Der Appenzeller Sennenhund – eine Rarität
Der Appenzeller Sennenhund mit seinem lustigen Ringelschwanz ist eine der ältesten Hunderassen überhaupt. Seine Existenz ist allerdings gefährdet.
Seit 500 Jahren treibt der «Bläss» auf den Appenzeller Hügeln das Vieh zusammen. Rassetiere sind heute aber eher selten.
Am 26. August feiert der Schweizerische Club für Appenzeller Sennenhunde sein 100-jähriges Bestehen. Grund zum Feiern gibt es jedoch wenig: Die Rasse ist wie vor 100 Jahren vom Aussterben bedroht, die Zuchtbasis ist klein. Fast alle Rassehunde sind miteinander verwandt.
Mehr Bastarde
Ein Projekt von Pro Specie Rara, 1997 gestartet und inzwischen abgebrochen, hat innert neun Jahren zwar ein besseres Image für den schwarz-braun-weissen Treibhund gebracht.
Aber nur ein Dutzend reinrassiger Appenzeller Sennenhunde konnte platziert werden. Und auf den Bauernhöfen im Appenzellerland tummeln sich – wenn überhaupt – mehr Bastarde als reinrassige Tiere.
Zeugnisse über den Ur-Appenzellerhund gibt es nicht. Funde von Haushunden belegen aber, dass die Tiere den Menschen seit rund 5000 Jahren begleiten. Die ursprünglichen Sennenhunde waren vermutlich braun und rot.
Es gibt heute noch – sehr selten – reinrassige Appenzeller Sennenhunde mit havannabraunem statt schwarzem Haar.
Die erste Rettung
1853 wurde der Hund im «Tierleben der Alpenwelt» erstmals als «hellbellender, kurzhaariger, mittelgrosser, vielfarbiger Sennenhund» beschrieben.
1898 wurde der Appenzeller Sennenhund als eigenständige Rasse bezeichnet und der erste Rassestandard festgelegt. An der ersten internationalen Hundeausstellung in Winterthur wurden acht Rassetiere präsentiert.
Vor 100 Jahren drohte der Appenzeller Sennenhund, im Volksmund wegen der weissen Gesichtszeichnung liebevoll «Bläss» genannt, bereits einmal auszusterben.
1906 wurde auf Anregung des engagierten Förderers der Schweizer Sennenhunde, Albert Heim, der «Appenzeller Sennenhunde Club» gegründet.
Ziel war, die Rasse in ihrer Natürlichkeit zu erhalten und zu fördern. Auf einer sehr schmalen Zuchtbasis begann die gezielte Reinzucht. Die «Posthorn»-Rute (Ringelschwanz) wurde offizielles Rassemerkmal.
Wieder gefährdet
100 Jahre später ist die lebhafte Hunderasse mit ihrem überschäumenden Temperament wieder in höchstem Mass gefährdet: Die Zuchtbasis ist von neuem sehr schmal.
In der Schweiz leben nur noch wenige zeugungsfähige Zuchtrüden und rund 40 Zuchthündinnen. Eine Rasse ist ausgestorben, bevor die letzten Tiere weggestorben sind.
Inzwischen ist der Bauernhund, Wächter und Viehtreiber arbeitslos. Die Bauern brauchen den Hund nicht mehr. Stallhaltung und elektrische Viehhüter haben ihn ersetzt.
Auch beim Projekt von Pro Specie Rara zur Rettung des Appenzeller Sennenhunds wurde das Desinteresse der Bauern manifest.
Nicht einmal die Gratis-Abgabe von Zuchtrüden an Bauern bewährte sich. Nur zwei von zehn Hunden konnten angekört (für die Nachzucht bestimmt) werden. Inzwischen haben die ersten beiden Hündinnen Junge geworfen.
Intelligenter Arbeitshund
Trotzdem, findet Pro Specie Rara, habe sich der Einsatz gelohnt: Das Image des «Bläss» als «giftiger Kläffer und Schnapper» sei besser geworden, Ängste vor dem flinken, klugen und robusten Hund konnten abgebaut werden.
Der hochintelligente Appenzeller Sennenhund hat längst seine Fähigkeiten als Familien-, Stadt-, Begleit-, Schutz-, Lawinen-, Fährten- und Katastrophenhund bewiesen. Nur im Zwinger lebt er nicht gern, er will arbeiten. Er ist kein «Stubenhund.»
Der gesunde, schöne Hund ist ein Multitalent. Allerdings hat seine Cleverness auch Tücken: Mangelnde Erziehung nützt er sofort aus. Er fordert von «seinem» Menschen viel Kraft, Energie und eine klare Führung.
swissinfo und Magrith Widmer, sda
Seit 1898 wird die Zucht des Appenzeller Sennenhundes gezielt betrieben.
1906 wurde der Club für Appenzeller Sennenhunde gegründet und das Appenzeller Hundestammbuch eröffnet.
1914 wurde der noch heute gültige Rassenstandard aufgestellt.
Die Rasse geht auf Bauernhunde zurück, die in den Schweizer Alpen, insbesondere in Appenzell als Treib-, Hüte- und Wachhunde eingesetzt wurden.
Der «Bläss» gilt als sehr temperamentvoll und ausdauernd. Rassetypisch sind seine Anpassungsfähigkeit und die Beobachtungsgabe für Mienenspiel und Körpersprache seines Meisters.
Durch seinen angeborenen Wach- und Schutztrieb und den eher geringen Jagdtrieb ist er ein verlässlicher Wächter von Haus und Familie.
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