Dialog über Menschenrechte
Der Schweizer Aussenminister Joseph Deiss hat bei seinem zweitägigen Besuch in Teheran die Menschenrechte, die Todesstrafe und die Steinigung angesprochen.
In einem Interview mit swissinfo erklärte Deiss, die Beziehungen zwischen der Schweiz und Iran würden schrittweise enger, was den Dialog über heikle Fragen ermögliche.
Der iranische Aussenminister Kamal Charasi erklärte, dass Iran für Diskussionen über die Menschenrechte mit dem Westen offen sei. Allerdings wies er in diesem Zusammenhang auf die vor allem religiösen Eigenheiten des Landes hin.
Die Einhaltung der Menschenrechte sei keine «Vorbedingung» für einen Dialog mit Iran, betonte Bundersrat Deiss. Die Unabhängigkeit und Souveränität von Iran würden respektiert. Gespräche zu diesem Thema würden jedoch zu einem besseren Verständnis zwischen den beiden Ländern führen.
Thema Folter und Todesstrafe
Deiss sprach gegenüber Charasi auch die Steinigungen an, die von westlichen Staaten regelmässig als Missachtung der Menschenrechte kritisiert werden. Allerdings zeigte sich Deiss von den Fortschritten «befriedigt», die Iran in diesem Bereich gemacht habe.
Bundesrat Deiss sagte gegenüber swissinfo, er habe seine Gastgeber gedrängt, die UNO-Konvention gegen die Folter zu unterzeichnen. Er habe zwar keine verbindliche Antwort darauf erhalten, doch sei nur schon der Umstand, dass Teheran über dieses Thema spreche, als Fortschritt zu sehen.
«Ich glaube, Iran ist heute ziemlich offen für einen Dialog über solche Fragen, vorausgesetzt er wird in gegenseitigem Respekt für die Souveränität beider Länder geführt», so Deiss zu swissinfo.
In Sachen Todesstrafe erklärte Charasi, dass sie auch in den USA angewendet werde. Im Iran stehe sie zudem im Einklang mit dem islamischen Recht.
Diese Tatsache müsse man zur Kenntnis nehmen, erklärte der Schweizer Aussenminister. «Es ist nicht möglich, von einem Tag auf den anderen Antworten auf Fragen wie die Todesstrafe zu finden.»
Offen und philosophisch
Die beiden Politiker hätten sich während eineinhalb Stunden sehr offen unterhalten, sagte Muriel Berset Kohen, Sprecherin des Departements für auswärtige Angelegenheiten.
Deiss kam auch mit dem iranischen Präsidenten Mohammad Khatami zusammen. Dieses Gespräch sei «philosophischer» gewesen als das vorangehende, sagte die EDA-Sprecherin.
Bundesrat Deiss habe die demokratischen Reformen im Iran begrüsst und den Präsidenten für 2003 zu einem Besuch in die Schweiz eingeladen.
Bilaterale Verbindungen
Ziel des Iran-Besuchs von Aussenminister Joseph Deiss war die Verstärkung der bilateralen Verbindungen. In diesem Zusammenhang wurde ein Doppelbesteuerungs-Abkommen unterzeichnet.
Iran erhoffe sich vermehrte wirtschaftliche Beziehungen mit der Schweiz, sagte Deiss. «Wir hoffen, neue Wege für Direktinvestitionen zu finden. Wir versuchen, dazu die Rahmenbedingungen zu schaffen», erklärte Deiss.
Deiss erwähnte gegenüber swissinfo den Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestle, der in den nächsten Tagen oder Wochen ein Geschäft mit Direktinvestitionen in der Höhe von mehreren 10 Mio. Dollar tätige.
Ähnliche Irak-Politik
Die beiden Aussenminister sprachen sich klar gegen jegliche unilaterale Militärschläge der USA gegen Irak aus. Gewalt sollte erst nach Ausschöpfung aller anderer Mittel angewendet werden, so Deiss. Und auch dann nur im Rahmen einer UNO-Mission.
«In der Irak-Frage ist die Position Irans ähnlich wenn nicht gar identisch mit jener der europäischen Länder, im speziellen auch der Schweiz», betonte Deiss gegenüber swissinfo.
Der Schweizer Aussenminister Joseph Deiss verneinte in Teheran, dass er der iranischen Regierung eine Botschaft der USA überbringe. Er sagte lediglich, er habe über «die Dienste des Schweizer Botschafters in Teheran als Vertreter der INteressen der USA» gesprochen.
Iran und die USA haben nach der Geiselnahme in der Teheraner US- Botschaft 1979 seit über zwei Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen mehr. Die diplomatischen Interessen der USA in Iran werden seither von der Schweiz wahrgenommen.
swissinfo und Agenturen
Bundesrat Deiss› Besuch in Teheran dauert zwei Tage.
Bei den Gesprächen geht es um bilaterale, politische und wirtschaftliche Themen.
Die Schweiz vertritt die diplomtischen Interessen der USA in Iran.
Das EDA bezeichnet die Beziehungen zwischen der Schweiz und Iran als sehr gut.
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