Erster GP-Sieg für BMW Sauber in Reichweite
Der erste Formel-1-Sieg für das Team BMW Sauber ist nur noch eine Frage der Zeit. Ex-Teambesitzer Peter Sauber hält den Vorsprung von Ferrari aber immer noch für grösser, als die Resultate glauben machen.
BMW Sauber versetzte nicht nur die Konkurrenz, sondern auch die Fachwelt und das Publikum in Staunen: Seit dem ersten Grand Prix der Saison in Australien fahren die beiden Piloten, der Deutsche Nick Heidfeld und Robert Kubica aus Polen, in ihren blütenweissen Boliden ganz vorne mit.
Beim GP in Bahrain startete der 23-jährige Kubica gar erstmals in der Teamgeschichte von der Pole Position in ein F1-Rennen. «Ich habe mich enorm gefreut, es ist ein wesentlicher Schritt Richtung ersten Grand-Prix-Sieg», sagt Peter Sauber gegenüber swissinfo.
Der Gründer des Sauber-Rennstalls verkaufte Ende 2005 seine Mehrheitsanteile an BMW. Der Zürcher hält aber immer noch 20%. Zudem betreut er gemäss einem Mandat der Münchner wichtige Sponsoren sowie Betriebsvorstände aus dem Hause BMW. Dies an zehn Grand Prix.
Die Gala-Trainingsvorstellung im Scheichtum hat Sauber nicht überrascht. «Damit musste man rechnen, denn ohne seinen kurzen Abstecher ins Grüne hätte Kubica schon in Australien auf den ersten Startplatz fahren können.»
Auch wenn es in Bahrain im Rennen noch nicht zum Sieg reichte: Die Resultate der bisherigen vier GPs zeigen, dass die BMW Sauber den Schnellsten ganz dicht im Nacken sitzen: 2. Platz in Australien (Heidfeld), 2. (Kubica) und 6. (Heidfeld) in Malaysia, 3. und 4. in Bahrain (Kubica vor Heidfeld) sowie Rang vier für den Polen in Spanien.
Vor McLaren
In der Teamwertung liegen die Münchner mit Schweizer Wurzeln hinter den roten Rennern aus Maranello auf Platz 2, aber noch vor McLaren Mercedes. Im Zwischenklassement der Fahrer-WM rangieren Kubica und Heidfeld auf den Positionen 3 und 5.
Überrascht ist Peter Sauber hingegen vom besten Saisonstart in der Geschichte des Teams. Noch in den Vortests hatten die BMW Sauber keine gute Figur gemacht, die Rückstände waren teils beunruhigend gross.
«Wir hatten nicht geblufft», sagt Sauber dazu. Die positiven Ergebnisse aus den Windkanal-Tests hätten aber nicht sofort auf die Rennstrecke durchgeschlagen. Das habe für Enttäuschung gesorgt. Umso grösser dann die Erleichterung, als der Saisonauftakt optimal verlaufen sei.
Der erste GP-Sieg in Griffweite sorgt bei den Münchnern nicht für grösseren Druck. «Dies würde nur unnötige Nervosität bringen», sagt Peter Sauber. Das Team arbeite sehr diszipliniert, kontrolliert und effizient. Daran dürfe man nichts ändern.
Obwohl sich Heidfeld und Kubica schon mal Gedanken machen können, wie sie den ersten GP-Sieg für BMW Sauber feiern wollen, bleibt Peter Sauber der Realist, der er schon als Teambesitzer war.
Zwar sei der Rückstand auf Ferrari kleiner geworden, aber immer noch grösser, als dies aufgrund der geringen Zeitrückstände im Ziel scheine. «Es braucht sehr grosse Anstrengungen, um die noch fehlenden drei oder vier Zehntel gutzumachen», weiss der Ex-Teambesitzer.
Voll im Fahrplan
Dies müsse jedoch nicht zum jetzigen Zeitpunkt geschehen. Die Zielsetzung, die Lücke zu den Top Teams zu schliessen, sei erst auf Ende Jahr terminiert. Im Falle der Silberpfeile jedoch legt auch Sauber seine gewohnte Zurückhaltung ab: «Mit McLaren haben wir gleichgezogen; wir waren nicht nur in Bahrain auf gleicher Höhe, sondern auch auf dem schwierigen Kurs von Barcelona.»
In 13 Saisons von 1993 bis 2005 war es Sauber nie vergönnt gewesen, als Teambesitzer mit einem seiner Fahrer zur Siegerehrung aufs Podium zu steigen. Im Gegensatz zu anderen «Underdog-Teams», wie Jordan, das 1998 mit Damon Hill am Steuer den Grossen Preis von Belgien gewonnen hatte, bei strömendem Regen.
Erfolgsrezept Kontinuität
Jetzt steht Peter Sauber nicht mehr auf dem Kommandoposten. Doch wenn am Sonntag ein BMW Sauber den GP der Türkei gewinnen oder in zwei Wochen gar beim Klassiker in Monte Carlo triumphieren sollte, wäre das auch immer noch sein Verdienst. Denn durch den Rückzug Saubers hat – neben dem erhöhtem Budget natürlich – eigentlich nur der Name der Renner geändert: Vor dem Sauber stehen jetzt noch die drei Buchstaben BMW.
Gebaut und weiterentwickelt werden die Wagen aber immer noch im Werk in Hinwil, das Peter Sauber mit viel Mut im Zürcher Oberland gebaut hatte. Nur dass dort heute nicht mehr 300, sondern 430 Angestellte ein- und ausgehen.
Kontinuität besteht auch punkto personeller Zusammensetzung: «Das Team besteht grösstenteils noch aus dem alten Kern, und der ist weitgehend für die Erfolge von heute verantwortlich», sagt Peter Sauber.
swissinfo, Renat Künzi, Pfäffikon
1970 konstruiert Peter Sauber seinen ersten Rennwagen, den er auch selber fuhr.
1989 gewinnt Sauber-Mercedes die legendären 24 Stunden von Le Mans. In den Jahren 1989 und 1990 wird Sauber-Mercedes Langstrecken-Weltmeister.
1993 steigt Sauber in die Formel 1 ein.
Peter Sauber ist auch ein begnadeter Talent-Entdecker: Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen, Nick Heidfeld, Kimi Räikkönen, Felipe Massa und Robert Kubica lancieren beim Schweizer ihre Karriere.
1995 fährt Frentzen beim GP von Belgien erstmals einen Sauber aufs Podest (Rang 3).
Auf Anfang 2006 verkauft Peter Sauber seinen Rennstall an BMW. Er hält immer noch 20%.
2007 wird BMW Sauber Zweiter in der Konstrukteurs-WM.
Anfang April in Bahrain steht mit Robert Kubica erstmals ein BMW-Sauber auf der Pole Position zu einem GP.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch