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Der Lockruf des schwarzen Schweizer Frankens

Schwarzgeld? Echt oder falsch? Mit Noten-Bündeln werden die Opfer abgezockt. Keystone

Raffinierte Betrüger ködern Verkäufer von Luxus-Artikeln und Immobilien mit einem Koffer voll Schweizer Franken – angeblich Schwarzgeld, das sie tauschen wollen.

Die Masche der Kriminellen verfängt immer wieder und hat schon Tote gefordert.

Es geht um den Verkauf von Villen, Yachten oder Rennpferden. Auf ein Inserat in der Zeitung oder im Internet meldet sich ein Käufer und lädt zur Unterredung in ein Luxushotel in Mailand.

Dort interessiert er sich aber nicht mehr für das Kaufobjekt, sondern lenkt das Gespräch geschickt auf einen Finanz-Deal: Er habe grosse Mengen Schweizer Franken, Schwarzgeld. Der Verkäufer soll – mit stattlichem Gewinn – in Euro wechseln.

Beim nächsten Treffen wechseln Geldkoffer den Besitzer: Schwarze Schweizer Franken gegen saubere Euro. Das Vertrauen ist hergestellt.

Es kommt zu einem zweiten Deal, mit viel grösseren Summen. Diesmal enthält der Koffer mit Schweizer Franken nur Falschgeld. Zurück bleibt, ausser dem geplatzten Traum-Deal, eine Prepay-Telefonnummer und eine Mailadresse. Nichts.

Justizdepartement warnt

«Die Opfer stammen vor allem aus Deutschland, Österreich und auch aus der Schweiz», sagt Martin Brügger, Ermittler des Kommissariats Falschgeld der Schweizer Bundeskriminalpolizei (BKP), im Gespräch mit swissinfo.

«Rip-Deal» nennt die Polizei solche Geldwechsel-Betrügereien. Es gibt sie in verschiedenen Varianten: Von Euro zu Franken oder umgekehrt. Mit mehreren Koffern, mit echtem und falschem Geld. Mit Kontrollen auf der Bank und Taschenspielertricks.

Erste Fälle traten vor vier Jahren auf. Die Täter sind oft Fahrende serbo-kroatischer Abstammung, warnt die Schweizer Polizei und Justiz in einem Merkblatt.

Suizid nach geplatztem Deal

«Jede Woche haben wir eine neue Anzeige», sagt Bernhard Egger gegenüber swissinfo. Egger ist Dezernatsleiter im bayrischen Landeskriminalamt (LKA) in München. Dort werden alle Fälle der gesamten Bundesrepublik Deutschland ausgewertet.

Oft sind es wohlhabende Deutsche, die Opfer der Betrüger werden. Das deutsche Generalkonsulat in Mailand warnt im Internet vor den Betrügern.

«Leute, die darauf reinfallen, stecken in einer Notlage, sind naiv oder gierig», weiss Egger. Besonders traurig: Ein deutscher Geschäftsmann beging nach dem geplatzten Traum-Deal Selbstmord.

Beliebte Fluchtwährung

Zentraler Bestandteil der Betrugs-Masche ist das angebliche Schwarzgeld: «Was ist glaubhafter, als Schwarzgeld in Schweizerfranken?», fragt Egger. «Wer hat schon schwarze Dollars?»

Früher habe es auch Rip-Deals mit Deutschmark oder französischen Franc gegeben, sagt Brügger von der BKP. Seit der Einführung des Euro vor knapp drei Jahren gibt es diese Währungen nicht mehr.

Der Schweizer Franken hingegen gilt immer noch als beliebte Fluchtwährung. Trotz verschärfter Gesetze und grösserer Vorsicht bei den Schweizer Banken machen Skandale international Schlagzeilen.

Aber nicht nur Drogenkartelle und Diktatoren verschieben Geld in die Schweiz. Auch reiche Deutsche versuchen seit Jahren, ihr Vermögen am deutschen Fiskus vorbei in der Schweiz anzulegen.

Im letzten Jahr wurden 2 Mrd. Euro Fluchtgeld an der Grenze zum nördlichen Nachbarland abgefangen.

Die Falle schnappt zu

Im Internet haben die Verkäufer von Luxusgütern unterdessen Alarm geschlagen. Auf der Site der Nürnberger Immowelt AG prangt beispielsweise der Hinweis «Achtung Trickbetrüger».

In einem Forum des Auktionshauses Ebay schrieb ein Verkäufer im vergangenen September: «Ich wurde Opfer eines Rip-Deals. Ich konnte die Verbrecher aber mit Versprechungen ködern und so in Kontakt bleiben. Jetzt sind sie in die Falle gegangen.»

Fahndungserfolge wie dieser mehren sich. Polizei und Justiz haben mobil gemacht: «Seit zwei Jahren befasst sich eine Staatsanwältin in Mailand ausschliesslich mit diesen Delikten», sagt Brügger. Und Egger vom LKA lobt die gute Zusammenarbeit der Polizei über die Grenzen hinweg.

Er wurde misstrauisch – und erschossen

Opfern eines Rip-Deals wird ans Herz gelegt, sich bei der Polizei zu melden. Von der Vorstellung, cleverer als die Betrüger zu sein und sie selber abzuzocken, warnen die Beamten ausdrücklich.

Denn die Betrüger sind keine Gentlemen, die in teuren Hotels leichtgläubige Opfer über den Tisch ziehen. Brügger: «In einem Fall wurde ein misstrauisch gewordenes Opfer bei der Geldübergabe erschossen.»

swissinfo, Philippe Kropf

Man geht davon aus, dass von den insgesamt 35 Mrd. Schweizer Franken im Umlauf 0,001% Falschgeld sind.

2003 wurden in der Schweiz 21’527 falsche Münzen und Noten im von Wert von über 18 Mio. sicher gestellt.

Bei der Schweizer Polizei gingen 2001 total 3054 Falschgeld-Meldungen der beiden Grossbanken UBS und CS ein.

Bei so genannten Rip-Deals versprechen Betrüger hohe Gewinne beim Wechseln von angeblichem Schwarzgeld, meist Schweizer Franken, in saubere Euro.

Nach einem ersten – erfolgreichen – Lock-Geschäft wird das Geschäft nochmals mit grösseren Summen durchgeführt.

Diesmal bleibt das Opfer auf einem Koffer Falschgeld sitzen.

Die Deliktsumme beträgt bis heute um die 30 Mio. Euro.

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