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Camping boomt in der Schweiz, aber das kommt zu einem Preis

Ein Zelt auf einem Campingplatz, einige ältere Leute vor einem Zelt.
Camping wird immer populärer. Mit den neuen Klient:innen wachsen auch die Ansprüche. Keystone

Seit der Pandemie sind die Besucherzahlen auf Schweizer Campingplätzen sprunghaft angestiegen: 2023 verzeichnete der Touring Club Schweiz fast eine Million Übernachtungen. Das sind 60% mehr als vor dem Coronavirus. Kann die Natur all diese Outdoor-Begeisterten aufnehmen?

“Ein Wohnmobil bedeutet Freiheit, und mit der Pandemie haben die Leute gemerkt, dass sie mehr davon brauchen”, sagt Jérôme. Der 51-Jährige verbringt jedes Wochenende in der Natur, mit seinem Bus und seinen Kindern.

Wie er entscheiden sich Tausende von Reisenden dafür zu zelten, anstatt in einem Hotel oder einer Mietwohnung zu übernachten.
Diese Rückkehr zur Natur ist mit der Pandemie explosionsartig angestiegen. Der Trend allerdings hatte schon vorher eingesetzt.

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“In den 1990er- und 2000er-Jahren gab es diese All-Inclusive-Mode”, erklärt Massimo Gonnella, Sprecher des Touring Club Schweiz (TCS). “Aber nach der Finanzkrise von 2008 konnten sich viele Leute diese Art von Urlaub nicht mehr leisten. Also kamen sie auf den Campingplatz, es gefiel ihnen und sie blieben.”

Im Jahr 2023 verzeichneten die TCS-Campingplätze mit fast einer Million Übernachtungen das beste Jahr aller Zeiten. Dennoch ist die Zahl der Stellplätze rückläufig.

Laut Gonnella ist dieses Phänomen auf einen doppelten Druck zurückzuführen, einen demografischen und einen ökologischen.

Muss Wildcampen reguliert werden?

Um eine Verbindung zur Natur zu finden, ziehen es manche vor, die offiziellen Strukturen zu umgehen. Während der Pandemie wurde beispielsweise der Parc du Jura Vaudois von Wohnmobilen überschwemmt.

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Die Behörden der verschiedenen betroffenen Gemeinden ergriffen Massnahmen. “Es ist wichtig für uns, das Campen nicht zu verbieten”, sagt Paolo Degiorgi, der Direktor des Parks. “Dies ist eine touristisch ausgerichtete Region, aber wir brauchen einen kontrollierten Zugang”.

Der sogenannte “Chez Colas”-Parkplatz ist einer von zehn Plätzen, wo das Campen erlaubt wurde. Die Infrastruktur reicht von einem einfachen Mülleimer bis hin zu einer Trockentoilette.

Als Alternative zum wilden Campen bringt die Plattform NomadyExterner Link private Eigentümer und Camper zusammen. Dieses deutschsprachige Start-up wurde 2019 gegründet und ist seitdem stetig gewachsen.

Mittlerweile zählt es 1300 Gastgeber in der Deutschschweiz und 40 in der Romandie. Oft sind es Landwirte, die ein Grundstück zur Verfügung stellen und Produkte von ihrem Hof verkaufen.

In La Saubraz startet Danaé Isely in ihre dritte Saison. Während des ganzen Sommers empfängt sie Camper am Rande ihres

Bauernhofs.Inmitten des Permakultur-Gemüsegartens sitzen zwei Radfahrer mit ihren Kindern. “Es stimmt, dass wir spüren, dass immer mehr Leute campen, und dass es einen Druck auf das Gebiet gibt”, sagen sie. “Man ist den Campern gegenüber nicht mehr so tolerant wie früher. Nomady, es ist eine gute Alternative”.

Campingplätze versuchen, sich neu zu erfinden

Mit der Ankunft der Camping-Neulinge kommen neue Ansprüche auf. Einige campen zum ersten Mal und besitzen keinerlei Ausrüstung, andere kommen, um im Homeoffice zu arbeiten.

“Es werden immer mehr Mietstrukturen angeboten”, bestätigt der TCS-Sprecher, “wie kleine Chalets oder atypische Unterkünfte.”

Der Campingplatz in Morges besitzt drei Vintage-Wohnwagen und hat dieses Jahr ein grosses Begrünungsprojekt gestartet, bei dem rund 30 Bäume gepflanzt und die Stellplätze mit blühenden Vegetationsflächen abgegrenzt wurden.

“Die Leute wollen nicht einfach nur nebeneinander stehen wie in einem Käfig”, erklärt Gonnella. Also versuchen wir, wildere Gebiete nachzubilden.”

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Camping ist in der Schweiz ein Trend. Willkommen sind allerdings nur begüterte Gäste. Schweizer Campingplätze sind die teuersten Europas.

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