Ex-Geheimdienst-Mitarbeiter vor Gericht
Am 27. Januar, dreieinhalb Jahre nach Auffliegen der Affäre, hat der Prozess gegen den früheren Buchhalter des schweizerischen Geheimdienstes, Dino Bellasi, begonnen.
Bellasi ist u.a. wegen Betrugs, Veruntreuung, Geldwäscherei und unerlaubten Waffentragens angeklagt.
Der Prozess gegen den mutmasslichen Millionenbetrüger Dino Bellasi vor dem Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern hat am Montagmorgen mit einem Coup des Angeklagten begonnen. Er verweigert die Aussage zur Sache.
Dies gab Bellasis Anwalt André Seydoux vor Beginn der Befragung Bellasis zu seiner Person im Gerichtssaal im Berner Amthaus bekannt. Auch bei der Befragung zu seinen persönlichen Verhältnissen gab sich der 43-jährige Angklagte ziemlich zugeknöpft.
So machte er keine Angaben zu Höhe und Hintergründen von verschiedenen Krediten, Darlehen und aktenkundigen Steuerstundungsgesuchen in der ersten Hälfte der neunziger Jahre. Bellasi, dem die Veruntreuung von fast 9 Mio. Franken zur Last gelegt werden, sagte lediglich, er habe damals in geordneten finanziellen Verhätnissen gelebt.
Bellasi gab, gemäss Auskunft seines Anwaltes André Seydoux, als Begründung für die Aussageverweigerung an, er könne seine Version der Dinge mit Worten nicht beweisen.
Krankhafte Geltungssucht
Der Gutachter attestiert Bellasi eine erheblich gestörte Persönlichkeit, die sich namentlich in einer krankhaften Geltungssucht zeige. Bellasis Zurechnungs-Fähigkeit erachtet der Experte in seinen Gutachten jedoch nur als leichtgradig herabgesetzt.
Bellasi, der seit dem 13. August 1999 in Untersuchungshaft sitzt, befindet sich seit November 2002 in ambulanter, psychiatrischer Begleitung. Der Angeklagte selber bezeichnete seinen Gesundheitszustand als relativ gut, abgesehen von einer Grippe und dem Umstand, dass er schon lange gerne einmal zum Zahnarzt möchte.
Ex-Nachrichtendienstchef Regli bekräftige in seiner Einvernahme als Privatkläger, ihm sei absolut nichts bekannt gewesen von Bellasis Treiben. Ein paralleler Nachrichtendienst hätte überhaupt keinen Sinn gemacht. Bellasis Behauptungen, seien «grotesk». Er weise sie entschieden zurück.
Millionenbetrug
Die Bellasi-Geheimdienst-Affäre erinnert an eine abenteuerliche Agentengeschichte, wie wir sie allenfalls aus Krimis kennen. Für Schweizer Dimensionen gehört sie eher zum unüblichen Genre.
Blenden wir zurück: Im August 1999 entdeckt ein Rechnungsführer im Nachrichtendienst – Bellasis Nachfolger – Ungereimtheiten in der Buchhaltung. Man spricht von Unterschlagungen in der Höhe von fast 9 Mio. Franken – eine beträchtliche Summe.
Bellasi soll den Bund mit gefälschten Abrechnungen von militärischen Kursen um 8,84 Mio. Franken geprellt haben, via Nationalbank. Das VBS, das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, damals noch unter Bundesrat Adolf Ogi, orientiert die Bevölkerung über ein gravierendes Vermögensdelikt eines Beamten. Stunden später wird Bellasi samt Gattin am Zürcher Flughafen festgenommen.
Abenteuerliche These
Die Ereignisse überstürzen sich, Gerüchte und spektakuläre Entdeckungen jagen sich, die Medien haben alle Hände und Köpfe voll zu tun. Als in Bümpliz bei Bern auch noch ein Waffen- und Munitionslager gefunden wird und der Inhaftierte behauptet, er habe das Geld gebraucht, um im Auftrag seiner Vorgesetzten einen Schattengeheimdienst aufzubauen, ist der Geheimdienstskandal perfekt.
Bundesrat Ogi spricht von ungeheuren Dimensionen, die der Fall annehme und leitet gegen vier Chefs von Bellasi Ermittlungen ein. Alle, darunter auch Nachrichtendienstchef Peter Regli, werden später strafrechtlich vollständig rehabilitiert.
Leben in Saus und Braus
Die Voruntersuchung kommt zum Schluss, dass die Geheimarmee-Theorie wenig wahrscheinlich ist. Thomas Hopf, Staatsanwalt des Bundes, schreibt in seiner Anklageschrift, Bellasi habe die Millionen «vor allem zur Bestreitung der Kosten seines zunehmend aufwändigen Lebensstils» benutzt: Für Aufenthalte in Luxushotels, für Flüge, Geschenke, Häuser, Scheinfirmen, Waffen.
Die Verwendung von 6,6 Mio. Franken können rekonstruiert werden. Wo die restlichen 2,2 Mio. Franken geblieben sind, bleibt ein Rätsel.
Fall Bellasi hinterlässt Spuren
Der Skandal im Nachrichtendienst hat sich auf das VBS ausgewirkt: Obwohl Regli – nebst anderen führenden Köpfen – rehabilitiert wurde, verliert er seinen Posten. Zudem wird der Nachrichtendienst entmilitarisiert und in eine zivile Organisation umgewandelt.
Die Hauptverhandlung gegen den 43-jährigen Bellasi, der seit seiner Verhaftung im August 1999 in Untersuchungshaft sitzt, dürfte drei Wochen dauern. Das Urteil des Wirtschaftsstrafgerichts des Kantons Bern wird für den 14. Februar erwartet. Im Fall eines Schuldspruchs drohen dem mutmasslichen Millionenbetrüger mehrere Jahre Gefängnis.
swissinfo, Gaby Ochsenbein
Bellasi ist des Betrugs, der Veruntreuung, Urkundenfälschung und Geldwäscherei angeklagt.
Er soll 8,84 Millionen Franken veruntreut haben.
Er behauptet u.a. das Geld zum Aufbau einer Geheimarmee verwendet zu haben.
Das Urteil wird für den 14. Februar erwartet.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch