Die Welt gedenkt Srebrenica am 10. Jahrestag
Internationale Gäste und rund 40'000 Menschen gedachten am Montag den fast 8000 Muslimen, die 1995 in Srebrenica massakriert wurden.
In der Schweiz wurde gefordert, dass mehr getan werde, um die Verantwortlichen fürs schlimmste Massaker seit dem Zweiten Weltkrieg vor Gericht zu bringen.
An der Gedenkfeier am Montag auf dem Friedhofsgelände von Potocari vor den Toren der Stadt wurden 610 weitere identifizierte Opfer des Massakers von Srebrenica beigesetzt.
Anwesend waren Delegationen aus 55 Ländern, darunter die Aussenminister Grossbritanniens, Frankreichs, Schwedens, Bulgariens, der Türkei, der Niederlande und Bulgariens. Auch der Schweizer Botschafter in Bosnien-Herzegowina, Urs Breiter, war unter den Vertretern der internationalen Gemeinschaft.
Das Massaker in Srebrenica sei eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Europas seit 1945, sagte der britische Aussenminister Jack Straw. Auch der ehemalige Balkan-Gesandte der USA, Richard Holbrooke, erklärte, das Massaker von Srebrenica hätte nie stattfinden dürfen. Die Tragödie stehe für das Scheitern der NATO und der UNO-Blauhelmsoldaten.
Tadic verneigt sich, del Ponte protestiert
Trotz der Kritik von Überlebenden und Angehörigen der Opfer kam auch der serbische Präsident Boris Tadic zu der Gedenkveranstaltung und verneigte sich vor den Särgen. Er besuchte als erster offizieller Repräsentant Serbiens Srebrenica. Er versprach eine rasche Festnahme der als Kriegsverbrecher gesuchten Ex-Führer der bosnischen Serben.
Dass dies geschehen wird, hofft Carla del Ponte, die Chefanklägerin des internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY). Die Tessinerin blieb den Feierlichkeiten fern und protestierte damit gegen die Tatsache, dass Radovan Karadzic und Ratko Mladic immer noch nicht gefasst sind. Der Serbenführer und sein Militärchef stehen zuoberst auf der Fahndungsliste des Tribunals und sind bis heute untergetaucht.
Keine Straflosigkeit für Kriegsverbrecher
In Bern übergab die Schweizerische Gesellschaft gegen Straflosigkeit (TRIAL) dem Botschafter von Serbien und Montenegro einen offenen Brief, in dem sie von der Regierung in Belgrad fordert, die Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag zu verstärken. Die Hauptverantwortlichen der Massaker von Srebrenica müssten ausgeliefert werden.
«Ratko Mladic bewegt sich immer noch frei in Serbien», beklagte Anna Petrig von TRIAL. Fahrudi Salihovic, der damalige Bürgermeister von Srebrenica und heutige Präsident der Vereinigung der Überlebendenden Drina-Srebrenica, sagte, die Reue der Serben sei nicht ehrlich, solange die Täter nicht vor Gericht gestellt würden.
«Es wird nie möglich sein, alles zu erzählen, was in Srebrenica passiert ist», sagte er. Aber er hoffe, dass die Wahrheit alle Verantwortlichen einholen werde. Eine Delegation legte vor der Botschaft Blumen und Botschaften von Überlebenden nieder.
Immer noch 14’500 vermisste Personen
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat am Montag zu erneuten Bemühungen aufgerufen, das Schicksal der über 14’500 Menschen zu klären, die in Bosnien-Herzegowina noch immer vermisst werden. 5500 von ihnen wurden nach dem Massaker von Srebrenica als vermisst gemeldet.
Es bestehe kaum Zweifel, dass die Vermissten tot seien, erklärte das IKRK weiter. Für diese Familien sei es jedoch eine unerträgliche Belastung, nicht sicher zu wissen, was ihren Verwandten zugestossen sei und ihnen kein Begräbnis bereiten zu können.
swissinfo und Agenturen
Am 11. Juli 1995 massakrierten serbische Soldaten und Paramilitärs rund 8000 Muslime in Srebrenica und vertrieben 30’000 Menschen.
Die ostbosnische Stadt war eine von sechs UNO-Schutzzonen. Die holländischen Blauhelme konnten das Massaker nicht verhindern.
Seit 1995 stehen der ehemalige Chef der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, und General Ratko Mladic zuoberst auf der Fahndungsliste des UNO-Strafgerichtshofs. Beide sind untergetaucht.
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