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Demonstrationen gegen unabhängigen Kosovo

Demonstration vor der UNO in Genf. Keystone

Mehrere tausend Menschen haben am Wochenende in der Schweiz gegen die Unabhängigkeit des Kosovo demonstriert. Sie warnten die Schweiz davor, einen unabhängigen Kosovo anzuerkennen.

Auf der Place des Nations in Genf wurden am Sonntag Nachmittag rund 4000 Manifestanten gezählt, am Samstag waren es in Zürich 1000. Die Kundgebungen serbischer Gruppen verliefen friedlich.

Zahlreiche Redner lösten sich auf der Tribüne ab. Unter Applaus bezeichneten sie die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo als Ungerechtigkeit.

Ein Redner sagte, die UNO, die NATO und Europa hätten damit eine Investition in die Instabilität gemacht.

Die Erde des Kosovo sei von serbischem Blut getränkt, sagte eine Demonstrantin gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. «Die Albaner haben bereits ein Land», sagte eine andere. In den Medien würden die Serben oft diabolisiert, während den Albanern die Rolle der Friedfertigen zugeschoben werde.

Ein 35-jähriger Serbe, der seit langem in der Schweiz lebt sagte, der Kosovo sei für Serbien was das Rütli für die Schweiz. Falls die Schweiz die Unabhängigkeit des Kosovo anerkenne, verliere sie ihre Neutralität.

In diesem Fall habe sie auch mit Tausenden von serbischen Flüchtlingen zu rechnen, sagte ein anderer Demonstrant.

Die Menge stimmte patriotische Lieder an, und einige tanzten zu traditioneller Musik. Die Demonstrierenden beschlossen, sich nicht zu verschieben, um allfällige Provokationen und Zwischenfälle zu vermeiden.

Beziehungen zu Serbien gefährdet?

Einige Autolenker gaben ihrer Unterstützung der Kundgebung mit lang anhaltendem Hupen Ausdruck.

In Zürich hatten sich am Samstag rund 1000 Menschen versammelt. Die Demonstration verlief ohne grössere Zwischenfälle, wie es bei der
Zürcher Stadtpolizei hiess.

Der serbische Botschafter in der Schweiz, Dragan Marsicanin, sagte in einem Interview der Zeitung «Sonntag» unter anderem, die Schweiz gefährde mit einer allfälligen Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo die traditionell guten Beziehungen mit Serbien.

Eine Anerkennung der Unabhängigkeit der serbischen Provinz sei für ihn aber unvorstellbar, weil die Grundprinzipien der schweizerischen Aussenpolitik die Neutralität und die Achtung des Völkerrechts seien.

Thaci: Arbeitsmarkt öffnen

Kosovos Ministerpräsident Hashim Thaci sagte in einem Interview der «NZZ am Sonntag» unter anderem, er würde es begrüssen, wenn die Schweiz wieder ein Saisonnier-Statut für Fremdarbeiter aus dem Kosovo einführen würde.

Wenn zwischenstaatliche Beziehungen mit der Schweiz aufgebaut würden, werde auch die Saisonnier-Frage behandelt. Seine Regierung gehe davon aus, dass sich der europäische Arbeitsmarkt für Kosovaren öffne.

Thaci sagte, Kosovo werde sehr bald eine Botschaft in Bern eröffnen. Er hatte in den 1990-er Jahren in Zürich Geschichte studiert und am Aufbau der Kosovo-Befreiungsarmee UCK mitgearbeitet.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz leben zwischen 170’000 und 190’000 Kosovarinnen und Kosovaren. Das entspricht rund 10% der Bevölkerungszahl im Kosovo.

Seit 1999 beteiligt sich die Schweiz an den von der Nato angeführten internationalen Friedenstruppen KFOR. Rund 200 Swisscoy-Soldaten sind im Kosovo stationiert.

Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Geberländern des Kosovo. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wollen für ihre Hilfsprogramme 2008 13,9 Mio. Franken einsetzen.

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