Das «Kreuz» mit dem Kreuz
Die Frage, ob das Kreuz als Symbol des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in gewissen Regionen zur Belastung für die humanitäre Mission geworden ist, wird heute vermehrt gestellt.
Das Emblem geht auf die Gründungszeit der Organisation zurück. Man suchte damals nach einem Symbol für die humanitäre Tätigkeit und kam dabei auf die Idee, die Schweizer Flagge als Vorbild zu nehmen und einfach die Farben zu wechseln.
Einige Jahre nach der Gründung der Organisation führte die Türkei (das damalige osmanische Reich) Krieg gegen Russland. Und konnte sich nicht vorstellen, die humanitäre Hilfe auf dem Schlachtfeld unter dem Zeichen des Kreuzes durchzuführen – weshalb man dann die türkische Flagge als Vorbild nahm. Und ebenfalls die Farben umdrehte: Das Emblem des Halbmonds war geboren.
Die Frage des Emblems dürfte am Rande an der internationalen Konferenz der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften auch zur Sprache kommen. Seit einiger Zeit liegt ein Vorschlag für ein weiteres Emblem vor, das kulturell und ideologisch weniger belastet wäre als Kreuz oder Halbmond.
Es handelt sich um einen roten Rhombus. Dessen inneres Feld könnte nach Wunsch der einzelnen nationalen Gesellschaften mit einem Symbol wie Kreuz, Halbmond oder Davidstern versehen werden.
Im Gespräch mit Generaldirektor Angelo Gnädinger wollte swissinfo auch wissen, wie er zu diesen Fragen steht.
swissinfo: Kann das Emblem dazu führen, dass das IKRK in gewissen Konflikten nicht als neutral empfunden wird, sondern als Vertreter der «Ungläubigen»?
Angelo Gnädinger: Wie gesagt, wir kommen historisch gesehen aus dem westlichen Kulturraum. Seit einiger Zeit ist allerdings bei uns ein Emanzipations- und Entwicklungsprozess im Gange. Vom Genfer- über das Schweizer-Image hinaus brauchen wir eine kulturelle Erweiterung. Wir sind unterwegs – und bleiben es.
Denken Sie, dass man sich bei der Konferenz auf ein neues Emblem einigen wird?
A.G.: Nein, denn diese Konferenz ist nicht dafür zuständig. Die Annahme eines Zusatz-Protokolls, das ein neues, zusätzliches Emblem einführen würde, müsste in einer eigens dazu berufenen Konferenz geschehen. Heute sind die Bedingungen zu einer solchen Annahme nicht gegeben.
swissinfo, Rita Emch
Die Arbeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) fusst auf den Genfer Konventionen.
Das humanitäre Völkerrecht legt unter anderem Regeln fest für den Umgang mit Kriegsgefangenen oder Internierten. Auch die Verantwortung von Besatzungsmächten gegenüber der Zivilbevölkerung ist in den Genfer Konventionen geregelt.
Zentrale Werte der Organisation sind ihre Neutralität und Unabhängigkeit, was ihr über die Jahre den «Einsatz auf dem Schlachtfeld» ermöglicht hatte.
Im Verlauf der letzten Jahre sah sich das IKRK vermehrt mit Gewalttaten konfrontiert, die sich gegen seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Feld richtete.
In Afrika aber auch im ehemaligen Jugoslawien oder in Tschetschenien musste das IKRK Tote in den eigenen Reihen beklagen.
Die Angriffe vom 11. September 2001 und der «Krieg gegen den Terror» der USA machten die Aufgabe des IKRK nicht einfacher.
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