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Der Kampf gegen den Terror wird untersucht

Irakische Gefangene wurden von den US-Truppen nicht immer korrekt behandelt. Keystone

Ein unabhängiger Juristen-Ausschuss, darunter der Schweizer Stefan Trechsel, soll die weltweiten Anti-Terror-Massnahmen untersuchen.

Die 18-monatige Untersuchung der Internationalen Juristenkommission (ICJ) soll Auswirkungen des Anti-Terror-Kampfes auf Menschenrechte und Rechtsgrundsätze durchleuchten.

«Regierungen übernehmen jede neue Anti-Terror-Massnahme und begründen dies damit, dass sich die Regeln im Kampf gegen den Terrorismus geändert hätten», sagt Nicholas Howen, Generalsekreteär der ICJ.

«Wir starten einen wichtigen juristischen Ausschuss, weil wir nicht akzeptieren können, was die Regierungen uns sagen. Speziell in den letzten vier Jahren haben wir einen Anstieg von sehr ernsten Menschenrechtsverletzungen im Kampf gegen den Terrorismus festgestellt.»

Die ICJ ist besonders bestürzt über die Wiedereinführung von Folter und Misshandlung als Mittel zur Informationsbeschaffung. Terrorismus-Verdächtige werden auch oft auf unbestimmte Zeit an geheimen Orten festgehalten, ohne Verteidigung und Gerichtsverfahren und mit eingeschränkten Rechten auf eine faire Verhandlung.

Der achtköpfige Ausschuss, dem auch die frühere Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, angehört, soll eine Reihe von Anhörungen in verschiedenen Ländern durchführen und danach einen Bericht vorlegen.

Auf der Besuchsliste stehen die USA, Russland, Grossbritannien, Pakistan, Kolumbien, Australien, Sri Lanka und Spanien. Zusätzlich wird es überregionale Hearings in Ost-und Nord-Afrika, im Mittleren Osten und Südamerika geben.

Schweizer Finanzierung

Der Ausschuss, der durch die Schweiz, Spanien und Norwegen finanziert wird, möchte die Erfahrungen von Rechtsanwälten, Richtern, Regierungsmitarbeitern und Menschenrechts-Vertretern hören.

«Es ist eine gewisse Tendenz feststellbar, dass du alles tun kannst, wenn es gegen den Terrorismus gerichtet ist», sagt der Zürcher Strafrechts-Experte Stefan Trechsel, der frühere Präsident der Europäischen Menschenrechts-Kommission, gegenüber swissinfo.

«Dies ist absolut inakzeptabel und nach meiner persönlichen Meinung kontraproduktiv. Das fördert den Terrorismus und muss vermieden werden.»

Schwierigere Rechtfertigungen

Gemäss Trechsel wäre es naiv, zu glauben, dass der Schlussbericht dazu führen würde, die Politik zu verändern. Aber er ist der Ansicht, der Report könnte es für die Regierungen schwieriger machen, ihr Tun zu rechtfertigen.

Diese Ansicht wird auch vom Vorsitzenden des Ausschusses, Arthur Chaskalson, ICJ-Präsident und ehemaliger Oberster Richter von Südafrika, geteilt.

Er hofft, der Bericht werde Ernst genommen, denn diese Dinge dürften «nicht unter den Teppich gekehrt» werden.

«Wir verstehen, dass es Aufgabe der Regierungen ist, für die Sicherheit ihrer Bürger zu sorgen. Es ist jedoch von grösster Wichtigkeit, dass die durch die Geschichte etablierten Minimalstandards respektiert werden», sagt er.

swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragung und adaptiert aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Stefan Trechsel, geboren 1937 in Bern, war von 1979 bis 1999 Strafrechtsprofessor an der Universität St. Gallen und von 1999 bis 2004 an der Universität Zürich.

1975 wurde er in die Europäische Menschenrechts-Kommission gewählt, die er von 1995 bis 1999 präsidierte.

Im August 2005 wählte die UNO-Generalversammlung 27 Ersatz-Richter ans Haager Kriegsverbrecher-Tribunal, darunter auch Stefan Trechsel.

Die 8 Mitglieder des ICJ-Juristen-Ausschusses arbeiten freiwillig mit einem Verwaltungsetat von ungefähr 1 Mio. Franken, der von der Schweiz, Norwegen und Spanien gespiesen wird.

Der Ausschuss wurde aus der Internationalen Juristenkommission ICJ gebildet, eine Nichtregierungs-Organisation mit Sitz in Genf.

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