Federer im Fadenkreuz der Tabak-Gegner
Während Tennis-Star Roger Federer bei den Swiss Indoors in Basel den vierten Sieg in Folge anstrebt, steht das Turnier einmal mehr in der Kritik. Es wird seit 1994 vom Tabakmulti Davidoff gesponsert.
Das Swiss Indoors in Basel ist Tabakgegnern ein Dorn im Auge: Es ist eines der weltweit letzten Sportanlässe, das von einer Tabakfirma gesponsert wird.
«Sport und Tabak zusammen in Verbindung zu setzen ist vollkommen daneben», sagt Jürg Hurter, Präsident der Stiftung für Tabakprävention Pro Aere, gegenüber swissinfo.ch.
Die Tabakindustrie versuche namentlich mit dem Sponsoring von Sportanlässen die Tabakwerbungs-Gesetze zu umgehen.
Die Spieler würden am Swiss Indoors regelrecht in Davidoff-Werbung schwimmen, kritisiert Pascal Diethelm, Präsident der Anti-Tabak-Organisation OxyRomandie.
Ein rotes Tuch ist für Diethelm auch, dass die Organisatoren nach dem Match den Ball-Kindern durch Roger Federer eine Medaille mit dem Davidoff-Logo überreichen lassen. «Damit die potentiellen Raucher auch ja wissen, welche Zigarettenmarke sie wählen sollen.»
Die Markenrechte von Davidoff sind in Besitz des britischen Konzerns Imperial Tobacco, dem weltweit viertgrössten Tabak-Multi.
Lange Beziehungen
Die Debatte um das Tabak-Sponsoring im Sport kehre jedes Jahr wieder, so Jürg Vogel, Mitglied der Turnierleitung von Swiss Indoors, gegenüber swissinfo.ch.
Man müsse jedoch sehen, dass Davidoff nicht nur Tabak verkaufe, sondern auch Parfums und Accessoires. «Wir sind sehr zufrieden mit diesem Sponsor– es ist einer der ältesten Sponsorpartner in der ATP-Tour. Wir hoffen, dass diese ausgewogene Beziehung weitergeht», sagt Vogel.
Berichte, laut denen der Satellitensender Eurosport die Swiss Indoors wegen dem Sponsoring von Davidoff nicht mehr übertragen will, verneint er.
Laut Vogel liegt der Grund alleine in der Aufnahme des Turniers in die ATP World Tour 500 und der damit zusammenhängenden Übernahme der ausländischen Fernsehrechte durch die ATP.
Eldorado für Tabak-Sponsoring?
Die Europäische Union kennt seit 2005 ein Verbot für Tabak-Sponsoring von grenzüberschreitenden Kultur- und Sportanlässen.
Anders in der Schweiz: Der Entscheid liegt bei den 26 Kantonen selbst. Einzig der Kanton Solothurn kennt bisher ein Verbot für Tabakwerbung auf öffentlichem Grund und Sponsoring an Kultur- und Sportveranstaltungen.
Laut dem Sozioökonomen Heinz Rütter scheint es jedoch unwahrscheinlich, dass die Schweiz zum Eldorado für Tabak-Sponsoring wird.
«Ich sehe diesbezüglich keine Gefahr, denn jede Veranstaltung muss Sorge zu ihrem Image und jenem ihrer Partner tragen – im Allgemeinen gibt es mehr als einen Sponsor», sagt Rütter.
Die Swiss Indoors in Basel werden neben dem Titelsponsor Davidoff, von drei weiteren Hauptsponsoren und neun nationalen Sponsoren unterstützt.
Zudem seien in der Regel die Behörden in die Sportveranstaltungen miteinbezogen, so etwa durch Sicherheitsvorkehrungen oder die Finanzierung. «Sie wollen bei Entscheidungen auch mitreden», sagt Rütter.
«Überall auf der Welt unterstützen die Regierungen den Sport, dabei geht es um Integration – aber auch um Gesundheit.»
Offener Brief blieb unbeantwortet
Roger Federer, der einst Balljunge bei den Swiss Indoors war, ist durch die Tabaksponsoring-Debatte rund um das Swiss Indoors ins Fadenkreuz der Tabak-Gegner gelangt.
Vor zwei Jahren schickte OxyRomandie Federer einen offenen Brief, der von über 500 interantionalen Gesundheitsexperten unterschrieben war. Darin forderten sie ihn auf, nicht mehr am Turnier teilzunehmen oder die Organisatoren aufzufordern, die Beziehungen zu Davidoff und der Tabakindustrie abzubrechen. Der Brief blieb unbeantwortet.
Sollte ein Sportler wie Federer, der namentlich das nationale Präventionsprogramm im Sport «Cool and Clean» unterstützt, das Turnier nicht boykottieren?
«Es würde mich natürlich sehr freuen, wenn Federer sagen würde ‚Ich nehme weder an einem Davidoff Turnier, noch an einem anderen von einer tödlichen Industrie gesponserten Turnier teil'», sagt Hurter.
Thomas Stephens, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser)
2008 steckten sich noch 27% der Bevölkerung zwischen 14 und 65 Jahren einen Glimmstengel zwischen die Lippen, im Jahr davor waren es noch 29% gewesen
Die Raucherinnen und Raucher sind in der Schweiz auf dem Rückzug: 2001 hatten noch 33% an Zigarette, Zigarre oder Pfeife gezogen.
Der Abwärtstrend zeuge von der Wirksamkeit der Tabakprävention und spreche für die Weiterführung der bisherigen Massnahmen. Dieses Fazit zieht des Bundesamt für Gesundheit (BAG) aus einer Studie, für welche die Behörde seit 2001 jährlich 10’000 Personen befragen lässt.
Bei den Männern ging der Raucheranteil 2008 auf 30% (2007: 33%) zurück, bei den Frauen waren es dagegen unverändert 24%. Fast ein Fünftel (19%) der Schweizer Bevölkerung rauchte laut der Untersuchung täglich, während weitere acht Prozent nicht täglich rauchten.
Besonders ausgeprägt ist der rückläufige Trend bei den Jugendlichen. In der Altersgruppe zwischen 14 und 19 Jahren nahm der Raucheranteil 2008 zum Vorjahr von 24 auf 23% ab. Im Jahr 2001 hatten noch 31 Prozent der Jugendlichen geraucht.
Am populärsten ist das Rauchen weiterhin bei den 20- bis 24-Jährigen mit einem Anteil von 38% (Vorjahr 40).
Die durch das Rauchen hervorgerufenen Gesundheitsschäden werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf jährlich rund 10 Mrd. Franken geschätzt.
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