Die «Mission impossible» des Peter Sauber
Bevor der Schweizer Formel-1-Unternehmer den Schlüssel an BMW abgibt, erzählt er swissinfo, wie es zum ersten Schweizer Formel 1 Team kam.
Der Traum des Peter Sauber begann im Keller des Elternhauses und endet im Windkanal seines Formel 1-Werkes im zürcherischen Hinwil.
Der Schweizer Formel-1 Pionier hat sich im Alter von 62 Jahren, davon 36 auf den Rennpisten dieser Welt, entschieden, adieu zu sagen. 12 Jahre mit seinem Formel-1 Rennstall machten Sauber bekannt, und eben wurde er für sein Lebenswerk mit dem Ehrenpreis des Schweizer Sportes ausgezeichnet.
swissinfo: Erzählen Sie uns doch etwas darüber, wie Sie im Keller des Elternhauses an Autos herumbastelten.
Peter Sauber: Es war der einzige verfügbare Raum im Haus, ein Raum mit kleinen Fenstern. Und als mein erstes Auto fertig gebaut war, musste ich einen Teil der Wand herausbrechen, um das Ding ins Freie zu bringen. Damals wurde mir klar, dass ich wohl künftig einen grösseren Raum brauchten würde, um zu arbeiten.
swissinfo: Wie schwierig war es eigentlich in der Schweiz ein Formel-1 Team aufzubauen?
P.S.: Als ich begann, war es eine «mission impossible». Es war eine interessante und spannende Herausforderung. Ich mag es, an Grenzen zu gehen. Technisch war es gar nicht so schwierig, weil die Autos, die wir in der Sportwagen-Serie bauten, ganz nahe am Standard der Autos in der Formel 1 waren.
Aber die Formel 1 ist der Gipfel, der im Autorennsport erklommen werden kann. Du erhältst viel mehr Aufmerksamkeit als etwa in den Sportwagenserien. Den Entschluss fasste ich zusammen mit Mercedes, um mehr Aufmerksamkeit zu erhalten.
swissinfo: Warum haben Sie Sauber an BMW verkauft?
Das geschah eher zufällig. Ich suchte nach einem neuen Motorenlieferanten. Während den Verhandlungen erkannte ich die einzigartige Gelegenheit. Ich wollte eine Gesellschaft, die sportliche Fortschritte ermöglichte, und ich wollte die Infrastruktur hier in Hinwil erhalten.
Ausserdem bin ich nun 62 Jahre alt. Früher oder später hätte ich eh einen Nachfolger suchen müssen. Mit BMW bot sich eine ausgezeichnete Gelegenheit.
swissinfo: Was bedeutet Ihnen die Tatsache, dass der Name Sauber bleibt?
Darüber bin ich sehr glücklich. Nicht nur für mich alleine, sondern auch für die Leute hier, für die Fans in der Schweiz und die Schweizer Medien. Es war übrigens die Entscheidung von BMW. Ich habe nie darum gebeten.
swissinfo: Finden Sie es eigentlich schade, dass es immer weniger unabhängige Teams in der Formel 1 gibt?
P.S.: Es ist ein normaler Vorgang, der überall in der Unternehmenswelt zu beobachten ist.
Die Formel 1 hat diese Konzentration von Autofirmen noch nie gesehen. Sie alle wollen Weltmeister werden. Das führt dazu, dass die Formel 1 ein noch nie gesehenes technisches Niveau erreicht hat, dessen Kosten massiv gestiegen sind. Da ist es für eine unabhängige Firma sehr schwierig mitzuhalten.
Zu sagen, es sei schade, hiesse die Dinge auf eine romantische Weise zu sehen. In der Geschäftswelt ist aber kein Platz für Romantik.
swissinfo: Wenn Sie schon von Romantik sprechen. Sie nannten ihre Autos nach ihrer Frau Christiane. War das Ihre romantische Ader?
Jetzt mag das romantisch daherkommen. Aber zu Beginn war das anders. Ich bin eine sehr rational denkende Person und brauchte einen Namen für meine Autos.
Ich fing mit Sauber A1 an. Doch die Bezeichnung war schon belegt, wie B1 übrigens auch. So bot sich C1 an und dafür musste ich mir eine Erklärung zurechtlegen.
Sie müssen wissen, in der ersten Zeit war meine Frau mit meiner Entscheidung gar nicht glücklich. Es war ein risikoreiches Geschäft und ich musste Tag und Nacht dafür arbeiten. Doch heute ist auch sie damit glücklich.
swissinfo: Glauben Sie, dass die Schweiz je eine Formel 1-Strecke haben wird?P.S.: Ich hoffe, dass es in der Schweiz sehr bald eine permanente Rennstrecke gebe wird. Es muss nicht unbedingt ein Formel 1-Circuit sein.
Zur Zeit wendet sich die Formel 1 ja eher von Europa ab. Da macht es wenig Sinn, noch eine Rennstrecke mehr zu bauen.
Eine Formel 1-Strecke in der Schweiz zu bauen, würde sehr kostspielig sein. Es ist kaum denkbar, dafür das nötige Geld aufzutreiben.
swissinfo: Was waren Ihre Hochs und Tiefs in den 36 Rennjahren?
13 Jahre in der Formel 1 dabei zu sein und Fortschritte zu machen, das ist sicher das positivste Ergebnis. Wir waren sechs Mal auf dem Podest. 2001 wurden wir Vierte in der Konstrukteuren-Wertung. Ein ausgezeichnetes Ergebnis für einen unabhängigen Rennstall.
Im Laufe der 36 Jahre, die ich im Automobilrennsport war, gab es weitere Höhepunkte: Der Sieg in Le Mans 1989 und den zweimaligen Gewinn der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1989 und 1990.
Ich bin auch sehr glücklich, dass wir nur einmal einen sehr gefährlichen Unfall – 1994 in Monte Carlo – hatten. Karl Wendlinger fiel damals für 19 Tage ins Koma. Kam aber auf die Rennstrecke zurück und ist heute noch ein erfolgreicher Fahrer.
swissinfo: Was wird ihnen am meisten fehlen im kommenden Jahr?
P.S.: Zweifellos all die Leute, mit denen ich zusammengearbeitet habe, all die Leute, mit denen ich das Vergnügen hatte, zusammenzutreffen. Aber ich werde dem Rennsport erhalten bleiben – als Berater für Credit Suisse und Petronas. Das im Auftrag von BMW.
swissinfo: Was würden Sie anders machen, wenn Sie noch einmal beginnen könnten?
P.S.: Es ist klar, dass ich in 36 Jahren auch Fehler gemacht habe. Aber heute bin ich sehr glücklich mit dem Erreichten und möchte keine Stunde missen.
swissinfo-interview, Matthew Allen, Hinwil
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)
Peter Sauber begann 1967 mit dem Autorennsport und stieg 1993 in die Formel 1 ein.
Zum ersten Mal startete der Sauber C1 am 14. März 1993 in Südafrika.
Peter Sauber gilt als ausgezeichneter Talentsucher. Michael Schumacher, Heinz-Harald Frenzen und Karl Wendlinger fuhren in ihrer Sportwagen-Karriere für Sauber.
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