Die Schweiz vor «stürmischer» Walfang-Konferenz
Eine Schweizer Delegation ist auf die Karibikinsel St. Kitts gereist, um am Jahrestreffen der Internationalen Walfang-Kommission zwischen bedingungslosen Walschützern und -jägern zu vermitteln.
Als «Ruhe vor dem Sturm» beschreibt der Schweizer Delegationsleiter Bruno Mainini die geladene Atmosphäre in St. Kitts.
Die Mitgliedsstaaten der Internationalen Walfang-Kommission (IWC) kommen ab Freitag auf der Karibikinsel St. Kitts zur 58. Jahrestagung zusammen. Die Schweiz befürwortet eine Lockerung des Walfangverbots – um so Wale besser schützen zu können.
Seit zehn Jahren diskutiert die IWC schon über das Walfangverbot und hat sich mehr und mehr in eine Patt-Situation zwischen bedingungslosen Walschützern und -jägern manövriert. Auch an der letzten Konferenz 2005 erzielte die IWC keine substantiellen Ergebnisse.
Einen Ausweg aus der Sackgasse sucht die IWC in dem Bewirtschaftungsverfahren (RMS), mit dem Fänge unter strengen Bedingungen zugelassen werden sollen. Die Diskussion des Regelwerks steht auch in diesem Jahr zuoberst auf der Traktandenliste der Tagung vom 16. bis zum 20. Juni.
Die Schweiz spielt Vermittlerrolle
Die Schweiz wird an der Konferenz eine wichtige Vermittlerrolle spielen. «Alle sprechen mit den Schweizern, wir können mit beiden Seiten verhandeln», sagt der Schweizer Delegationsleiter Bruno Mainini, stellvertretender Leiter Artenschutz beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVET), gegenüber swissinfo.
«Man erwartet allgemein eine Veränderung zugunsten der Walfänger», vermutet Mainini. Aber er weiss auch, dass es wegen Stimmrechtsentscheidungen in den vergangenen Jahren immer wieder Überraschungen in letzter Minute gab.
Falls die Walfänger die Führung in der IWC übernehmen, ist es dennoch unwahrscheinlich, dass sie eine Rückkehr zum gross angelegten kommerziellen Walfang durchsetzen können, denn nur eine Dreiviertel-Mehrheit kann das Walfang-Verbot aufheben.
Fangquoten für die einzelnen Länder
Dass das System nun verabschiedet werden kann, hält Mainini für «ausgeschlossen». Zu komplex sei die Materie, zu verhärtet seien die Fronten.
Zu verhindern gelte es besonders, dass mit dem Verweis auf wissenschaftlichen Walfang die Fangquoten unterwandert werden können. Das Regelwerk sieht vor, den einzelnen Ländern für sämtliche Wale Fangquoten zuzuteilen, die sie selber in kommerzielle und wissenschaftliche Nutzung aufteilen müssten.
Eingeschlossen wäre in dem System auch die Bejagung durch Ureinwohner. Daneben müsse etwa auch die Jagd auf kleinere Wale geregelt und die Methoden der Bejagung eingegrenzt werden, sagt Mainini.
Walfang eindämmen
Mainini betont: «Oberstes Ziel der Schweiz ist es, den Walfang einzudämmen. In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl getöteter Wale verdreifacht – das ist absolut inakzeptabel.»
Doch sei es «völlig illusorisch», anzustreben, dass kein einziger Wal in Zukunft getötet werde. Die Schweiz versuche an der IWC-Konferenz als Vermittlerin einen «pragmatischen Weg» zu gehen. Und ein solcher heisst für den Artenschützer «weniger Jagd durch mehr Kontrolle».
Umweltschützer wollen Fang-Verbot
Greenpeace Schweiz lehnt dagegen jegliche Fangquoten strikt ab. «Einzig ein Verbot schützt die Wale», sagt Yves Zenger, Sprecher von Greenpeace Schweiz. Es sei wissenschaftlich keineswegs sicher, dass die Erlaubnis eines begrenzten Fangs die Walpopulationen stabilisieren könne.
Die Einhaltung der Fangquoten sei zudem nicht kontrollierbar. Bereits heute umgehe Japan internationales Regelwerk und betreibe kommerziellen Walfang unter dem Deckmantel einer Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken. «Auf der japanischen Flotte sind ganze Fabriken, die den Fisch direkt verarbeiten können», sagt Zenger.
«Dieses Schlupfloch muss die IWC stopfen, notfalls mit politischen und wirtschaftlichen Sanktionen.» Die Schweiz müsse sich bei der IWC für ein totales Fangverbot einsetzen, das auch auf Kleinwale ausgedehnt werde.
Ebenso müssten die japanischen Bestrebungen, sich die Unterstützung von Entwicklungsländern zu erkaufen, hart sanktioniert werden.
swissinfo und Agenturen
Die Internationale Walfang-Kommission (IWC) wurde 1946 gegründet, um die Populationen der grossen Wale zu erhalten und so die Entwicklung der Walfang-Industrie sicher zu stellen.
Die Schweiz ist seit 1980 Mitglied der IWC. Sie spielt eine Vermittlerrolle zwischen den Walschützern und den Walfängern.
Die Schweizer Delegation an der IWC wird von Bruno Mainini angeführt, dem stellvertretenden Leiter Artenschutz beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVET).
1986 hat die IWC ein Moratorium zum Walfang zu kommerziellen Zwecken beschlossen.
Ursprünglich für 5 Jahre geplant, ist es bis heute in Kraft.
Japan, Island und Norwegen haben allerdings die Erlaubnis für den Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken erhalten.
2006 haben Japan und Island über 2000 Wale getötet, ein Rekord seit 1986.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch