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Einbürgerung: Wieder ein Urnengang

Der Dorfplatz in Sarnen, der Hauptstadt Obwaldens. picswiss.ch

Wieder einmal wird über die Einbürgerung abgestimmt. Obwaldens Stimmbürger äussern sich am 21. Mai zur Anpassung ihres kantonalen an das Bundesrecht.

Gegen die vom Kantonsrat vorgenommene Anpassung hat die SVP das Referendum ergriffen – ein Test für die kommende Abstimmung auf Landesebene.

Zwei Aspekte des Obwaldner Bürgerrechts-Gesetzes stimmen nicht mit der Praxis auf Bundesebene überein. Die Regierung des Halbkantons hat das Gesetz entsprechend revidiert. Dies soll am 21. Mai nun von den Stimmbürgern abgesegnet werden.

Die erste Änderung bezieht sich auf die Gebühren, die die einbürgerungswilligen Ausländer entrichten müssen. In Obwalden kann das, wie in anderen Kantonen auch, ganz schön ins Geld gehen – und mehrere monatliche Gehälter ausmachen.

Das entsprechende Bundesgesetz über Einbürgerungen wurde jedoch 2004 modifiziert. Dessen Artikel 38 gibt vor, dass die Gebührenhöhe sich künftig nur an den administrativen Kosten ausrichten soll.

Jegliche Ablehnung muss begründet werden

Die zweite Änderung, die heiklere, bezieht sich auf den Fall der Ablehnung einer Einbürgerung. Das Obwaldner Gesetz gibt vor, dass die Naturalisations-Entscheide den Gemeinden, dem kantonalen Parlament und der Regierung obliegen.

Kandidaten haben somit keine Rekurs-Möglichkeit bei einer höheren Instanz, falls ihrem Ansinnen um Einbürgerung nicht stattgegeben wurde.

Doch da ist das Bundesgericht anderer Meinung. In einem Erlass von Juli 2003 erinnert es daran, dass die Einbürgerung eine administrative Amtshandlung und kein politischer Entscheid ist. Somit müssen negative Einbürgerungs-Entscheide begründet werden.

Rekurs möglich, weil Entscheid eine Amtshandlung

Und den Betroffenen muss die Möglichkeit eines Rekurses bei einer höheren Instanz zugestanden werden.

Dieser Erlass ist die Folge einer Serie von kommunalen Volksentscheiden, bei denen die Einbürgerung von Ausländern abgelehnt wurde. In die Medien kam vor allem der Fall von Emmen.

Diskriminierung nach Ursprungsländern

Damals hatten die Stimmbürger via Urnengang gewissen Ausländer-Kategorien wie Italienern oder Spaniern das Bürgerrecht zugestanden, es jedoch anderen, wie Serben oder Türken, vorenthalten.

Das Bundesgericht empfand diese Entscheide als diskriminierend für die abgewiesenen Kandidaten. Stimmbürger über Einbürgerungen abstimmen zu lassen, sei deshalb nicht verfassungskonform. Schliesslich untersage gerade die Bundesverfassung jegliche Diskriminierung.

Stimmvolk entscheidet nicht verfassungskonform

Seit diesem bundesgerichtlichen Erlass gab es keine Volksentscheide mehr über Einbürgerungen.

Wegen dieses Erlasses wollen auch die Obwaldner Behörden ihr kantonales Gesetz revidieren und abgewiesenen ausländischen Kandidierenden die Rekurs-Möglichkeit geben.

Vom kantonalen Parlament ist diese Revision auch akzeptiert worden. Doch der lokale Ableger der Schweizerischen Volkspartei (SVP) sträubte sich dagegen und ergriff das Referendum – mit Erfolg.

SVP: Rekursmöglichkeit stösst auf

Die SVP hat nichts gegen die Änderung in der Gebührenordnung, doch sie wendet sich gegen die vorgesehene Rekurs-Möglichkeit.

In den Augen der SVP müsse der Einbürgerungsentscheid einer demokratischen Regel untergeordnet bleiben und nicht zum administrativen Akt werden. «Es liegt nicht an den Richtern, uns zu sagen, was wir zu tun haben», sagt die Obwaldner SVP.

Ausserdem findet die SVP, dass ihr Kanton seine Einbürgerungs-Praxis nicht ändern müsse, so lange die Situation auch auf Bundesebene wenig transparent bleibe.

Effektiv hat sich der Erlass des Bundesgerichts, also dessen Rechtssprechung, nicht in einer Gesetzesänderung niedergeschlagen – das Schweizer Stimmvolk wird darüber noch befinden müssen.

Die schweizerische SVP hat dazu eine Volksinitive «für demokratische Einbürgerungen» eingereicht. Diese verlangt, dass die Verfassung künftig vorschreibt, dass die kommunalen Volksentscheide definitiv über eine Einbürgerung entscheiden.

Diese Volksinitiative ist letzten Januar zu Stande gekommen und muss noch dem eidgenössischen Parlament vorgelegt werden. Danach wird sie höchstwahrscheinlich dem Stimmvolk vorgelegt.

Obwalden als Testlauf für die SVP

Da die Initiative noch die parlamentarischen Prozeduren zu durchlaufen hat, wird noch geraume Zeit vergehen, bevor das Anliegen dem Stimmvolk vorgelegt wird.

In Erwartung des Resultats soll die Obwaldner Abstimmung beitragen, den Puls etwas zu fühlen. Die SVP dürfte ihn problemlos bestehen. Sie erhielt in Obwalden für ihr Referendum gegen den Vorschlag des Kantonsparlaments tausend Unterschriften – zehn Mal so viel wie nötig wäre.

Am 26. September 2004 hatten 72% der Obwaldner die erleichterte Einbürgerung der jungen Ausländer der 2. Generation abgelehnt, und 65% gar jene der 3. Generation.

Dieses ablehnende Resultat figuriert weit über jenem des gesamtschweizerischen Durchschnitts.

swissinfo, Olivier Pauchard

(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle)

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) gibt sich traditionellerweise sehr restriktiv in der Einbürgerungs-Politik.

2004 leistete sie Widerstand gegen die erleichterte Einbürgerung der jungen Ausländer der 2. und 3. Generation. Beide Ansinnen wurden am 26. September von 56,8% resp. 51,6% vom Stimmvolk abgelehnt.

Die SVP verlangt jetzt, dass Einbürgerungs-Entscheide weiterhin kommunalen Volksentscheiden unterstehen.

Zur Zeit sind solche Volksentscheide suspendiert, da das Bundesgericht diese in einem Urteil als diskriminierend und deshalb verfassungswidrig taxierte.

Die SVP-Initiative «für demokratische Einbürgerungen» wurde im Januar beim Bund deponiert. Sie muss noch dem Parlament vorgelegt werden. Für eine entsprechend erwartete Volksabstimmung auf Landesebene wird man noch einige Monate zuwarten müssen.

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