Den Osten Usbekistans meiden
Im Osten des zentralasiatischen Landes herrscht Gewalt. Jetzt hat auch das Aussenministerium EDA davor gewarnt, die Region zu bereisen.
Im Fergana-Tal, wo auch die Schweiz Entwicklungshilfe leistet, kam es zu einer blutigen Niederschlagung von Protesten gegen den Präsidenten.
«Von Touristen- und anderen nicht dringenden Reisen ins Fergana-Tal wird bis auf weiteres abgeraten. In den übrigen Landesteilen wird zu erhöhter Vorsicht und Wachsamkeit geraten.» So warnt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) neuerdings in seinen Reisehinweisen vor Reisen nach Usbekistan.
In den vergangenen Tagen kam es in Andischan, der viertgrössten Stadt Usbekistans, zu Kundgebungen gegen die totalitäre Regierung des Präsidenten Islam Karimow, der die Geschicke des Landes seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 in den Händen hält.
Soldaten schiessen auf Demonstranten
Der Unmut der Bevölkerung hatte sich an einem Gerichtsprozess gegen rund 20 lokale Händler entzündet, denen Mitgliedschaft in einer islamistischen Gruppe vorgeworfen wird. Verwandte und Freunde forderten vor dem Gerichtsgebäude einen fairen Prozess. Später versammelten sich Tausende von Menschen und forderten den Rücktritt Karimows und bessere Lebensbedingungen.
Am Freitagabend wurde die Menschenmasse blutig auseinander getrieben: Soldaten der Regierung feuerten aus Maschinengewehren in die Menge; Hunderte von Personen sollen getötet worden sein, unter ihnen Frauen und Kinder. Die Soldaten sollen laut Agentur-Berichten die Familien später daran gehindert haben, ihre Toten zu bergen. Ausländische Journalisten wurden unterdessen aus der Stadt gewiesen.
Präsident Karimow lobte das brutale Vorgehen seiner Sicherheitskräfte und bezeichnete die getöteten Menschen als «Extremisten» und «Kriminelle».
DEZA und seco aktiv
Die Schweiz zeigte sich besorgt über die Entwicklung. Sie bedaure den Verlust zahlreicher Menschenleben aufgrund der «gegen unbewaffnete Menschen gerichteten gewaltsamen Unterdrückung durch usbekische Sicherheitskräfte», schrieb das EDA am Samstag. Die Schweiz werde die Fortführung der Entwicklungs-Zusammenarbeit in Usbekistan überprüfen.
In Usbekistan sind die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) aktiv. Die Schweizer Entwicklungshilfe umfasst im Fergana-Tal insbesondere grenzüberschreitende Konflikt-Prävention und Wasser-Management.
Die Schweiz engagiert sich seit über einem Jahrzehnt in dieser Region, seit sie in der Weltbank und im Internationalen Währungsfonds (IWF) der Ländergruppe «Helvetistan» vorsteht, zu der neben der Schweiz selber Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Aserbaidschan, Polen und – seit dem Jahr 2000 – Serbien und Montenegro gehören.
Region in Aufruhr
Das Aussenministerium rät auch von Reisen in die beiden Städte Osh und Jalalabad im Süden der Nachbarrepublik Kirgisistan ab. Im vergangenen März hatten Demonstranten aus dieser Region die Zentralregierung in der Hauptstadt Bischkek gestürzt. In beiden Ländern können laut EDA Terror-Anschläge nicht ausgeschlossen werden.
Das Fergana-Tal ist der landwirtschaftlich fruchtbare Schmelztiegel Zentralasiens und wird durch die Grenzen von Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistans zerteilt. Acht Millionen Menschen verschiedener Ethnien leben auf dem verhältnismässig kleinen Gebiet. Mehrfach kam es in den vergangenen Jahren zu Ausschreitungen auf beiden Seiten der Grenze zwischen Usbekistan und Kirgisistan.
Folter im Gefängnis, US-Truppen im Lande
Mehrere islamische und islamistische Gruppen sind in der Region aktiv und werden von den Regierungen bekämpft, insbesondere Usbekistan verfolgt angebliche Islamisten unerbittlich. Über 5000 Personen sollen deswegen in Gefängnissen sitzen, in denen auch gefoltert wird.
Usbekistan gilt als wichtiger Verbündeter der Vereinigten Staaten im so genannten Kampf gegen den Terror. Auch in Kirgisistan unterhält die USA einen Luftwaffenstützpunkt.
swissinfo, Philippe Kropf und Agenturen
Usbekistan:
Fläche: 447’000 Quadratkilometer
Bevölkerung 2003: 26 Mio
Das Land deklarierte am 1. September 1991 seine Unabghänigkeit von der Sowjetunion.
Seit 1995 engagiert sich das seco, seit 2001 die DEZA.
2005 will die Schweiz für 11,5 Mio. Franken Entwicklungshilfe betreiben.
Das EDA rät von nicht dringenden Reisen in den Osten Usbekistans ab. Dort haben Soldaten eine Demonstration gegen die totalitäre Herrschaft des Präsidenten blutig nieder geschlagen.
Auch der Süden der Nachbarrepublik Kirgisistan soll laut EDA gemieden werden. Von dort gingen die Proteste aus, die im vergangenen März den Präsidenten Akayev aus dem Amt fegten.
Im Fergana-Tal im Grenzgebiet zwischen den beiden zentralasiatischen Ländern kam es schon mehrfach zu Ausschreitungen.
Die Schweizer Entwicklungshilfe ist in dieser Region aktiv und vertritt die Länder bei Weltbank und im internationalen Währungsfonds.
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