Euro 2008: Erster Test für Hooligan-Detektor
In Bern ist ein Sicherheitssystem zum Einsatz gekommen, das aufgrund biometrischer Daten unwillkommene Hooligans "erkennen" soll.
Die Schweiz will als Co-Veranstalterin die Neuerung an der Fussball-Europameisterschaft 2008 einsetzen. Dazu braucht es jedoch Gesetzesänderungen.
Der Hockey-Match zwischen dem SC Bern und dem EHC Basel von Freitagabend im Berner Stadion ist die erste Sportveranstaltung in der Schweiz, an der die neue Sicherheits-Technologie BioSafety zum Einsatz gekommen ist.
Und so funktioniert es: Kameras inner- und ausserhalb des Stadions nehmen Bilder von den Fans auf. Ein Programm misst dann die Aufnahmen aus und erstellt aus den Daten eine Art Landkarte jedes einzelnen Gesichts. Potenziell gewalttätige Fans sollen auf diese Weise herausgefiltert werden.
Für den Testlauf liessen sich vorgängig 100 Fans freiwillig fotografieren. Die Verantwortlichen werden später darüber informieren, ob die «unerwünschten Elemente», also die Testpersonen, auch tatsächlich im Netz des Erkennungssystems hängen geblieben sind.
Blicken wir drei Jahre in die Zukunft: An der Euro 2008 werden in den Sicherheits-Systemen der Stadien Bilder von Hooligans gespeichert, die als notorische Gewalttäter bekannt sind. Versucht nun einer der registrierten Fans ins Stadion zu gelangen, wird er vom System «Böser» erkannt. Der Einlass ins Stadion bleibt ihm verwehrt und falls nötig kann er von der Polizei für 24 Stunden in Gewahrsam genommen werden.
Hohe Trefferquote?
Unisys als Entwicklerin von BioSafety erklärt, das System habe eine Trefferrate von 95%. Allerdings müssten die Bilder eine hohe Qualität haben. Zudem könne die Quote sinken, falls die Personen eine Brille, Mütze oder einen Bart tragen.
Der Test werde zeigen, wie genau das System Gesichter erkennen kann, sagte der Schweizer Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür gegenüber swissinfo. Das aktuelle Gesetz erlaube aber nicht, ohne Einverständnis der Betroffenen Gesichtsdaten zu speichern.
Auf legale Basis stellen
«Wir müssen sicher stellen, dass die Einspeisung biometrischer Daten in eine Hooligan-Datenbank legal ist.» Momentan sei das in der Schweiz rechtlich nicht geregelt. Thür hofft, dass die entsprechende Gesetzgebung bis in zwei Jahren vorliegt.
Diese müsste regeln, wer die Daten kontrolliert und welche Drittparteien Zugang zu den Datenbanken haben. Weitere Knackpunkte sind laut Thür die Rekursmöglichkeiten sowie die Verhinderung von Missbrauch.
Das Schweizer Parlament hat die Diskussion über die sicherheits-technischen Rahmenbedingungen aufgenommen, die an der Euro 2008 gelten sollen. Neben den Datenbanken mit gewaltbereiten Fans fallen auch temporäre Massnahmen wie Einreisesperren, Stadionverbote und Inhaftierung für 24 Stunden darunter.
Testreihe
Im Verlauf der Saison will der SC Bern BioSafety mehrmals einsetzen. In der ganzen Schweiz sind bereits mehrere hundert notorische Unruhestifter mit Stadionverboten belegt. Rolf Bachmann, Stabschef beim Berner Schlittschuh-Club, ist sicher, dass das neue Instrument eine grosse Hilfe für die Sicherheits-Verantwortlichen sein wird.
«Momentan setzen wir Beobachter ein, welche die gewaltbereiten Personen zwar genau kennen. Dennoch können unsere Leute nicht immer alle identifizieren.» Deshalb prüfe man beim SCB regelmässig innovative Neuerungen, mit denen die Sicherheit erhöht werden kann. Bachmann glaubt an BioSafety: «Dieses System verspricht tatsächlich eine Verbesserung.»
Datenschützer Thür geht davon aus, dass das neue Instrument von der Bevölkerung akzeptiert wird. «Wenn sicher ist, dass das System tatsächlich nur gegen gewalttätige Hooligans eingesetzt wird, wird es die Gesellschaft akzeptieren.»
swissinfo, Matthew Allen
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)
Die Biometrie vermisst die biologischen Merkmale von Menschen.
Dies können Gesichter sein, genetische Fingerabdrücke (DNA) oder Augen.
Erfasst werden aber auch Verhaltens-Merkmale, wie der Gang, die Lippenbewegungen und die Stimme.
In der Schweiz wurden biometrische Daten bereits zur Herstellung von Saison-Karten für Schwimmbäder, zur Identifizierung von Passagieren an Flughäfen und Besuchern von Konzerten erhoben und eingesetzt.
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