Erklärungen zum Tod eines Schweizers im Irak
Die USA haben dem Aussenministerium in Bern erste Erklärungen zum Tod eines Schweizer geliefert, der von US-Truppen in Bagdad erschossen wurde.
Für Washington handelt es sich dabei um einen «tragischen Unfall». Der Schweiz genügt das nicht: Sie fordert eine genauere Erklärung.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat von den USA erste Informationen über die Umstände erhalten, die am 28. Juni bei Bagdad zum Tod eines Schweizer Doppelbürgers geführt haben.
Salah Jmor war vor 25 Jahren als Flüchtling in die Schweiz gekommen, der Politologe engagierte sich bei den Genfer Sozialdemokraten. Er hatte sich aktiv für die Kurden im Irak engagiert. Jmor war in den Irak gereist, um seinen Bruder und seinen Vater zu besuchen.
In dem Schreiben der US-Armee an die irakische Regierung, das dem EDA in einer Kopie vorliegt, ist die Rede von einem «tragischen Unfall». Das US-Militär anerkenne auch eine Beteiligung an Jmors Tod, bestätigte EDA-Sprecher Jean-Philippe Jeannerat einen Bericht der «NZZ am Sonntag».
Erklärung genügt der Schweiz nicht
Eine umfassende Darstellung der Ereignisse habe das EDA bislang nicht erhalten. Bundesrätin Micheline Calmy-Rey habe den US- Behörden mitgeteilt, dass die Schweizer Regierung dies erwarte.
Das EDA habe in den letzten August-Tagen neben der Kopie des Schreibens an die irakische Regierung einen zweiten Brief zum Tod des schweizerisch-irakischen Doppelbürgers erhalten, nicht jedoch den Untersuchungsbericht der US-Armee.
Die Aussenministerin hatte sich Anfang Juli mit Pamela Willeford, der US-Botschafterin in Bern, getroffen. Diese brachte dabei ihr Bedauern über das Ereignis zum Ausdruck. Sie habe ihrer Gesprächspartnerin versichert, dass die Botschaft in Bern alles daran setzen werde, den Fall aufzuklären, hiess es danach aus dem EDA.
Nicht der erste erschossene Ausländer
Der aus dem kurdischen Norden stammende Jmor war getötet worden, als sein Fahrzeug an einer US- Patrouille vorbeifuhr. Angehörige erklärten, dass US-Soldaten gezielte Schüsse auf den Mann abgegeben hätten. Andere Quellen im Irak sprachen damals von «Querschlägern».
Jmor ist nicht der erste Ausländer, der von US-Truppen im Irak erschossen wurde. Grosses Aufsehen erregte der Tod des italienischen Geheimagenten Nicola Calipari, der am 4. März ums Leben kam, als Soldaten das Auto beschossen, in welchem er die Journalistin Giuliana Sgrena zum Flughafen bringen wollte. Sie und ein weiterer Beamter wurden verletzt.
Sgrena war erst gerade von ihrer einen Monat dauernden Geiselhaft in den Händen irakischer Aufständischer befreit worden.
swissinfo und Agenturen
Am 28. Juni 2005 wurde der Schweizer Doppelbürger Salah Jmor von US-Truppen in Bagdad erschossen.
Die US-Regierung spricht von einem «tragischen Unfall».
Die Schweiz verlangt mehr Informationen zum Ereignis. Bisher hat sie den Untersuchungsbericht der US-Armee nicht erhalten.
Salah Jmor, ursprünglich irakischer Kurde, lebte seit 25 Jahren in der Schweiz.
Er hatte am Genfer Hochschulinstitut für internationale Studien mit einer Doktorarbeit über die Kurden-Frage im Irak promoviert.
Seit fünf Jahren war er Mitglied der Genfer Sozialdemokratischen Partei (SP).
Er publizierte mehrere politische Abhandlungen zur Situation der Kurden.
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