Euro 2004 bringt die Kassen zum Klingeln
Die Endrunde der Fussball-EM ist eine Geldmaschine: In Portugal werden über 1 Mrd. Franken generiert. Zum Handkuss kommen die Gastgeber, die Landesverbände sowie die UEFA als Organisatorin.
Auch für die Schweizer Spieler ist die Fussball-EM eine Henne, die goldene Eier legt.
Sport ist die schönste Nebensache der Welt. Die Hauptsache aber ist das Geld. Das gilt besonders für den Fussball. Unabhängig vom Ausgang der EM-Endrunde steht der grosse Sieger bereits fest: Es ist der Europäische Fussballverband UEFA als Organisator des Grossanlasses.
Für die Vereinigung mit Sitz im schweizerischen Nyon bedeutet die Euro 2004 einen immensen Geldsegen, der so gross ist wie nie zuvor. Zweifellos hat die UEFA ihre Karten gut gespielt, aber sie hatte auch Glück.
Gunst der New-Economy-Stunde
Die Verhandlungen über den Verkauf der Fernsehrechte, die rund zwei Drittel der budgetierten Einnahmen ausmachen, fanden im Jahr 2000 statt. Damals, zur Blütezeit der so genannten New Economy, befand sich auch die Medienindustrie auf einem Höhenflug.
Alles, was damals mit Fussball zu tun hatte, wurde zu Gold. Doch dies war eine Seifenblase, die alsbald platzte und Millionenlöcher in die Kassen riss. Hauptleidtragende waren die Klubs.
1,2 Milliarden in 3 Wochen
Für die EM in Portugal hat die UEFA einschliesslich des Ticketverkaufs Einnahmen in der Höhe von 1,2 Milliarden Franken budgetiert. Wer alles kann vom lusitanischen Honigtopf naschen?
Rund 150 Millionen sind zur Deckung der Organisationsspesen in Portugal bestimmt, und gut 200 Millionen gehen an die teilnehmenden Mannschaften.
Eine halbe Milliarde wird sodann unter den 51 Nationalverbänden verteilt, die der UEFA angehören. Allein der EM-Titel bringt der Siegermannschaft 27,5 Mio. Franken ein. Der Rest wird schliesslich direkt nach Nyon in die Kassen der UEFA fliessen.
Kosten-Explosion bei Vermarktung
Dieses Manna, das nicht vom Himmel fällt, entstammt hauptsächlich aus den Portefeuilles der Fernseh-Anstalten. Denn diese liessen sich die Rechte zur Übertragung der Spiele mehr als 800 Mio. Franken kosten.
Noch 1988, für die EM-Endrunde in Deutschland, waren die TV-Rechte für ein «Butterbrot» von 6,9 Mio. Franken verkauft worden. Somit hat sich der Preis innerhalb von 16 Jahren mehr als verhundertfacht. Diese Zahlen stammen von der Schweizer Zeitung «Tages-Anzeiger».
Während das Schweizer Fernsehen vornehm darüber schweigt, wie viel es für die Übertragungsrechte der Euro 2004 auf den Tisch legte, prangert Österreich – welches notabene die EM-Qualifikation nicht schaffte – die Kostenexplosion an. Vor 4 Jahren hatte die öffentlich-rechtliche Fernseh-Anstalt unseres östlichen Nachbarn noch rund 2,6 Mio. Franken bezahlt. Jetzt, für die Euro 2004, waren es 7,9 Mio. Franken.
Rotes Trikot ist Gold wert
Das portugiesische Abenteuer ist aber nicht zuletzt für die Spieler selbst ein lukratives Geschäft. Wer von den Schweizer Nati-Kickern bei allen Qualifikationsspielen dabei war, kassiert schon mal 129’000 Franken.
Die Spieler hatten sich zunächst verpflichtet, vom Schweizerischen Fussballverband (SFV) keine weiteren Prämien zu verlangen. Doch angesichts der 7,5 Millionen Franken, die die UEFA dem SFV für die Euro-2004-Qualifikation quasi als «Startgeld» überwies, haben es sich die Träger des roten Trikots mit dem weissen Kreuz anders überlegt. Sie forderten zusätzliche Prämien, und erhielten diese auch zugesichert.
