Die Schweiz offeriert ihre guten Dienste
Um einen Krieg gegen Irak zu verhindern, ist die Schweiz bereit, ein "Treffen der letzten Chance" zu organisiseren.
Diesen Vorschlag machte die schweizerische Aussenministerin Micheline Calmy-Rey gegenüber ihrem US-Amtskollegen Colin Powell am WEF in Davos.
Calmy-Rey traf Powell am Samstag am Rande des World Economic Forum (WEF). Das Gespräch, das länger als geplant dauerte, habe in einer entspannten Atmosphäre und einem guten Klima stattgefunden. Sie habe Powell als offenen Zuhörer erlebt, der nicht hart und verschlossen wirke, erklärte Calmy-Rey.
Position der Schweiz dargelegt
Es sei ihr vor allem darum gegangen, die Position der Schweiz im Irakkonflikt darzulegen, sagte die Aussenministerin. «Wenn alle von Öl und Sanktionen sprechen, geht es uns um die Menschen.» Aus diesem Grund vertrete die Schweiz die Ansicht, dass es vor einem allfälligen Militärschlag eine zweite Resolution des Uno-Sicherheitsrates brauche.
«Die zweite Resolution muss die vollständige Einhaltung des humanitären Völkerrechtes beinhalten», erklärte Calmy-Rey. Bei der militärischen Planung gelte es zudem, die Bedürfnisse der Hilfsorganisationen zu berücksichtigen. Und wenn die UNO-Inspektoren mehr Zeit brauchten, müsse man ihnen diese Zeit gewähren.
Die guten Dienste der Schweiz
Die Schweiz als Land des Roten Kreuzes sei der Tradition der Humanität verpflichtet, sagte Calmy-Rey weiter. Dazu gehöre auch, dass immer wieder die guten Dienste zur Vermittlung angeboten würden. Sie habe Powell deshalb den Vorschlag gemacht, «ein Treffen der letzten Chance» in der Schweiz zu organisieren.
Es müssten alle diplomatischen Möglichkeiten vor einem Militärschlag ausgeschöpft werden. Die Schweiz hat ein solches Treffen bereits vor dem Golfkrieg von 1991 durchgeführt. Damals ohne positiven Ausgang.
Keine Antwort
Eine Antwort von Powell habe sie nicht erhalten, sagte Calmy- Rey. Der Aussenminister habe aber erklärt, die USA versuchten, den Krieg zu vermeiden und das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Weiter legte er ihr die Argumente der USA für den Druck auf den Irak dar. Die Rolle der Schweiz in der Humanitären Hilfe und bei Friedensbemühungen habe er ausdrücklich gelobt.
Für Calmy-Rey ist unbestritten, dass der Irak entwaffnet werden muss. Das Regime werde von der Schweiz nicht unterstützt. Der Bevölkerung, die am meisten unter der Situation leide, müsse aber geholfen werden.
Die Schweiz überprüft im Moment, welche Folgen für die Zivilbevölkerung ein Militärschlag haben könnte. Es drohe eine humanitäre Katastrophe und man müsse auch an den Wiederaufbau und die Demokratisierung denken, sagte Calmy-Rey. Die Schweiz habe in diesen Bereichen einiges zu bieten.
Druck war notwendig
Calmy-Rey ist überzeugt, dass es sich ausbezahlt hat, nur unter der Bedingung eines Treffens mit Powell nach Davos zu reisen. «Die Schweiz hat sich Gehör verschafft, und das ist innen- und aussenpolitisch wichtig.»
Nun werde die Schweiz im Rahmen der UNO Überzeugungsarbeit für ihre Position leisten. «Da wir nun Mitglied sind, nutzen wir diese Plattform», sagte eine sichtlich gelöste Aussenministerin.
Gesprächsmarathon
Calmy-Rey traf sich am Samstag auch mit dem Aussenminister Jordaniens, Marwan Jamil Muasher und der Aussenministerin Kolumbiens, Carolina Barco Isakson.
Weiter sprach sie mit Amr Moussa, dem Generalsekretär der Arabischen Liga, mit Gareth Evans, dem Präsidenten der «International Crisis Group», und George Soros, Präsident von Soros Fund Management.
Für Sonntag ist ein Treffen mit Chung Dong-young, Sondergesandter des südkoreanischen Präsidenten geplant. Den Gesprächsmarathon schliesst Calmy-Rey mit Pual Kagame, Präsident von Ruanda ab.
swissinfo mit Agenturen
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