Explosive Situation in Burma
Zehntausende von Menschen haben sich in Burma (Myanmar) den Protesten der buddhistischen Mönche angeschlossen. Angesichts der grössten Demonstrationen seit 1988 droht die Militärjunta mit Repressionen.
Ob der explosiven Situation in Burma ist auch die Schweiz besorgt, wie Botschafter Godet vor dem UNO-Menschenrechtsrat erklärte.
«Die Entwicklung in Burma beunruhigt uns weiter», sagte der Schweizer Vertreter, Botschafter Blaise Godet, am Montag an der Generaldebatte des Menschenrechtsrates in Genf.
Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey habe am 12. März an die burmesischen Behörden appelliert, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wieder Häftlingsbesuche durchführen zu lassen.
In den vergangenen sechs Monaten habe es aber keinerlei Fortschritt gegeben, hielt Godet fest. Gemäss dem IKRK ist es in Burma weiterhin zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen.
Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse in dem südostasiatischen Staat sei der Appell noch dringlicher, betonte der Schweizer Botschafter.
«Schweiz nicht besonders engagiert»
Auch andere Länder nahmen im Menschenrechtsrat zu den Vorgängen in Burma Stellung. Die europäischen Länder forderten vom Militärregime die unverzügliche Freilassung der politischen Gefangenen und die Einhaltung der Menschenrechte.
«Die Schweiz hat sich bisher öffentlich nicht besonders für mehr Demokratie in Burma engagiert. Sie hat sogar politische Flüchtlinge nach Burma zurückgeschickt, wo sie ins Gefängnis kamen und gefoltert wurden», sagte Matthias Huber von der Association Suisse Birmanie.
Protest wird zum Volksaufstand
Die Proteste gegen die Militärjunta in Burma entwickeln sich derweil zum Volksaufstand. In Rangun demonstrierten am Montag zehntausende Menschen. Augenzeugen sprachen von bis zu 130’000. Auch in Mandalay, Pakokku und Sittwe gingen Tausende auf die Strasse.
Die buddhistischen Mönche, die an der Spitze der Protestbewegung stehen, trotzten damit einer staatlichen Order. Der staatliche Religionsrat hatte die Klöster in Rangun aufgerufen, alle Mönche aus umliegenden Klöstern nach Hause zu schicken.
Die Mönche riefen dazu auf, sich friedlich zu verhalten und keine politischen Stellungnahmen abzugeben.
Generäle drohen
Normalerweise duldet die Junta keinen Protest: Die Demokratiebewegung von 1988 schlug sie gewaltsam nieder. Es gab damals etwa 3000 Tote, darunter viele Mönche.
Die Militärregierung drohte, gegen die Demonstranten vorzugehen. Sollten die Mönche sich gegensätzlich zu den Prinzipien der buddhistischen Lehre verhalten, werde im Rahmen der Gesetze eingegriffen, sagte der Religionsminister.
Niederschlagung der Proteste befürchtet
Ausländische Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass die Junta die Proteste niederschlagen wird. So sagte der britische Botschafter Mark Canning, er halte eine «scharfe Reaktion» der Junta für wahrscheinlich.
Der Burma-Berater der Menschenrechts-Organisation Human Rights Watch, David Mathieson, sagte, die zunehmende Teilnahme von Bürgern an den Protesten stelle eine «bedeutende Eskalation» dar.
«Wir befürchten, dass die Proteste ausser Kontrolle geraten könnten, weil Provokateure ein Interesse daran haben könnten. Die Truppen sind nicht geschult, mit Demonstranten umzugehen», sagte Huber von der Association Suisse Birmanie.
Angesichts der angespannten Lage hat UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon die Militärregierung in Burma zur Zurückhaltung gegenüber den Demonstranten aufgefordert.
swissinfo und Agenturen
Die britische Kolonie Burma (oder auch Birma) erlangt 1948 die Unabhängigkeit. Ein Staatsstreich von General Ne Win beendet 1962 die junge Demokratie und führt zu einer inzwischen mehr als 45-jährigen Militärherrschaft.
1988 schlägt die Militärjunta einen mehrwöchigen Studentenaufstand blutig nieder. Tausende von Menschen werden getötet.
1990 gewinnt die oppositionelle NLD (National League for Democracy) die ersten Wahlen seit 30 Jahren mit einem Stimmenanteil von 80%. Das Resultat wird von den Militärs nicht anerkannt, die Oppositionsführerin und spätere Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi unter Arrest gesetzt.
Früher eine der reichsten Kronkolonien, ist Myanmar (wie das Land seit 1989 offiziell heisst) heute weitgehend verarmt und international isoliert. Die Militärjunta unterdrückt systematisch Opposition und Meinungsfreiheit. Gemäss den Vereinten Nationen sind mindestens 1100 politische Häftlinge hinter Gittern.
Hauptstadt (seit 2007): Naypyidaw
Bevölkerung: 50 Mio.
Fläche 676’577 km2 (16x so gross wie die Schweiz)
Bruttosozialprodukt: 5,38 Mrd. Dollar
Schweizer Exporte 2006: 4,9 Mio. Fr. / Importe: 500’000 Fr.
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