So würde die – zwar ziemlich unwahrscheinliche – Qualifikation für das Viertelfinale (1. oder 2. Rang der Gruppe B) mit je 80’000 Franken honoriert.
Das Aus nach den Gruppenspielen als wahrscheinlichere Variante bringt jedem der 23 Spieler der Schweizer Nationalmannschaft immerhin noch einen netten Zustupf: Rang 3 ist mit 30’000 Franken, der vierte und letzte Gruppenplatz mit 20’000 Franken dotiert. Zudem ist jeder in Portugal erzielte Punkt 10’000 Franken wert.
Geäufnete Verbands-Schatulle?
Über das Viertelfinale hinaus sind die Hypothesen bisher nicht gediehen. Denn der SFV und die Spieler konnten sich nicht auf die Höhe der Prämien einigen, falls das Schweizer Abenteuer gar ins Halbfinale münden sollte. Ist dies nun eher als Beschwörung oder als realistische Beurteilung der Lage zu werten?
Sind in Portugal die «Schütteler» auf dem Rasen erfolgreich, kann sich auch der SFV freuen: Zusätzlich zum «Startgeld» winken dem Verband pro erzieltes Unentschieden 500’000 Franken, pro Sieg gar 1 Mio. Franken.
Umstrittene Investitionen in Portugal
Für die UEFA und die qualifizierten Equipen wird die Euro 2004 ein garantierter Erfolg sein. Anders könnte es für Portugal ausgehen. Vor allem die Stadien könnten zu einer Hypothek für das Gastgeberland werden.
Die UEFA hatte 8 Spielstätten mit einer Kapazität von mindestens 30’000 Sitzplätzen gefordert. Der Entscheid des Gastgebers, gleich 10 solcher Stadien zu bauen, hatte Erstaunen und teilweise harsche Kritik ausgelöst.
Wie sollen Stadien dieser Grösse nach Abschluss der Europameisterschaft genutzt werden, lautet die allgemeine Frage. In der Tourismusregion Algarve beispielsweise ist kein einziger lokaler Klub in der obersten portugiesischen Spielklasse vertreten. In den kleineren Orten Leira und Coimbra hätten Stadien mit 15’000 Sitzplätzen vollauf genügt.
Immerhin verfügen in Portugal zwei der neuen grossen Stadien über eine 400m-Bahn. Sie können somit auch als Leichathletik-Anlage genutzt werden.
Weiter fragwürdig: Einige Anlagen liegen sehr nahe beieinander. Dies gilt sowohl für die beiden Stadien in Porto und diejenigen in den benachbarten Städten Guimarães und Braga, als auch für die beiden Austragungsstätten in der Metropole Lissabon. Diese sind gar weniger als einen Kilometer voneinander getrennt.
swissinfo, Doris Lucini
(Übersetzung aus dem Italienischen: Maya Im Hof)
Budgetierte Einnahmen Euro 2004: 1,25 Mrd. Franken.
Die TV-Rechte brachten 800 Mio. Franken ein.
170’000 Franken schauen für die Schweizer Spieler heraus, sollten sie alle Gruppengegner schlagen.
Für einen Sieg in Portugal erhält jeder Verband 1 Mio. Franken, für ein Remis 500’000 Franken.
Der Europameister reist mit 27,5 Mio. Franken aus Portugal heim.
Aus den Einnahmen der EM 2004 werden einerseits die Organisationskosten der UEFA gedeckt, andererseits die Nationalverbände finanziert.
Die Qualifikation der Schweiz für die EM-Endrunde wurde von der UEFA mit 7,5 Mio. Franken abgegolten.
An der Euro 2004 bringt jedes Unentschieden den Teams eine halbe und jeder Sieg eine Million Franken.
Die Investitionen für die Infrastruktur wurden von Portugal übernommen. 23% der Gelder für den Bau oder die Erneuerung der Stadien stammen vom Staat. Den Rest bestritten die Regionalverwaltungen.
Ausnahmen sind Porto und Lissabon. Die vier Stadien in diesen Städten befinden sich in privater Hand.
Die grösste und teuerste Anlage ist das Stadion Da Luz in Lissabon. Das Heimstadion von Benfica bietet 65’000 Sitzplätze und kostete über 200 Mio. Franken.
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