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Erste Fälle von Vogelgrippe in der Schweiz

Schutzzone: Das Seeufer in Genf nach dem ersten Vogelgrippen-Fall der Schweiz. Keystone Archive

Die Vogelgrippe hat die Schweiz erreicht: Erste Fälle wurden in Genf und bei Stein am Rhein festgestellt, wie Regierungssprecher Oswald Sigg bestätigte.

Die Schweizer Behörden warnen aber vor Panikreaktionen und weisen darauf hin, dass es für die Bevölkerung keine Einschränkungen gebe.

Der Gänsesäger war am Mittwoch im Genfer Seebecken zwischen zwei Booten gefunden worden, gleich neben dem 140 Meter hohen Springbrunnen “Jet d’eau”. Es handelte sich um ein Weibchen dieser Entenart. Zusammen mit drei weiteren gleichenorts gefundenen toten Vögeln wurde es getestet; bei diesen verlief der Test negativ.

Die Genfer Behörden sperrten die Fundstelle am Sonntagnachmittag ab, um den Bootssteg zu desinfizieren. Im Umkreis von 3 Kilometern wurde eine Schutzzone, im Umkreis von 10 Kilometern eine Überwachungszone eingerichtet. In der Schutzzone ist keine Geflügelzucht registriert, wie die Genfer Behörden am Abend mitteilten.

Tierseuche

Hans Wyss, Direktor des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET) und Thomas Zeltner, Direktor des Bundesamts für Gesundheit (BAG), betonten am Sonntagnachmittag vor den Medien in Bern erneut ausdrücklich, dass es sich um eine Tierseuche handelt. “In Europa ist noch nie ein Mensch mit dem H5N1-Virus infiziert worden, das Risiko in der Schweiz ist gleich Null”, sagte Zeltner.

Für die Schweizer Bevölkerung seien keine besonderen Massnahmen erforderlich. “Man soll aber keine toten oder kranken Vögel berühren und nach Kontakt mit einem Vogel die Hände gut waschen,” empfahl der BAG-Direktor.

Auch Deiss beschwichtigt

“Keine Panik”, beruhigte am Abend auch der zuständige Bundesrat Joseph Deiss am Schweizer Fernsehen. Die notwendigen Massnahmen seien ergriffen, so der Schweizer Landwirtschaftsminister.

In die gleiche Kerbe schlagen Geflügelproduzenten, Bauern und Tierärzte. Die Schweiz sei mit der Stallpflicht, die seit dem 20. Februar gilt, gut auf die Vogelgrippe vorbereitet. Momentan drängten sich weitere Massnahmen nicht auf. Nicht angezeigt sind laut Tierärzten präventive Impfungen oder gar Schlachtungen.

Gefährlichkeit wird abgeklärt

Ob es sich bei dem positiv getesteten Fall in Genf um den hochpathogenen Virustyp H5N1 handelt, wird noch abgeklärt. Per Kurier wurden die Proben am Sonntag nach Weybridge bei London ins EU-Referenzlabor geschickt, wie BVET-Direktor Hans Wyss am Sonntag weiter erklärte.

Nur dort stehen die erforderlichen Laboreinrichtungen zur Verfügung. Das Ergebnis wird spätestens Ende Woche vorliegen. Er gehe aber davon aus, dass es sich um den gefährlichen Virustyp handle, sagte Wyss.

Schutzzonen auch in Schaffhausen und Thurgau

Zum Handeln gezwungen wurden am Sonntag auch die Kantone Schaffhausen und Thurgau. Bei zwei unmittelbar an der deutsch-schweizerischen Grenze am Bodensee, in Öhningen und Singen, gefundenen Tafelenten wurde das H5N1-Virus nachgewiesen. Die Ente in Öhningen wurde in einem Gartenteich entdeckt.

Der Kanton Schaffhausen errichtete eine Schutzzone, die das Gebiet der Stadt Stein am Rhein umfasst. Eine Überwachungszone gilt für fünf weitere Gemeinden. Der Thurgau erklärte die Gemeinden Eschenz und Mammern zur Schutzzone.

In Schutz- und Überwachungszonen wird gemäss den Weisungen des BVET Hausgeflügel unter Quarantäne gestellt und intensiv überwacht. Geflügelhalter müssen an den Ein- und Ausgängen der Ställe Desinfektionsmatten anbringen.

Weitere Untersuchungen hängig

In Schaffhausen und Thurgau gibt es bisher keine infizierten Tiere. Allerdings stehen die Untersuchungsresultate für 19 im Thurgau und ein paar in Schaffhausen tot gefundene Wasservögel noch aus. Auch im Kanton St. Gallen wurden am Wochenende “einige tote Wasservögel” gefunden, wie die Staatskanzlei mitteilte.

Ingesamt sind seit Oktober letzten Jahres bis Sonntag in der Schweiz rund 100 tote Vögel untersucht worden, wie BVET-Direktor Wyss weiter sagte. Wie viele Untersuchungen derzeit noch hängig sind, konnte er nicht sagen.

Telefon-Hotline

Die beiden federführenden Behörden BAG und BVET haben je eine Hotline zur Vogelgrippe eingerichtet. Antworten des BAG für Fragen über H5N1 sind zu Bürozeiten unter der Nummer 0041 31/322 21 00 erhältlich.

Das BVET beantwortet von Montag bis Freitag jeweils von 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr unter der Nummer 0041 31/322 22 99 telefonische Anfragen zu Vogelgrippe, Tieren, Tierhaltung und vorbeugenden Massnahmen.

swissinfo und Agenturen

Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist seit Jahrzehnten bekannt. Die erste Übertragung des Virus auf einen Menschen wurde 1997 in Hongkong registriert.

In den Jahren darauf breitet sich das Virus auf rund ein Dutzend weitere Staaten in Asien aus.

2005 tauchte das Virus in der Türkei, in Rumänien und Kroatien auf. Anfang Februar wurde das Virus erstmals auch aus Afrika gemeldet.

In den vergangenen Tagen und Wochen wurde das Virus schliesslich auch in toten Vögeln in sechs europäischen Ländern nachgewiesen, darunter in Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich.

Für Schweizer Geflügel gilt seit dem 20. Februar die Stallpflicht, aber die Tiere werden im Gegensatz zu denjenigen in Frankreich und den Niederlanden nicht geimpft.

Am Sonntag (26. Februar) sind in der Schweiz sowohl am Genfersee wie auch am Bodensee die ersten Schutz- und Überwachungszonen im Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Vogelgrippe eingerichtet worden.

30’000 Geflügelzüchter halten in der Schweiz rund 8 Mio. Hühner, Gänse und Enten.
Die erneute Stallpflicht wurde am 20. Februar eingeführt und wird frühstens im Mai aufgehoben.
Die erste Stallpflicht dauerte vom 25. Oktober bis 15. Dezember 2005.

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