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Die US-Fans des Bundesbriefs von 1291

Jim Scherrer, Gründer und Präsident der Bundesbrief Society, auf Besuch in Brunnen am Urnersee mit seinen Kindern Liesl und Sydney. swissinfo.ch

Die "Bundesbrief Society", gegründet im amerikanischen Philadelphia, hat kürzlich den 2. Geburtstag gefeiert. Sie möchte das Gründungsdokument der alten Eidgenossenschaft in den USA und der Welt bekannt machen.

Jim Scherrer erinnert sich bestens an den 10. Juni vor zwei Jahren. An diesem Tag verliess der Bundesbrief von 1291 erstmals nationales Territorium, um dem amerikanischen Publikum im Verfassungs-Museum von Philadelphia gezeigt zu werden.

«Ich hatte das Glück, einer der ersten Besucher dieser Ausstellung zu sein», sagt Scherrer gegeüber swissinfo, «so dass ich den Bundesbrief ganz allein betrachten konnte. Das löste starke Gefühle in mir aus».

«Die Leute, die dieses Dokument verfasst haben, müssen viele Opfer erbracht haben», sagt der amerikanische Doppelbürger, dessen Schweizer Grossvater 1922 aus der Region St. Gallen in die USA einwanderte.

Starker Eindruck

Jim Scherrer war von diesem alten Dokument so stark beeindruckt, dass er am gleichen Tag noch die «International Bundesbrief Society» gründete. Dieser Club setzt sich zum Ziel, den Bundesbrief und den Einfluss der Schweiz auf die Entwicklung von Demokratie und Verfassungsrecht bekannt zu machen.

«Der Bundesbrief wurde während den 20 Tagen in Philadelphia von mehr Leuten besucht als während zwei Jahren im Archiv in Schwyz», sagt Scherrer. Seit Philadelphia haben auch die Besucherzahlen im Archiv selbst zugenommen, von 7000 auf 10’000 Besucher pro Jahr.

«Das amerikanische Interesse galt nicht nur dem Brief, sondern auch der Geschichte der Eidgenossenschaft und ihrem Beitrag zu verfassungsmässigen Freiheiten», so Scherrer. Die Aufmerksamkeit sei derart hoch gewesen, dass er dies als gute Gelegenheit gesehen habe, allen Interessierten eine gemeinsame Plattform zu bieten.

Nicht jeder kann Mitglied werden

Auch jetzt, zwei Jahren später, ist die Bundesbrief Society ein «sehr geschlossener» Club geblieben, meint sogar sein Gründer. Die Society umfasst nur 50 Mitglieder aus 9 US-Staaten, der Schweiz, Deutschland, Russland und Brasilien.

«Der Verein ist sehr exklusiv, und zwar in dem Sinn, dass neue Mitglieder nur auf Grund von persönlichen Vorschlägen rekrutiert werden, durch bestehende Mitglieder, ohne Brief- oder Mailverkehr», sagt Scherrer.

Andererseits jedoch wünscht sich auch Scherrer mehr Mitglieder.

Kein Patrioten-Club

Die Society sei kein rückwärtsgerichteter Patrioten-Club, nur weil der Begriff «Patriotismus» auf der Website mehrfach vorkommt.

«Es mag sein, dass heute mit dem Patriotismus ein ausschliesslich amerikanisches Gefühl gemeint ist», sagt der Society-Gründer. «Aber das Gewicht, das wir dem Patriotismus beimessen, hat zu positiven Reaktionen geführt.»

Es gehe der Society nicht um einen Patriotismus mit negativem Beigeschmack, zum Beispiel von Insel-Mentalität oder Ethnozentrismus. Es sei vielmehr ein Begriff des Blicks nach vorn, der Integration in ein neues, dynamisches Millennium. Schliesslich übersteige auch der Bundesbrief selbst unser gegenwärtiges Zeitverständnis.

Die Society wende sich an ein viel breiteres Publikum als nur an ihre Mitglieder. So organisierte sie im vergangenen Februar eine Musikaufführung zur alpinen Symphonie von Richard Strauss, aufgeführt von der Philharmonie aus Philadelphia, unter der Leitung des ursprünglich aus Lausanne stammenden Dirigenten Charles Dutoit.

US-Unabhängigkeits-Erklärung in Schweizer Museum?

Die Society offeriert übrigens dem Finder des 3. Bundesbrief-Exemplars eine Million Dollar. Dieses gilt als verschollen.

«Die Zahlung wird durch unsere Mitglieder und unsere Kontakte sichergestellt, die bis in die Bundesverwaltung nach Bern reichen», so Scherrer.

Zu den Projekten der Society gehört auch das Organisieren einer Verfassungs-Ausstellung in der Schweiz, mit dem Original-Dokument der Unabhängigkeits-Erklärung der Vereinigten Staaten.

Zwei ähnliche Länder

«Die USA und die Schweiz sind mehr als zwei sich nahestehende Demokratien, und die Beziehungen sind stärker denn je», so der Society-Gründer.

Als konkretes Beispiel nennt Scherrer das bilaterale Abkommen nach den Attentaten vom 11. September 2001. In beiden Ländern richte sich die politische Struktur nach den drei Grundpfeilern: Regierung, Referendum und Pressefreiheit.

swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle)

Der Bundesbrief ist eine Bündnisurkunde, die am 1. August 1291 von drei kleinen Kantonen unterzeichnet wurde.

Es geht dabei um gegenseitige Unterstützung, die sich die Urkantone Schwyz, Uri und Unterwalden bei Gefahren von aussen versprachen.

Mit solchen Gefahren war damals vor allem die Bedrohung durch habsburgische Herrscher gemeint.

Der Bundesbrief gibt auch die Basis einer demokratischen Regierungsart vor und betont das Prinzip des Rechts.

Zwar wird angenommen, dass es schon vor 1291 solche Bündnisurkunden gegeben hatte. Doch ist der Bundesbrief erst nach der englischen Magna Charta entstanden, die auf das Jahr 1215 zurückgeht.

Im Gegensatz zur Magna Charta betont der Bundesbrief die demokratischen Prinzipien ausserhalb einer Monarchie.

Das Bundesbrief-Archiv im Kanton Schwyz beherbergt das einzige noch erhaltene der ursprünglich drei Exemplare.

Dieses wurde im Sommer 2006 dem Museum für Verfassungsgeschichte in Philadelphia, USA, ausgeliehen.

Die «International Bundesbrief Society» wurde am 10. Juni 2006 in Philadelphia gegründet. An jenem Tag wurde die Bundesbrief-Ausstellung im dortigen Museum eröffnet.

Society-Gründer und -Präsident ist Jim Scherrer, ein 1953 in Amerika geborener US-Schweizer, der ein Informatik-Unternehmen in Philadelphia leitet.

Die Society hat zum Zweck, den Bundesbrief bekannt zu machen, und zwar nicht nur in den USA, sondern auf der ganzen Welt.

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