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Die Schweizer Werbung ist zur Hälfte immer noch von Klischees geprägt

Anfang Mai beschloss der Kanton Waadt, die Werbung einer Versicherungsgesellschaft zu verbieten, weil sie als sexistisch bewertet wurde. Klischierte Darstellungen sind in der Schweizer Werbelandschaft nach wie vor weit verbreitet.

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Die Waadtländer Kommission für sexistische Werbung hat ein Werbeplakat verboten. Es zeigte einen nackten Mann in den Bergen, der für persönliche Termine einer Versicherungsgesellschaft warb.

«Die Nacktheit stand in keinem Zusammenhang mit dem verkauften Produkt. In diesem Rahmen wurde sie als sexistisch eingestuft», erklärte Laurent Tribolet, Mitglied der zuständigen Komission des Kantons Waadt.

In den letzten vier Jahren hat die Kommission im Kanton Waadt 16 Meldungen aus der Bevölkerung bearbeitet und sechs Plakate verboten. Während sexistische Werbung unterdessen relativ selten ist, ist die Verwendung von Stereotypen nach wie vor üblich.

Klischees als Konstante

Laut Laura Jenny, Mitglied des Vereins Protocole Gisler, der jedes Jahr Schweizer Werbespots im Fernsehen und in sozialen Netzwerken analysiert, ist die Verwendung von Stereotypen weit verbreitet. Im Jahr 2023 enthielt jede zweite Werbung Klischees», sagt sie.

Zu den Werbungen mit den meisten Stereotypen gehören häufig Werbungen für Schokolade, Kaffee oder Joghurt. «Man findet dort eine Frau, die still geniesst, ein Archetyp, der als ‚stille Geniesserin‘ bezeichnet wird. Im Gegensatz dazu haben wir den Meister des Handwerks, wie den Schokoladen- oder Käsemeister, dessen Wissen so gross ist, dass er nicht einmal sprechen muss», sagt Laura Jenny.

Fehltritt oder bewusste Provokation?

Es gibt verschiedene Erklärungen für die starke Präsenz von Klischees in der Werbung. Olivier Kennedy, CEO von der Werbeagentur Enigma, nennt zwei mögliche Ursachen: einen einfachen Fehltritt oder die bewusste Absicht, zu provozieren.

Er fasst den Ansatz einiger Werbetreibender wie folgt zusammen: «Angesichts eines begrenzten Medienbudgets fordern einige von uns, dass wir Skandale schaffen, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Das sind Dinge, die man von uns verlangt und die wir liefern können», sagt er.

In der Schweiz haben die Kantone Genf, Basel-Stadt, Neuenburg und Freiburg ebenfalls Gesetze erlassen, um sexistische Werbung im öffentlichen Raum zu verbieten.

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