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Die Snowboarder, Medaillenhoffnungen Nr. 1

Die Schweizer Snowboarder, hier Manuela Pesko in der Halfpipe, wollen in Turin hoch hinaus. Keystone

Gewinnen die Schweizer Alpinen in Turin olympisches Gold, kommt der Sieger oder die Siegerin mit grösster Wahrscheinlichkeit aus dem Snowboard-Lager.

Im Riesenslalom führen nicht weniger als vier Schweizer den Weltcup an, Schweizer Boarderinnen belegen die Plätze 1 und 3.

Wenn die Olympischen Spiele einen hohen Favoriten kennen, dann trägt er den Namen Schoch. Dahinter verbirgt sich gleich eine doppelte Schweizer Gewinnchance, nämlich das Brüderpaar Philipp und Simon Schoch aus dem Kanton Zürich.

Die «Schoch brothers» dominierten die bisherigen Riesenslaloms nach Belieben: Der 27-jährige Phillip, Olympiasieger 2002 im Parallelslalom in Salt Lake City, gewann nicht weniger als fünf Bewerbe. Dennoch hat der ein Jahr ältere Simon, sein härtester Konkurrent, in der Weltcup-Zwischenwertung die Nase vorn, weil er regelmässiger punktete.

Geschlossen an der Spitze

Die Schweizer Dominanz geht aber noch weiter: Auf den Rängen 3 und 4 des Weltcups liegen mit Heinz Inniger und Gilles Jaquet zwei weitere Schweizer. Erst auf Platz 5 folgt der erste Boarder aus einem anderen Land.

Auch in den anderen beiden Snowboard-Disziplinen stehen die Chancen für die Schweiz gut. In der Halfpipe kommt mit Manuela Pesko die Weltcup-Leaderin ebenfalls aus der Schweiz. Und auch im Snowboard Cross, wo vier Konkurrenten gleichzeitig eine mit Hindernissen gespickte Piste hinunter sausen, bestehen Aussichten auf Edelmetall, bei den Männern wie Frauen.

Keine Medaillen-Garantie

Franco Giovanoli, Cheftrainer des Schweizer Snowboard-Teams, ist denn auch höchst zuversichtlich, dass seine Athleten nicht mit leeren Händen aus Turin zurückkehren werden. Eine Garantie für Medaillen gebe es jedoch keine.

«Wir haben diesen Weltcup-Winter schon in allen drei Disziplinen Siege errungen, deshalb sind wir optimistisch, dass es in Turin ein paar mehr werden», sagt Giovanoli gegenüber swissinfo. «Bei einem Wettkampf, der an einem Tag stattfindet, kann aber immer viel passieren», relativiert er.

Weltcup-Leader Simon Schoch ist bester Dinge, denn alle Fahrer seien nach dem tollen bisherigen Saisonverlauf in einem Hoch. «Die Vorbereitungen waren perfekt, wir sind voller Selbstvertrauen.»

«Minimalziel»

Das Minimalziel von drei Schweizer Medaillen ist eine schon fast tiefstaplerische Vorgabe, wenn man die bisherigen Leistungen betrachtet. Aber eben: Passiert ist schnell etwas, in den Läufen, wo immer zwei Boarder gegeneinander antreten, kann schon der geringste Rutscher das Aus bedeuten.

Dazu kommt das Losglück oder –pech: Wenn Simon Schoch, Philipp Schoch, Heinz Inniger und Gilles Jaquet in den Ausscheidungsläufen aufeinander treffen sollten, fliegt auf jeden Fall ein Schweizer raus.

Dasselbe gilt auch für die Frauen: Dort liegt Daniela Meuli im Riesenslalom-Weltcup vorn, Ursula Bruhin ist Dritte. «Es hängt sehr viel davon ab, wie sie gesetzt werden», so Giovanoli. Theoretisch könnten Meuli und Bruhin schon in der ersten Runde aufeinander treffen.

Schwerer wird es laut dem Coach in der Halfpipe und im Snowboard Cross. Auch dort seien Medaillen möglich. Aber zum ersten Mal in der Saison werden in Turin auch Cracks am Start sein, die im Weltcup bisher nicht dabei waren, sondern in anderen Serien an den Start gegangen waren.

Erfolgsrezept

Franco Giovanoli erklärt das Geheimnis der Schweizer Erfolge mit dem «exzellenten Teamgeist» und der extremen Dichte an Weltklasse-Athleten.

«Auf der Piste kämpfen sie gegeneinander, aber daneben sind sie ein Team. Sie helfen und unterstützen sich gegenseitig, um vorwärts zu kommen.»

«Wir haben in der Schweiz das grosse Glück, dass die besten Snowboarder der Welt miteinander trainieren. Das erlaubt uns, der Konkurrenz weiterhin einen Schritt voraus zu bleiben.»

Dabei hatte es vor zwei Jahren noch alles andere als rosig ausgesehen: Weil der Skiverband nicht die nötige finanzielle Unterstützung geliefert hatte, drohten vier Athleten mit der Abwanderung in andere Länder.

Immer noch grosse Lücke

Laut Giovanoli sieht es jetzt besser aus, denn das Snowboard-Team wird mit 1,3 Mio. Franken pro Jahr gefördert. Aber immer noch müssen die Athleten Kosten für Reisen und Trainingslager aus dem eigenen Sack berappen. Zum Vergleich: Für die Skirennfahrer, die der Spitze seit Jahren hinterher fahren, gibt es rund zehn Mal mehr.

«Das Ski-Team erhält viel mehr Geld, aber es generiert auch viel mehr Sponsorbeiträge.» Snowboard dagegen gelte weiterhin als Randsportart und habe deshalb zu wenig Beachtung der Medien, erklärt Giovanoli.

Geld hin oder her: Der Kurs in Bardonecchia liegt den Schweizern, waren sie dort doch schon in früheren Rennen erfolgreich gewesen. Dazu kommt ein eher psychologisches Moment: Der olympische Riesensalom wird von einem Schweizer Trainer ausgesteckt werden. «Das passt einigen anderen Teams überhaupt nicht», sagt Giovanoli mit einem Augenzwinkern.

swissinfo, Adam Beaumont
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Vor vier Jahren in Salt Lake City gewannen die Schweizer Snowboarder zwei Medaillen: Philipp Schoch holte Gold im Parallel-Slalom und Fabienne Reuteler Bronze in der Halfpipe.

Im Parallel-Riesenslalom führen vier Schweizer das Weltcup-Zwischenklassement an: 1. Simon Schoch, 2. Philipp Schoch, 3. Heinz Inniger, 4. Gilles Jaquet.

Bei den Frauen liegt Daniela Meuli in Front, Ursula Bruhin ist Dritte.

Die Olympischen Winterspiele finden vom 10. bis 26. Februar in Turin statt.
Die Snowboard-Rennen werden in Bardonecchia ausgetragen.
Der Ort liegt in Alta Val di Susa auf einer Höhe von 1312 Meter über Meer.

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