Carla Del Ponte wird Botschafterin in Argentinien
UNO-Chefanklägerin Carla Del Ponte wechselt ins Diplomatenfach. Die 60-jährige Tessinerin wird im Januar 2008 Schweizer Botschafterin in Argentinien.
Die Wahl ist insofern ungewöhnlich, als diplomatische Quereinsteiger in der Schweiz rar sind.
Del Ponte hatte ihre bisherige Karriere der Juristerei gewidmet. Sie war jahrelang Tessiner Staatsanwältin, bevor sie 1993 zur Bundesanwältin ernannt wurde. Von diesem Amt wechselte sie 1999 nach Den Haag.
Dort hat sie bis heute das Amt der Chefanklägerin des UNO-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien und seit 2003 auch für Ruanda inne.
Zu den grössten Erfolgen als Chefanklägerin in Den Haag gehörte im Jahr 2001 die Auslieferung des früheren jugoslawischen Staatschefs Slobodan Milosevic. Dieser starb jedoch, bevor gegen ihn ein rechtsgültiges Urteil wegen Kriegsverbrechen erwirkt werden konnte.
Keinen Erfolg hatte die umtriebige UN-Chefanklägerin bisher mit ihren Anstrengungen zur Festnahme des untergetauchten Serbenführers Radovan Karadzic und seines Generals Ratko Mladic. Beide Gesuchten befinden sich nach wie vor auf freiem Fuss.
Die Amtszeit in Den Haag endet für Del Ponte im kommenden Herbst, der endgültige Abschied aus dem internationalen Rampenlicht soll jedoch – wegen der verzögerten Suche nach einer Nachfolge – erst Ende Jahr erfolgen.
Diplomatische Quereinsteigerin
Die Ernennung von Carla Del Ponte zur Botschafterin ist ein eher ungewöhnlicher Vorgang in der Schweizer Diplomatie. Die Karriere der UNO-Chefanklägerin kam bisher nicht in Berührung mit dem diplomatischen Dienst.
Üblicherweise beginnt der Werdegang der Diplomatinnen und Diplomaten mit der Ausbildung im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), führt dann über niedrigere Chargen in Schweizer Botschaften und zurück in Bern die Karriereleiter hoch – und endet in der Regel beim Botschafterposten.
Diesen langwierigen Aufstieg hat Del Ponte übersprungen. Damit gehört sie in eine kurze Reihe von Quereinsteigern. Dazu gehört auch die frühere Berner SP-Nationalrätin Gret Haller, welche nach ihrer Parlamentarier-Laufbahn Botschafterin beim Europarat wurde.
Sigg und Defago
Zwei weitere diplomatische Quereinsteiger in den 90er Jahren waren Uli Sigg und Alfred Defago. Sigg kam 1994 direkt aus der Privatwirtschaft auf den Botschafterposten in China, wo er bis 1998 im Amt war.
Und Defagos Weg führte ihn über das Bundesamt für Kultur zum Generalkonsulat in New York. Von dort wechselte er 1997 in die Hauptstadt Washington, wo er bis 2001 das Amt des Schweizer Botschafters innehatte. In diese Periode fiel die turbulente Zeit der nachrichtenlosen Vermögen.
swissinfo und Agenturen
Die 1947 geborene Carla Del Ponte wurde 1981 Tessiner Staatsanwältin.
Bekannt wurde sie mit ihrem Kampf gegen Geldwäscherei, organisierte Kriminalität und Waffenschmuggel.
Del Ponte war von 1994 bis 1999 Bundesanwältin, bevor sie von den Vereinten Nationen als Chefanklägerin des UNO-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien nach Den Haag berufen wurde.
Im September dieses Jahres wollte sie ursprünglich ihr Mandat niederlegen, wird jedoch voraussichtlich bis Ende dieses Jahres im Amt bleiben.
Carla Del Ponte ist geschieden und hat einen 30-jährigen Sohn.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch