Eine Waffe gegen Sars, Aids und Krebs
Dem Institut für Biomedizinische Forschung in Bellinzona (IRB) ist es gelungen, mit neuen Methoden Antikörper für die Bekämpfung der Lungenkrankheit Sars zu entwickeln.
Damit sollten künftig auch andere Infektionskrankheiten wie Aids oder Hepatitis C und Krebs bekämpft werden können.
Die Entwicklung sei nur ein erster Schritt, sagte Professor Antonio Lanzavecchia, Direktor des IRB, zu einer Ankündigung auf der Website der Fachzeitschrift «Nature Medecine». Die Antikörper könnten künftig gegen andere Infektionskrankheiten und später sogar gegen Tumore eingesetzt werden.
Neue Methode
Der Gruppe von Biologen unter der Leitung Lanzavecchias gelang es, die so genannte Serotherapie zu verbessern. Dabei seien «monoklonale Antikörper» zur Anwendung gekommen, die aus einem Lymphozyt B einer an Sars erkrankten Person isoliert wurden.
Erforscht hat die neue Methode zur Entwicklung der Antikörper die Tessiner Wissenschafterin Elisabetta Traggiai.
Während über einem Jahrhundert sind laut Lanzavecchia Antikörper von Pferden und anderen Tieren erkrankten Menschen injiziert worden, um zum Beispiel Gifte von Tetanus und Dyphterie zu neutralisieren. Mit der neu entwickelten Methode sei nun die Serotherapie verbessert worden.
Sars…
Man habe Sars als erstes Ziel ausgewählt, weil bisher noch keine Antikörper dagegen existiert hätten, erklärte Lanzavecchia in einem Interview des italienischsprachigen Radios der Schweiz (RSI). «Sars schien uns deshalb ein besonders bedeutungsvolles Ziel.»
Über 8000 Menschen sind an der im Jahr 2002 in Asien ausgebrochenen schweren Lungenkrankheit weltweit erkrankt. Gegen 800 Personen sind daran gestorben.
…HIV und Hepatitis C
Die nächsten grossen Herausforderungen sind für den IRB-Direktor die Erforschung von Antikörpern gegen den für Aids verantwortlichen HIV-Virus und Hepatitis C.
«In diesen Fällen weiss man zwar, dass Antikörper vor diesen Krankheiten schützen können. Doch ist es bisher noch niemandem gelungen, genügend starke Antikörper von grosser Breitenwirkung zur Neutralisierung aller Varianten dieser Viren zu entwickeln», so Lanzavecchia zu RSI.
«Ich glaube, dass wir mit unserer neuen Technik eine gewisse Anzahl von Antikörpern und damit eine Art Cocktail produzieren können, der dem Virus keine Ausweichmöglichkeiten mehr lässt. So würden dann diese Viren völlig neutralisiert.»
Schnelle und effiziente Methode
Ein Vorteil der neu entwickelten Methode des IRB sieht Lanzavecchia in deren Schnelligkeit und Effizienz. «Im Gegensatz zu anderen Techniken können wir innerhalb weniger Wochen Antikörper produzieren. Und für jeden Virus können wir Dutzende von Antikörpern finden.»
Diese Antikörper seien jenen überlegen, die mit anderen, traditionelleren Techniken entwickelt worden seien. Der Grund: «Weil sie genau den Antikörpern entsprechen, die natürlicherweise während einer Infektion produziert werden», so Lanzavecchia.
Internationale Zusammenarbeit
Für das IRB-Projekt arbeitete Elisabetta Traggiai mit Forschern der deutschen Universität Marburg sowie verschiedenen Spitälern und Instituten in Italien und in den USA zusammen. Die Entdeckung wird in der Augustausgabe von «Nature Medecine» ausführlich beschrieben.
Bereits Ende 2002 machte Traggiai mit Nadia Bernasconi, die ebenfalls am IRB forscht, auf sich aufmerksam. Damals entdeckten die beiden Wissenschafterinnen die Grundlagen für die Herstellung von lang anhaltenden Impfstoffen.
swissinfo und Agenturen
Sars-Erkrankte: 8098
Sars-Todesopfer: 774
Schweiz: 1 Sars-Erkrankter
Das Institut für Biomedizinische Forschung in Bellinzona (IRB) wurde im Jahr 2000 eröffnet. Finanziert wird das IRB durch Beiträge von Gemeinden, vom Kanton Tessin, vom Bund sowie von privaten Stiftungen und anderen Institutionen.
Unter der Leitung von Professor Antonio Lanzavecchia untersuchen zehn Forschungsgruppen die verschiedenen Aspekte der zellularen und molekularen Immunologie.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch