Die First Lady des Schweizer Klub-Fussballs

Seit drei Monaten ist Gisela "Gigi" Oeri Präsidentin des auch international erfolgreichen FC Basel. Sie will mit ihrem Klub den Meistertitel zurückholen und gewalttätige Zuschauer von den Stadien fernhalten.
Im Gespräch mit swissinfo äussert sie sich zu Fussball, ihrer Rolle als Mäzenin und Sammlerin von Spielzeug.
Für Gisela Oeri bedeutet der Wechsel ins Präsidentenamt des FC Basel, Traditionsklub und auf europäischer Ebene erfolgreichster Schweizer Verein der letzten Jahre, keinen grossen Machtzuwachs.
Zwar nehme Sie jetzt zusätzlich an Sitzungen mit dem Schweizerischen Fussballverband und anderen Klubpräsidenten teil.
In der Vereinsführung vertraut Sie auf die bewährte Zusammenarbeit mit dem Trainer, Christian Gross, dem Scout und dem juristischen Berater.
swissinfo: Was bedeutet Ihnen der FC Basel: Hobby, Herzblut, Familie…?
Gisela Oeri.: Vor allem eine Vollzeitbeschäftigung! Aber natürlich ist es auch Hobby, Herzblut und so etwas wie eine Familie.
Der Arbeitsalltag ist fast ausschliesslich von Aktivitäten für den Fussballverein bestimmt. Daneben führe ich noch Museen, einen Fitness-Klub und habe selber auch eine Familie, da wird’s manchmal zeitlich schon eng.
swissinfo: Wie kamen Sie eigentlich zum Fussball?
G.O.: Ich habe früher aktiv Sport betrieben als Kunstturnerin und brachte damit das sportliche Element in die Familie meines Mannes. Sie war eher am künstlerisch-kulturellen Geschehen interessiert.
Es war für mich, als ob unsere Familie nur darauf gewartet hätte, dass sich jemand im Sport engagiert.
Dazu muss man wissen, dass hier in Basel Fussball zur Kultur zählt und beides besonders seit den 1960er- und 1970er-Jahren miteinander verbunden ist.
swissinfo: Wie ist es als einzige Frau in einem von Männern dominierten Geschäft?
G.O.: Eine oft gestellte Frage. Leider kann ich mich nicht auf weibliche Vorbilder berufen. Allerdings sollte es mittlerweile allgemeines Wissensgut sein, dass blonde Frauen nicht zwangsläufig dem Stereotyp des hirnlosen Wesens entsprechen.
Es bringt mir mehr Vor- als Nachteile. Ich werde von den meisten Leuten mit mehr Respekt behandelt. Männer benehmen sich ganz offensichtlich anders, wenn sie mit einer Frau zusammen am Tisch sitzen.
Ich bin nun mal eine Frau, die etwas vom Fussball versteht, aber die Geschlechterfrage ist für mich unwesentlich.
swissinfo: Sie besitzen im Zentrum von Basel unter anderem ein Spielzeugmuseum, das Puppenhaus. Welche Geschichte steckt dahinter?
G.O.: Das ist Ausdruck meiner Leidenschaft als Sammlerin. Das hat damit begonnen, dass ich früher auf Flohmärkten alte Puppenstuben zusammenkaufte und restaurierte.
Mit der Zeit häuften sich die Gegenstände, und es wurde schwierig, sie fachgerecht zu Hause zu lagern. Es ergab sich, dass hier ein Haus frei wurde, wo die Sammlung angemessen präsentiert werden kann.
Meine Aktivitäten als Fussball-Klub-Präsidentin und als Museums-Besitzerin versuche ich zu trennen. Aber wer sich die Mühe nimmt, findet in der Sammlung auch Fussballer-Filzpuppen. Das sind wertvolle Spielzeug-Raritäten.
swissinfo: Die vergangene Schweizer Fussball-Meisterschaft wird dem FC Basel kaum in guter Erinnerung bleiben. Was lief falsch?
G.O.: Das letzte Spiel der Meisterschaft war tatsächlich der Tiefpunkt. Wir verloren den Titel und es gab Ausschreitungen unter den Zuschauern.
