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«Diskrete Rolle» der Schweiz bei Geiselbefreiung

Die freigelassene Farc-Geisel Clara Rojas bei ihrer Ankunft auf dem Maiquetia-Flughafen bei Caracas. Keystone

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat den diskreten Beitrag der Schweiz bei der Freilassung von zwei kolumbianischen Geiseln hervorgehoben und gleichzeitig den Mediendruck kritisiert.

Am Rande der Freilassungsaktion berichteten die Ex-Geiseln Consuelo Gonzales und Clara Rojas über die unmenschlichen Methoden der Farc-Rebellen gegenüber den Entführten.

«Wir haben den Boden vorbereitet, der die Freilassung möglich machte», sagte Calmy-Rey in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Matin» vom Samstag. Die Schweiz habe ihren Beitrag «ganz diskret» geleistet. Bern habe als diskreter Vermittler «im Schatten» gearbeitet.

Die Arbeit sei nicht ohne Gefahr gewesen, denn «wir waren vor Ort, im Dschungel in der Nähe der Farc», sagte die Aussenministerin. Die Tätigkeit der Schweiz habe sich nicht auf formelle Gespräche zwischen Diplomaten beschränkt.

Mehrere Länder als Vermittler

Die zwei Geiseln, Clara Rojas und Consuelo Gonzales, waren am Donnerstag nach jahrelanger Gefangenschaft freigekommen. Die Aktion war von Venezuelas Staatschef Hugo Chavez eingefädelt worden.

Weitere Länder, darunter die Schweiz, Frankreich, Argentinien und Kuba, hatten bei der Vermittlung zwischen der kolumbianischen und venezolanischen Regierung und den linksgerichteten Farc-Rebellen mitgeholfen.

Sorgen wegen Medienrummel

Sorgen bereitet Calmy-Rey der Medienrummel um die weiterhin gefangen gehaltene ehemalige kolumbianische Präsidentschafts-Kandidation Ingrid Betancourt. Man könne sich fragen, ob die Mediatisierung nicht einen negativen Effekt habe, sagte die Aussenministerin im Interview mit «Le Matin».

Betancourt sei heute das offensichtlichste Symbol für die Stärke der kolumbianischen Rebellenorganisation Farc geworden. Der Druck der Medien mache die Verhandlungen schwieriger.

Unterschiedliche Rollen

Calmy-Rey machte diese Aussagen auf die Frage, ob sie anerkenne, dass die grossen Gesten des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu Gunsten von Betancourt via öffentliche Meinung für Druck gesorgt hätten. «Sagen wir es so, unsere Rollen sind unterschiedlich.»

Die Schweizer Diplomatie sei von Natur aus bescheiden, so die Aussenministerin. Sie wies aber darauf hin, dass die Schweiz vor fünf Jahren alleine damit begonnen habe, den Kontakt mit der Farc aufrechtzuerhalten. Danach seien Frankreich – damals war Sarkozy Innenminister – und Spanien hinzugekommen.

Die Freilassung der beiden Farc-Geiseln am vergangenen Donnerstag sei nur ein erster Schritt gewesen, sagte Calmy-Rey und fügte hinzu: «Ich werde dafür kämpfen, bis wir eine humanitäre Vereinbarung zur Freilassung aller Geiseln erreichen.»

Das Leiden der Entführungsopfer

Am Rande der Freilassungsaktion wurden Berichte über die Lage der Entführten bekannt, die den Kolumbianern das ganze Leid der Opfer vor Augen führten.

«Die verschleppten Männer sind 24 Stunden lang angekettet», erzählte die jetzt freigekommene frühere Abgeordnete Consuelo Gonzalez. Medien berichteten von weiblichen Geiseln, die während der Gefangenschaft schwanger und dann zum Abbruch gezwungen werden oder ihre Kinder wenige Monate nach der Geburt abgeben müssen – oft auf Nimmerwiedersehen.

Mehr Glück hatte da Clara Rojas. Die 44-jährige Anwältin und Mitarbeiterin Ingrid Betancourts wird ihren knapp vierjährigen Sohn Emmanuel bald in die Arme schließen können. Das Kind wurde in Gefangenschaft im Dschungel geboren. «Man hat ihn mir weggenommen, als er acht Monate alt war. Er hat mich aber diese ganze Zeit am Leben gehalten», sagte sie jetzt. Nach dem behelfsmäßigen Kaiserschnitt habe sie sich 40 Tage lang kaum rühren können. Vom Vater, einem Guerillero, wisse sie nichts mehr.

Dschungel-Babys

Was mit den Babys geschieht, wenn eine Frau im Dschungel trotz aller Widrigkeiten und Widerstände doch Mutter wird, darüber konnte bislang nur spekuliert werden. Emmanuel könnte die Behörden aber jetzt auf die richtige Spur führen.

Der Kleine wurde zunächst von Guerilleras aufgezogen. Dann wurde er einem Mann namens José Tapiero übergeben. Dieser brachte ihn 2005 in ein Waisenheim. «Man hat mich mit dem Tode bedroht, deshalb musste ich das Kind annehmen», beteuerte der 37-jährige Bauarbeiter.

swissinfo und Agenturen

Seit Dezember 2005 haben die Schweiz, Frankreich und Spanien ihre Vermittlungs-Bemühungen in Kolumbien verstärkt.

Die drei Länder haben eine entmilitarisierte Zone von 280 Quadratkilometern vorgeschlagen, um den Austausch von Geiseln und Gefangenen zwischen der Regierung und den Rebellen zu erleichtern.

Die Regierung Kolumbiens und die 17’000 Mann zählenden Bewaffneten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) bekämpfen sich seit vier Jahrzehnten.

Die Farc wurde in den 1960er-Jahren gegründet. Sie kontrolliert heute gegen 40% des kolumbianischen Territoriums, besonders in den Dschungelgebieten und den Ebenen am Fuss der Anden.

Die Rebellenorganisation wird von den USA und der Europäischen Union (EU) als Terror-Organisation eingestuft. Die Farc selbst sieht sich jedoch als Vertreterin im Kampf der armen Landbevölkerung gegen die Reichen.

Die Farc finanziert sich durch verschiedene Aktivitäten, darunter Geiselnahmen, Erpressung und die direkte und indirekte Teilnahme am Drogenhandel.

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