«Die beste EM aller Zeiten»
Einen Monat nach dem Finale in Wien haben die Verantwortlichen der EURO 2008 eine positive Schlussbilanz gezogen. Der Reingewinn des sportlichen Riesenevents, der in der Schweiz und Österreich stattfand, belief sich auf 412 Millionen Franken.
«Die Resultate von Umfragen zeigen, dass es uns gelungen ist, die beste EM aller Zeiten zu organisieren», erklärte Ralph Zloczower, Präsident des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV).
Hieb- und stichfest sind die erwirtschafteten Zahlen: Der Europäische Fussballverband Uefa, der die Euro veranstaltet hatte, weist einen Reingewinn von 412 Mio. Franken aus. Das sind rund 10% mehr als vor vier Jahren bei der EM in Portugal.
Lukrativer Grossanlass
Durch den Verkauf von TV- und kommerziellen Rechten ist der Umsatz richtiggehend explodiert: Er wurde von 1,4 Mrd. auf 2,145 Mrd. Franken gesteigert.
Mit dem erzielten Gewinn will die Uefa Endrunden finanzieren, die nicht derart im Fokus von Sponsoren und Medien stehen wie die Euro, so die Junioren und Frauen.
Wie sich die Zahlen der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung präsentieren, ist noch nicht bekannt. «Der Bund wird dazu im November eine Studie veröffentlichen», sagte Zloczower.
Zufriedene Besucher
Bei den Besuchern aus ganz Europa bleibt die Euro offenbar in bester Erinnerung. Das fördern zumindest erste Resultate von Umfragen zutage. Ob Stadionbesucher, Hospitality-Gäste, Medien-Vertreter oder Volunteers – die über 15’000 Befragten hatten von Land und Leuten, Stadien und Spielen, Öffentlichem Verkehr und Arbeitsbedingungen einen «guten» bis «sehr guten» Eindruck.
Bei den Touristen in Österreich ist die Zahl der Besucher mit «positivem» oder «sehr positivem» Gesamteindruck mit 90% etwas höher als in der Schweiz (84%). Dazu Zloczower: «Wir wissen noch nicht, weshalb die Schweiz ein wenig schlechter abschnitt. Auch das wird die Studie des Bundes vielleicht erklären können.»
Nachhaltigkeit
Ein beachtlicher Erfolg gelang den Organisatoren gemeinsam mit dem Bund beim öffentlichen Verkehr. Das so genannte Kombi-Ticket (Matchbillet und Billett für den öffentlichen Verkehr in einem) wurde rege benutzt.
In Österreich und in der Schweiz wurden 8700 zusätzliche Züge eingesetzt (Kosten: rund 8 Mio. Franken). Insgesamt beförderten die Bundesbahnen SBB und ÖBB während der EM 4,4 Mio. Passagiere.
«Wir haben die Latte für zukünftige Turniere sehr hoch gelegt», sagte Martin Kallen, der Chef der Euro 2008. Das Resultat von Schweizern und Österreichern sei wohl fast nicht mehr zu übertreffen, so der Berner Oberländer.
Es habe weder Unfälle noch schwere Zwischenfälle gegeben. Zudem hätten mehr Personen die Public-Viewing-Sites besucht als an der letzten EM in Portugal, sagte Kallen gegenüber swissinfo.
TV-Rekorde und TV-Pannen
Nach ersten Auswertungen von Zuschauerzahlen der TV-Anstalten haben weltweit pro Spiel 155 Mio. Menschen zugesehen. Österreich und Spanien verzeichneten sogar TV-Rekorde.
In der Schweiz wurde die Bestmarke indes verpasst. Das Vorrundenspiel gegen die Türkei sahen hierzulande insgesamt 2,1 Mio. Menschen und damit 200’000 weniger als bei der WM 2006 den Achtelfinal gegen die Ukraine.
Der Ausfall des TV-Bildes während des Halbfinals in Basel zwischen der Türkei und Deutschland sei ebenfalls sehr bedauerlich gewesen. Hier gebe es Regressforderungen einzelner TV-Stationen, sagte Kallen.
Schwarzmarkt
Trotz des «wunderbaren Fussballs und der wunderbaren Fans» gab es laut EURO-Chef Kallen auch negative Punkte. Das schlechte Wetter in der ersten Turnierwoche habe auf die Stimmung gedrückt. Und obwohl Anstrengungen von der UEFA unternommen wurden, sei der Schwarzmarkt ein Problem gewesen.
Zufrieden gaben sich offenbar auch die Volunteers: 97% von ihnen waren laut einer Umfrage von Teamwork und der Turnieratmosphäre angetan. Neun von zehn Freiwilligen zeigten sich mit ihrem Aufgabenbereich zufrieden.
Wermutstropfen
SFV-Präsident Zloczower bedauerte gegenüber swissinfo, dass die Schweizer Nationalmannschaft ihr Ziel nicht erreicht habe, in die Viertelfinals zu kommen. «Aber damit müssen wir leben. Wir haben ein junges Team, das guten Fussball spielt. Ich bin sicher, dass wir eine gute Chance haben, an der WM 2010 in Südafrika dabei zu sein.»
swissinfo und Agenturen
Das nächste Grossereignis ist die Fussball-Weltmeisterschaft 2010. Sie findet in Südafrika statt.
Die nächste Fussball-Europameisterschaft soll in Polen und der Urkaine über die Bühne gehen.
Der Schweizer Martin Kallen (45) wird nach der Euro 2004 in Portugal und der Euro 2008 in der Schweiz und Österreich auch 2012 als Chef-Organisator amten.
Wann und wo der Berner Oberländer seine neue Aufgabe antritt, ist noch nicht bekannt. Auch ist noch nicht sicher, ob das Turnier 2012 tatsächlich in den beiden osteuropäischen Ländern stattfinden kann. Dies wegen der grossen infrastrukturellen Defiziten, die dort herrschen.
Reingewinn der Euro 08: 412 Mio. Franken (Portugal 2004:
368 Mio. Fr.).
Einnahmen 2008: 2,1 Mrd. Franken (2004: 1,4 Mrd. Fr.).
EM in Schweden (1992): 68 Mio. Franken, England (1996) 242 Mio., Belgien und Niederlanden (2000) 379 Mio. Franken.
Von den Einnahmen von 2,1 Mrd. Franken von der Euro 2008 stammen 1,3 Mrd. aus Medien-, 461 Mio. aus kommerziellen Rechten, 149 Mio. aus Eintrittskarten und 215 Mio. aus der Corporate Hospitality.
Ausgaben EM 2008: 1,73 Mrd. Franken (Portugal: 1,04 Mrd).
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch