Der arabische Frühling sendet seine Signale bis in den UNO-Menschenrechtsrat nach Genf aus. Die 16. Session, die in Genf stattfindet, markiere einen Wendepunkt im Wirken des Rats, sagte die US-Vertreterin.
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Angetrieben von meiner Leidenschaft für die menschlichen Gesellschaften und die Kunst, über diese zu berichten – eine Neugier, die durch Reisen, Begegnungen und Lektüre beflügelt wird – befasse ich mich vor allem mit den Hauptthemen der internationalen Organisationen, die hier in Genf angesiedelt sind. Kürzel: fb
Bis im letzten Jahr hatte das höchste Menschenrechts-Gremium der Vereinten Nationen Mühe, sich von seiner vielgescholtenen Vorgängerin abzuheben. Die zur Farce verkommene UNO-Menschenrechtskommission war 2006 vom neuen Gremium abgelöst worden.
«Die aktuelle Session zeigt die Fähigkeit des Menschenrechtsrates, in Echtzeit auf Krisensituationen zu reagieren», sagte Eileen Donahoe, welche in Genf die US-Delegation leitet.
Die Grossmacht trat dem UNO-Menschenrechtsrat nach anfänglichem Boykott erst 2009 bei. Seither legt die Regierung Barrack Obamas grosses Gewicht darauf, einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden, in der sich die UNO-Behörde befand. Hinein geriet das Organ durch die Dominanz von Staaten, die sich jeglichen Fortschritten auf dem Gebiet der Menschenrechte in den Weg stellten.
Das Gewicht Nordafrikas
Die arabischen Staaten befinden sich in Aufbruchstimmung Richtung Demokratie und Stärkung der Menschenrechte. Zwar gelang es den Menschen bisher nur in zwei Ländern, die Diktatoren davon zu jagen und die Rollen zu durchbrechen, welche insbesondere die Länder Nordafrikas im UNO-Menschenrechtsrat bisher spielten.
Das Libyen Gaddafis sieht sich suspendiert – das einhellige Resultat einer Sondersitzung, die unmittelbar im Vorfeld der ordentlichen Session stattfand.
Einzig Algerien verfolgt an der Rhone den bisherigen Kurs, als hätte es nirgends einen arabischen Frühling gegeben.
Tunesien geht voran
«Tunesien, das über eine sehr starke Menschenrechts-Bewegung verfügt, hat bereits mehrere entsprechende internationale Abkommen unterzeichnet», sagt Adrien-Claude Zoller, Präsident der Menschenrechtsorganisation Geneva for Human Rights und seit mehreren Jahren Beobachter der UNO-Menschenrechtsgremien.
Zudem habe das Land das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte eingeladen, in der Hauptstadt Tunis ein Büro zu eröffnen. Damit sollen laut Zoller die Umsetzung der Menschenrechte gefördert werden.
Obwohl personell noch gleich besetzt wie zu Zeiten von Präsident Mubarak, schlägt auch die Delegation Ägyptens in der Rhonestadt neue Töne an.
«Der Wechsel ist augenfällig. Als Koordinator der Bewegung der blockfreien Staaten spricht die ägyptische Diplomatie eine Sprache, die im Vergleich zu vorher viel weniger radikal oder konservativ ausfällt», sagt Adrien-Claude Zoller.
Zahnlose OCI
Der Wandel der ägyptischen Delegation wirkt sich auch auf die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) aus. Im Verbund mit Pakistan schlug die OIC bisher im Rat einen äusserst konservativen Kurs ein.
Resultat: Die islamischen OIC-Staaten drangen mit ihrem Resolutionsentwurf nicht durch. Dieser sah vor, dass die Diffamierung von Religionen hätte bestraft werden dürfen.
Afrika im Rückstand
Der Wind des arabischen Frühlings bewirkt im UNO-Menschenrechtsrat eine Verschiebung der Gewichte, auch was das restliche Afrika betrifft. Denn die Diplomaten der konservativen Allianz waren stets auch die Wortführer, wenn es um die Verteidigung afrikanischer Länder ging, die wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik standen.
«Diese Länder zeigen jetzt Anzeichen von Panik. Um den Zusammenhalt der Gruppe zu wahren, neigen sie dazu, ihre Position gar noch zu verhärten», sagt Zoller. Zu einer Antwort zu einer Resolution gegen die Demokratische Republik Kongo hätten sie geschrieben, dass sich der UNO-Menschenrechtsrat nicht mehr um dieses Land kümmern solle. «Derweil gehen in diesem Land die Grausamkeiten weiter», so der Genfer Beobachter.
Immerhin gibt es auch Anlass zu Hoffnung: Nigeria verlangte im Namen der afrikanischen Gruppe die Entsendung einer Untersuchungskommission in die Elfenbeinküste. Dort drohen Gewalt und Verbrechen gegenüber Zivilisten zu eskalieren, nachdem der abgewählte Präsident Laurent Gbagbo sich weigert, seine Niederlage an zu erkennen und das Amt zu verlassen.
Libyen: Am siebten Tag ihres Einsatzes hat die internationale Koalition erneut Luftangriffe gegen Gaddafi-Truppen geflogen. Die Nato hat das Kommando der Aktionen übernommen.
Syrien: Trotz blutiger Repression haben auch am Freitag Demonstrationen gegen das Regime Asad stattgefunden.
Jemen: In Sanaa sind sich Tausende von Gegnern und Befürwortern von Präsident Saleh gegenüber gestanden. Dieser versicherte erneut, sein Amt nicht sofort zu verlassen.
Jordanien: Nach dreimonatigen Protesten haben am Freitag Tausende von Demonstranten König Abdullah II den Rücken gestärkt. Ihnen gegenüber standen 200 Personen, die das Regime zu Reformen aufriefen.
Übertragen aus dem Französischen: Renat Kuenzi
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