Camenisch ausgeliefert

Italien hat den als "Öko-Terroristen" bekannten Marco Camenisch an die Schweiz ausgeliefert. Der Bündner verbüsste in Italien eine 12-jährige Zuchthausstrafe.
Camenisch wurde am Freitagvormittag in Chiasso den Schweizer Behörden übergeben und nach Zürich überführt. Im Kanton Zürich erwarten ihn zwei Strafverfahren.
Camenisch war 1981 zusammen mit weiteren Gefängnis-Insassen aus der Strafanstalt Regensdorf entwichen, wo er wegen Sprengstoffanschlägen auf Kernkraftwerkanlagen bei Bad Ragaz eine zehnjährige Zuchthausstrafe verbüssen musste.
Zum Zeitpunkt des Ausbruchs, bei dem ein Aufseher getötet und ein weiterer schwer verletzt worden war, hatte Camenisch noch eine Reststrafe von 8 Jahren und 22 Tagen zu verbüssen, wie das Bundesamt für Justiz am Freitag mitteilte.
Mord an einem Grenzwächter
Camenisch wird zudem verdächtigt, 1989 in Brusio im Puschlav (GR) einen Grenzwächter erschossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Graubünden hatte in dieser Sache im Jahr 1991 gegen Camenisch einen Haftbefehl erlassen.
In Italien verbüsste Camenisch eine zwölfjährige Zuchthausstrafe, zu der er 1993 in Massa Carrara wegen Sprengstoffdelikten und Körperverletzung verurteilt worden war. Verhaftet wurde der Bündner 1991 in der Toscana.
Ikone der Jugendbewegung
In den 70er und 80er Jahren sorgte Marco Camenisch immer wieder schweizweit für Schlagzeilen. Um die Öffentlichkeit auf den Raubbau an der Natur aufmerksam zu machen, wurde der Politaktivist 1979 zum Bombenleger- zu einem dilettantischen allerdings. Der Strommast, den er mit einem selbst gebastelten Sprengsatz zu Fall bringen wollte, geriet nur leicht ins Wanken. Ein zweiter Anschlag war erfolgreicher: Eine Trafostation ging in Trümmer.
Kurz darauf wurden Camenisch und sein Komplize René Moser gefasst. Das exemplarische Urteil, zehn Jahre Zuchthaus für Camenisch und siebeneinhalb für Moser, galt als überaus hart. In den 80er Jahren wurden die beiden Bündner «Öko-Terroristen» zu Ikonen der Zürcher Jugendbewegung. 2001 setzte sich ein Dokumentarfilm mit dem «Mythos Camenisch» auseinander. Der Titel: «Camenisch – mit dem Kopf durch die Wand».
swissinfo und Agenturen

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