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Die Schweiz will den Götterbaum loswerden

Götterbaum
Der Götterbaum verbreitet sich schnell und nimmt heimischen Arten den Platz weg. SRF

Er gilt als Neophyt, der Götterbaum. Seine Bekämpfung ist aber schwierig, denn der Baum ist sehr hartnäckig.

Karger Boden, Trockenheit oder sogar Streusalz machen ihm wenig aus. Auch die Luftverschmutzung ist kein Problem. Und er sieht hübsch aus. Darum wurde der Götterbaum im 18. Jahrhundert aus China als Zierpflanze nach Europa eingeführt.

Heute gilt der bis zu 30 Meter hohe Baum aber als invasive Art – als Neophyt. Junge Götterbäume wachsen schnell – zwei bis drei Meter im Jahr – und verbreiten sich rasch. Die geflügelten Samen der weiblichen Bäume werden vom Wind fortgetragen.

Die Kehrseite: Die anspruchslosen Bäume verdrängen einheimische Arten. Vor allem in Städten und an Strassen ist zudem problematisch, dass die schnell wachsenden Triebe Schäden an Plätzen und anderen Bauten anrichten. Der Kontakt mit Rinde oder Blättern kann Hautreizungen auslösen, die Pollen allergische Reaktionen.

Götterbaumtrieb an Mauer
Die Triebe des Götterbaums wachsen schnell. infoflora.ch/Erwin Jörg

Im Tessin breiten sich die Götterbäume schon länger aus. Dort kommen die Bäume auch in Wäldern vor. Aber auch nördlich der Alpen wächst der Baum durch die höheren Temperaturen immer besser. Ab September 2024 dürfen Götterbäume in der Schweiz nicht mehr verkauft oder angepflanzt werden. Das hat der Bundesrat entschieden.

Städte und Gemeinden wollen Götterbäume auf ihrem Gebiet entfernen – unter anderem die Stadt Baden. Die Bäume mit der Motorsäge umzusägen, ist aber keine Lösung. «Einen Götterbaum kann man nicht einfach so fällen, weil er sehr stark aus der Wurzelbrut austreibt. Es ist eine Schockreaktion auf die Fällung», sagt Stefanie Wiesinger, Fachspezialistin Umwelt und Natur bei der Stadt Baden. Der Wurzelstock macht also viele neue Triebe.

Gefahr für Autos und Menschen

Im Wald werden die Götterbäume deshalb «geringelt». Dabei wird die Rinde um den gesamten Stamm mit einer Motorsäge eingeschnitten. Über mehrere Jahre stirbt der Baum ab, ohne dass er ausschlägt, wie das bei der Fällung geschehen würde.

Die Gefahr besteht allerdings, dass abgestorbene Äste herunterfallen. In einer Stadt mit Autos und vielen Leuten wäre das zu gefährlich. Darum testet Baden eine andere Methode.

Dampfbehandlung für die Wurzeln

Der Götterbaum auf dem Schadenmühleplatz – ein Parkplatz in der Nähe des Werkhofs – wird in diesen Tagen stark zurückgeschnitten. Stefanie Wiesinger: «Damit kann verhindert werden, dass sich die Samen ausbreiten. Als Zweites wird der Baum mit Dampf behandelt.» Eine Art grosse Gabel wird dabei bei den Wurzeln in den Boden gesteckt. Daraus kommt 200 Grad heisser Dampf.

«Das führt zu einem Eiweiss-Schock in den Wurzeln und verhindert so die Wurzelbrut, weil die Zellen geschädigt werden. Sie können kein neues Wasser aufnehmen, und dadurch stirbt der Baum ab.» Nun wird getestet, wie oft und wie heiss die Wurzeln behandelt werden müssen, damit künftig auch die anderen Götterbäume in Baden bekämpft werden können.

Jeder Baum weniger tut weh

Warum werden die unerwünschten Bäume in Baden aber erst jetzt entfernt? Lange habe man versucht, vor allem die jungen Götterbäume zu bekämpfen, erklärt Stefanie Wiesinger. Damit sei man aber nicht nachgekommen. Der finanzielle und zeitliche Aufwand sei immer grösser geworden. Deshalb gehe man nun die ausgewachsenen weiblichen Bäume an.

Grosse Götterbäume wie jener in Baden seien aber selten. «Sie sind eigentlich wichtig für die Klimaanpassung. Und es tut immer weh, wenn man einen so grossen Baum fällen muss.» Laut Wiesinger sei es immer eine Abwägung. Zudem würden anstelle der Götterbäume jeweils neue Bäume nachgepflanzt, um die Biodiversität zu fördern.

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