstag die bundesrätliche Haltung und eröffnete den Abstimmungskampf für den Urnengang vom 26. November.
An Stelle von 26 kantonalen, teils lückenhaften Regelungen schafft das vom Parlament im Frühjahr verabschiedete Gesetz schweizweit einheitliche Mindestansätze: 200 Franken Kinder- respektive 250 Franken Ausbildungszulagen.
Ausserdem werden die Voraussetzungen, wer wieviel Anspruch auf Zulagen hat, vereinheitlicht, erklärte der Sozialminister am Donnerstag zur Eröffnung des Abstimmungskampfes.
Referendum des Gewerbeverbands
Am 26. November wird darüber abgestimmt, weil der Schweizerische Gewerbeverband das Referendum gegen das Gesetz ergriffen hat.
Den Kantonen, die für die Finanzierung zuständig sind, bleibt aber grosser Spielraum bei der Ausgestaltung des neuen Gesetzes. Sie könnten auch über die Mindestansätze des Bundes gehen, unterstrich Couchepin.
Intransparenz
Couchepin machte in Bern keinen Hehl daraus, dass der Bundesrat in der Vernehmlassung zwar eine formale Harmonisierung der Kinderzulagen begrüsste, nicht aber die Fixierung eines landesweiten Mindestbetrags, wie dies das Parlament beschloss.
Trotzdem stehe der Bundesrat für das neue Gesetz ein. «Das Parlament vertritt das Volk. Und der Bundesrat unterstützt seine Entscheidungen», sagte Couchepin.
«Das heutige System der Familienzulagen ist intransparent», begründete der Innenminister die befürwortende Haltung des Bundesrates zur Vorlage. Derzeit habe jeder Kanton seine eigene Regelung.
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Referendum
Nur 4 Kantone entsprechen vorgesehenen Bestimmungen
Zurzeit entsprechen vier Kantone (Zug, Wallis, Jura und Freiburg) den vorgesehenen Bestimmungen oder liegen darüber. Die übrigen müssen ihre Kinder- und/oder Ausbildungszulagen anpassen, präzisierte Yves Rossier, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherungen.
Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmende und Nichterwerbstägige mit kleinem Einkommen, nicht aber Selbstständigerwerbende. Die in der Landwirtschaft bestehenden Regelungen werden dem neuen Gesetz angepasst.
Da mit der Durchführung weiterhin die Arbeitgeber und die Familienausgleichkassen betreut sind, braucht es keine neue Sozialversicherung und keine neue Verwaltung.
Bescheidene Anhebung des Beitragssatzes
Unter dem neuen Regime werden die Familienzulagen 4,6 Mrd. Franken kosten, das sind gegenüber heute zusätzliche Kosten von 593 Mio. Franken. Wegen der demographischen Entwicklung könnte der Betrag auch tiefer ausfallen.
Davon gehen 455 Mio. Franken zu Lasten der Arbeitgeber und 138 Mio. Franken zu Lasten der öffentlichen Hand.
Der Beitragssatz der Arbeitgeber werde von heute durchschnittlich 1,52% um 0,18 Prozentpunkte auf 1,7% angehoben, erklärte der Vorsteher des Departements des Inneren.
Indirekter Gegenvorschlag
Die neue gesetzliche Regelung sei ein ausgewogener Kompromiss und ein indirekter Gegenvorschlag zur inzwischen zurückgezogenen Volksinitiative «für ausgewogene Kinderzulagen», die mindestens 450 Franken monatlich forderte.
swissinfo und Agenturen
Die Höhe der Familienzulagen in der Schweiz wird von jedem Kanton selbst bestimmt.
Der Vorschlag, das Minimum der Familienzulagen national anzugleichen, entstammt einer parlamentarischen Initiative vor 15 Jahren.
2004 lancierte die Gewerkschaft Travail.Suisse eine Initiative, die 450 Franken pro Monat für jedes Kind forderte.
Das Eidgenössische Parlament machte im März einen Gegenvorschlag: 200 Franken pro Kind und Monat. Darauf wurde die Initiative zurückgezogen.
Nachdem der Schweizerische Gewerbeverband im Juli das Referendum gegen das neue Gesetz ergriffen hat, wird das Stimmvolk am 26. November 2006 darüber befinden.
Die kantonalen Familienzulagen variieren zwischen 150 und 444 Franken pro Kind und Monat.
9 von 26 Kantonen bezahlen bereits jetzt mehr als 200 Franken monatlich.
Im Durchschnitt hat jede Frau in der Schweiz 1,4 Kinder.
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