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Die Schweiz sagt Ja zu UNO-Mandat

Eine skeptische Schweizer Aussenministerin kommentiert in Bern den UNO-Auftrag. Keystone

In den Augen der Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey ist der Resolutionstext, der von Israel den Abbruch der Sperrmauer im Westjordanland verlangt, "ausgewogen".

Die UNO-Resolution will zudem, dass die Schweiz Konsultationen mit den Beteiligten aufnimmt.

Die Vollversammlung der UNO hat einer Resolution zugestimmt, die Israel zum Abbruch der Sperranlage im Westjordanland auffordert.

Die Schweiz stehe hinter der am Dienstag verabschiedeten UNO-Resolution und beurteile diese als ausgewogen, sagte die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in Bern vor den Medien.

Mit dem Ziel, dem humanitären Völkerrecht im Nahostkonflikt mehr Achtung zu verschaffen, wurde die Schweiz in der Resolution eingeladen, Konsultationen aufzunehmen und der UNO-Vollversammlung Bericht zu erstatten, wobei auch die Einberufung einer neuerlichen Konferenz der Vertragsstaaten der Vierten Genfer Konvention als Möglichkeit genannt werde.

In einer «Explication de Vote» erklärte sich die Schweiz vor der Vollversammlung in New York am Dienstagabend bereit, Konsultationen mit den Beteiligten zu führen und der Vollversammlung Vorschläge für weitere Konferenzen zu unterbreiten.

Zurückhaltung über Konferenz

Einer weiteren Konferenz der Unterzeichnerstaaten der Vierten Genfer Konvention stehe sie aber eher skeptisch gegenüber, liess Calmy-Rey durchblicken. Sie erinnerte an die beiden von der Schweiz organisierten Konferenzen 1999 und 2001, an denen Israel und die USA gefehlt hatten.

«Die Schweiz als Depositärstaat der Genfer Konventionen nimmt das Mandat der UNO-Vollversammlung an und wird die Konsultationen über die Beachtung des humanitären Völkerrechts in den besetzten Gebieten einleiten», sagte die Schweizer Aussenministerin.

«Die Schweiz ist zudem aufgefordert, einen Bericht über ihre Konsultationen an die UNO abzugeben», erklärte Calmy-Rey weiter. An einen zeitlichen Rahmen sei die Schweiz nicht gebunden.

Zeichen des Vetrauens

Die Schweiz habe sich nicht um dieses Mandat bemüht, sehe aber darin ein Zeichen des Vertrauens, sagte Calmy-Rey. Umgehend fügte sie jedoch hinzu, die Einberufung einer Konferenz sei nur eine von zahlreichen Optionen.

Den Nutzen eines dritten Anlasses ohne die beiden Akteure Israel und USA könne man unterschiedlich beurteilen, so Calmy-Rey. Für sie steht Pragmatismus im Vordergrund. «Es ist nicht Ziel des Mandats, einem Friedensabkommen zum Durchbruch zu verhelfen.»

Zurückhaltend äusserte sich nach der Entscheidung in New York auch der Schweizer UNO-Botschafter in New York, Jenö Staehelin: «Die Schweiz will im Rahmen ihres schwierigen Auftrages ihr Bestes tun, mit Bescheidenheit, Realismus und Engagement.»

Der Friedensprozess im Nahen Osten müsse abgestimmt mit allen Bemühungen der internationalen Gemeinschaft erfolgen, sagte Staehelin vor der Versammlung.

Beide Seiten in die Pflicht genommen

Die palästinensischen Vertreter kündigten an, trotz eines drohenden Vetos der USA eine Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates anzustreben. Nur eine Resolution des Sicherheitsrats könnte Israel zwingen, die Mauer abzubrechen.

Die Resolution folgt auf ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag vom 9. Juli, der die Sperranlage für völkerrechtswidrig erklärt hatte, weil sie teilweise über palästinensisches Gebiet verläuft,
beziehungsweise dort errichtet werden soll.

Der Abstimmung waren langwierige Verhandlungen zwischen der Arabischen Liga und der EU vorausgegangen, die zu einem überarbeiteten Text der Resolution führten.

Hinzugefügt wurden Passagen, die das Recht Israels auf Selbstverteidigung bekräftigen.

Darüber hinaus werden die Palästinenser aufgefordert, potenzielle Attentäter festzunehmen. Von Israel wird gefordert, Angriffe auf palästinensische Zivilpersonen einzustellen.

Israel will weiter bauen

Der israelische UNO-Botschafter Dan Gillerman nannte die Resolution
«einseitig und völlig kontraproduktiv» und kündigte an, der Bau der Sperranlage werde fortgesetzt.

Der palästinensische UNO-Vertreter Nasser Al Kidwa bezeichnete die Resolution dagegen als extrem wichtig. Er sprach von einem hervorragenden Ergebnis für Frieden und Versöhnung im Nahen Osten.

Neben den USA und Israel stimmten Australien, die Marshallinseln, Mikronesien und Palau gegen die Resolution.

Es enthielten sich El Salvador, Kamerun, Kanada, Nauru, Papua-Neuguinea, die Salomonen, Tonga, Uganda, Uruguay und Vanuatu.

swissinfo und Agenturen

Die UNO-Vollversammlung fordert Israel auf, die Sperrmauer zum Westjordanland abzureissen.

Die UNO-Resolution lädt die Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konventionen ein, Konsultationen zu führen.

Zur Debatte steht auch die Einberufung einer Konferenz zur Legitimität der Sperranlage.

Die Schweiz nimmt das UNO-Mandat an.

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