Ende der internationalen Hilfe an Sri Lanka gefordert
Die Tamilen in der Schweiz fordern den Stopp der internationalen Hilfe für Sri Lanka. Mit den Geldern werde der Krieg auf der Insel im Indischen Ozean finanziert, schreibt das Tamilen Forum Schweiz.
Die Schweiz, die in den letzten Jahren eine wichtige Rolle zwischen den Konfliktparteien spielte, hat in Sri Lanka letztes Jahr 10 Millionen Franken in Entwicklungsprojekte investiert.
Nach knapp sechs Jahren hat die Regierung in Colombo den Waffenstillstand mit den tamilischen Befreiungstigern «Tamil Eelam» (LTTE) auf vergangenen Mittwoch gekündigt.
Inzwischen startete die Armee ihren Vormarsch auf die Tamilengebiete im Osten und Norden der Insel.
Bereits sind bei Gefechten zwischen den Befreiungstigern und Soldaten nach Angaben der Armee 38 Aufständische getötet worden.
Die Tamilen fürchten, dass nach dem Abzug der internationalen Waffenstillstands-Beobachter die Zivilbevölkerung der Armee ausgeliefert werde.
Einfaches Druckmittel
Dass Colombo den Waffenstillstand gekündigt habe, deute darauf hin, «dass die Regierung einen massiven Krieg oder sogar einen Genozid plant», heisst es in einer Mitteilung des Tamilen Forum Schweiz.
Sri Lanka sei «vollumfänglich» auf internationale Hilfe angewiesen; die Regierung unter Druck zu setzen sei deshalb einfach.
Die Regierung wiederum will nach eigenen Aussagen die LTTE «vernichten». Auch die Rebellen greifen die Zivilbevölkerung an: Zuletzt wurden sie für ein Attentat auf einen Bus mit 27 Toten verantwortlich gemacht.
EU und USA drohen mit Stopp
Grösste Geberstaaten Sri Lankas sind Japan, die EU, die USA und China, wie Anton Ponrajah vom in der Schweiz basierten «Center for just Peace and Democracy» sagt, das nach seinen Angaben von Tamilen und Singhalesen getragen wird.
Es brauche einen koordinierten Stopp der Gelder. «Es nützt nichts, wenn ein Geber aussteigt, und dafür ein anderer in die Bresche springt.» Nach Angaben Ponrajahs hat die Regierung in Colombo ihr Militärbudget für 2008 um 45% erhöht.
Einen Stopp der Finanzhilfe angedroht haben die EU und die USA. Dagegen äusserte sich Japan zurückhaltend und aus China war keine offizielle Reaktion zu hören. Deutschland hat seine Hilfen eingefroren.
Schweiz bleibt engagiert
Gegen ein Zudrehen des Geldhahns spricht sich die Schweizer Entwicklungshilfe-Organisation Helvetas aus, die sich seit 1978 in Sri Lanka engagiert.
«Wenn die internationale Hilfe heruntergefahren wird, leiden wieder jene, die bereits am meisten leiden – und nicht die Anführer der Konfliktparteien», sagte Helvetas-Sprecher Andreas Friolet.
Er plädierte für einen anderen Ansatz: mit den Hilfsgeldern solle die Zivilgesellschaft gestärkt werden, damit diese eine politische Lösung erwirken könne.
Auch der Bund ist engagiert – 2007 mit knapp 10 Mio. Franken. Diese Gelder sind an Projekte gebunden und werden weder der Regierung noch den Behörden in den von der LTTE kontrollierten Gebieten ausbezahlt.
Das Tamilen Forum kritisiert denn auch nicht die Schweizer Hilfe, aber das Schweigen der Regierung: Dadurch trage auch ein neutrales Land wie die Schweiz eine Mitverantwortung am Bürgerkrieg. Die Schweiz hatte sich nur «besorgt» gezeigt.
Keine Alternativen
Noch zu Beginn des Waffenstillstands 2002 habe sich die internationale Gemeinschaft stark engagiert, sagt Ponrajah dazu. «Doch mit der Zeit ist das Interesse erlahmt.»
Zudem seien die Tamilen enttäuscht, weil sie glaubten, die Weltgemeinschaft habe sich auf die Seite der Regierung geschlagen.
Dennoch gebe es keine Alternative zur internationalen Vermittlung: «Die Konfliktparteien werden keinen Frieden aus eigener Kraft schaffen.» Vorraussetzung sei aber die Gleichbehandlung der Konfliktparteien.
swissinfo und Daniela Karst, SDA
Seit den 1970er-Jahren herrscht in Sri Lanka Bürgerkrieg.
Er wird zwischen der Regierung Sri Lankas, die von der Bevölkerungsmehrheit der buddhistischen Singhalesen dominiert wird, und den hinduistischen tamilischen Separatisten ausgetragen.
Bis im Februar 2002 ein permanenter Waffenstillstand geschlossen wurde, haben zwischen 60’000 und 70’000 Personen auf beiden Seiten ihr Leben verloren.
Bern hat den Friedensprozess aktiv unterstützt, die Vermittlerrolle hatte Norwegen inne.
Das Abkommen wurde jedoch Ende 2005 nach der Wahl des Nationalisten Mahinda Rajapakse zum neuen Präsidenten Makulatur. Dieser will mit Härte gegen jene vorgehen, die er als «Terroristen» bezeichnet.
Die Befreiungstiger beharren nach wie vor auf der Schaffung eines eigenen Staates für die tamilische Minderheit.
Die Regierung ist gegen eine Trennung der Insel, steht einer Autonomie der Tamilen aber offen gegenüber.
In der Schweiz leben über 35’000 aus Sri Lanka stammende Menschen – meist Tamilen.
Wegen des Krieges zwischen Singhalesen und Tamilen ist in der Schweiz im vergangenen Jahr die Zahl der Asylgesuche von Personen aus Sri Lanka markant gestiegen.
Bis Ende November 2007 beantragten 570 Personen Asyl – fast doppelt so viele wie 2006.
Das Bundesamt für Migration (BFM) beobachtet seit etwa zwei Jahren eine Zunahme der Anzahl von Asylsuchenden aus Sri Lanka.
Die meisten der srilankischen Flüchtlinge sind Tamilen aus dem Norden und dem Osten der Insel im Indischen Ozean.
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