French Open: Federer gedemütigt
Die Schweizer Presse sieht die Deklassierung Roger Federers durch den Spanier Rafael Nadal im Final des French Open als "Demütigung" für die Nummer 1. Eine neue Generation bedränge Federer, so der Tenor.
«Klatsche», «Zum Abschluss eine schallende Ohrfeige», «Demütigung eines Champions», «Die schwerste Stunde als Nummer 1»: So tönt es in den Schlagzeilen fast aller Zeitungen.
«Oh mein Gott, ich hatte ja keine Chance», kommentiert Roger Federer im Blick selbst seine 1:6, 3:6, 0:6-Niederlage gegen Nadal. Da gibt’s für die (immer noch) Nummer 1 des Welttennis nur eins: «Möglichst schnell vergessen», wie er das im Interview mit der Neuen Luzerner Zeitung sagt.
Eine Lehrstunde
«Eine Lehrstunde für Roger Federer», titelt das St. Galler Tagblatt und schreibt: «Rafael Nadal unterstreicht mit einem überzeugenden Sieg im Final von Paris seine Überlegenheit auf Sand.»
Statt den 13. Grand-Slam-Titel habe der dritte Paris-Final Federer die Erkenntnis gebracht, «dass der Abstand zwischen ihm und Nadal auf Sand noch grösser und der spanische Linkshänder noch stärker geworden ist», schreibt der Zürcher Tages-Anzeiger. «Die Chancen, dass Federer das French Open doch noch eines Tages gewinnt, erhielten gestern einen starken Dämpfer», so das Blatt weiter.
Neue Generation
Für den Berner Bund und die Berner Zeitung kommt die Niederlage des Baselbieters in Paris der «Demütigung eines Champions» gleich. Allerdings sei dies in Anbetracht der Tatsache, dass Federer am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt war, «jedoch nicht erstaunlich».
«Eine neue Generation bedrängt Federer», titelt die Neue Zürcher Zeitung. «Die Tenniswelt, sie bewegt sich doch – lentement, mais sûrement», kommentiert die NZZ, die Rafael Nadal einen «Kannibalen» nennt, der Federer «zum Fressen gern» habe.
An der Spitze der Hierarchie vergrössere sich, nicht zuletzt wegen des Serben Novak Djokoviv, der Pulk an Professionals, die Federer gefährlich würden. «Als bald 27-Jähriger verspürt der Schweizer Druck und Atem einer neuen Generation im Kampf der Tennis-Kulturen», so die NZZ weiter.
Noch nicht am Ende
Für die Genfer Zeitung Le Temps ist Roger Federer trotz der «erbarmungslosen Niederlage» aber noch nicht am Ende. Mit 27 Jahren sei er als Tennisspieler im physischen Höhepunkt, und dieses goldene Alter lasse ihm noch drei Jahre. «Drei Jahre, um – verflixt noch mal – einen verdienten Roland-Garros zu gewinnen.»
Auch die Basler Zeitung sieht Federer noch nicht am Ende. «Kann er diese Ohrfeige einfach abhaken oder wird sie Auswirkungen auf die weiteren Begegnungen mit dem Spanier haben? Die Erfahrung sagt: Ja, Federer kann.» Er sei in der Vergangenheit nach grossen Niederlagen stets umso stärker zurückgekommen.
Und die BaZ schliesst: «Bereits in zwei Wochen beginnt in Wimbledon Federers Lieblingsturnier, bei dem er seit sechs Jahren unbesiegt ist. Wenn das so bleibt, sind alle Zweifel ausgeräumt.»
swissinfo, Jean-Michel Berthoud
Das French Open 2008 ist das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres und findet im Stadion Roland Garros in Paris auf Sand statt. Garros war ein französischer Flugpionier.
Am French Open 2008 gab es 15’575’960 Euro (25’116’049 Franken) zu gewinnen. Wie 2007 gab es bei den Damen und den Herren gleich viel zu holen. Die beiden Sieger erhielten je 1 Million Euro (1’612’488 Fr.).
Das Turner fand erstmals 1891 als «Championnat de France International de Tennis» statt.
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