Aber nicht alles lief schlecht in der vergangenen Saison: Immerhin kamen wir im Uefa-Cup bis ins Viertelfinale. Das schaffte bisher nicht manche Schweizer Mannschaft.
swissinfo: Wie wird Basel das Problem mit randalierenden Zuschauern lösen?
G.O.: Basel unternimmt alle möglichen Anstrengungen, um das Problem mit den Hooligans in den Griff zu kriegen. Was mich aber ärgert, ist die Tatsache, dass der Klub bestraft wurde, obwohl wir formell keine Schuld tragen für die Ausschreitungen.
Wir müssen unter anderem zwei Heimspiele vor leeren Zuschauerrängen durchführen.
Hooliganismus ist seit langem eine unangenehme Begleiterscheinung des Fussballs. Es ist falsch zu erwarten, Basel könne dieses generelle Problem alleine lösen.
Wir befürworten die geplanten gesetzlichen Verschärfungen im Kampf gegen Hooligans, insbesondere die Erstellung von Datenbanken, um Missetäter von den Stadien fernhalten zu können.
Der FC Basel schlug diese Massnahme schon vor vier Jahren vor. Wir wurden aus Gründen des Datenschutzes aber abgeblockt.
swissinfo: Basel ist sicher der erfolgreichste Schweizer Verein der letzten Jahre auf europäischer Ebene. Warum reicht es trotzdem nicht zum Durchbruch?
G.O.: Wir haben bewiesen, dass wir auf europäischer Ebene mithalten können. Es gibt Grenzen, die ein Schweizer Verein nicht durchbrechen kann. Das ist eine Frage des Geldes, der Verbände und vielleicht auch der Klubleitungen.
Von der Struktur des Schweizer Fussballs können wir uns ohne Minderwertigkeitsgefühl mit Österreich messen, aber Spanien, England oder Italien werden für uns immer ausser Reichweite bleiben.
swissinfo: Sie leben als gebürtige Deutsche in der Schweiz. Für wen schlug Ihr Herz bei der Fussball-WM in Deutschland?
G.O.: Ich glaube, ich habe zwei Herzen, und so lange die beiden Mannschaften nicht gegen einander spielen müssen, geht es ganz gut so.
Schade, dass die Schweiz so sang- und klanglos im Elfmeterschiessen gegen die Ukraine ausgeschieden ist. Den deutschen Kritikern an den schwachen Schweizer Penalty-Schützen kann ich nur entgegnen: Diese Spieler sind alle bei Klubs in der Bundesliga tätig.
Ich sah viele Spiele der WM vor Ort und war beeindruckt von der grossartigen Organisation. Ich wünsche der Schweiz und Österreich als Gastgeberländer, dass sie bei der Euro 2008 etwas annähernd Vergleichbares zustande bringen. Das wäre ein Riesenerfolg!
swissinfo-interview: Urs Geiser, Basel
Der FC Basel gehört zu den führenden Schweizer Fussballvereinen. Seit 2003 holte er drei Meistertitel, verlor aber den Titel in der letzten Minute des letzten Spiels der vergangenen Saison.
Gigi Oeri wurde im Mai 2006 erste Präsidentin eines Schweizer Fussballklubs, nachdem die Mehrheits-Aktionärin bereits seit 1999 im Vorstand des Vereins sass.
Neben Karren Brady, Geschäftsführerin beim englischen Verein FC Birmingham City, ist Oeri eine der ganz wenigen Frauen im Fussball-Geschäft.
Gisela «Gigi» Oeri ist 1955 geboren und im süddeutschen Städtchen Schopfheim unweit der Schweizer Grenze aufgewachsen.
Sie ist ausgebildete Physiotherapeutin und war aktive Kunstturnein.
Sie ist mit Andreas Oeri verheiratet, Mitbesitzer des Pharma-Konzerns Roche in Basel. Sie gilt als eine der reichsten in der Schweiz wohnhaften Personen.
Seit 1999 ist sie im Vorstand des FC Basel, wurde später Vize-Präsidentin und im Mai 2006 Vereinspräsidentin. Zudem ist sie Mehrheits-Aktionärin des FCB und Mäzenin.
Oeri eröffnete 1998 das Puppenhaus in Zentrum Basels, ein Spielzeugmuseum mit der europaweit grössten Sammlung an Teddybären. Oeri ist auch Filmproduzentin.

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