Für Darfur gibt es noch viel zu tun
Zurück aus dem Sudan, gibt sich die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey zuversichtlich, dass den Kriegsopfern der Region Darfur besser geholfen werden kann.
Im Augenblick jedoch seien die Bemühungen noch sehr ungenügend.
Die internationale Gemeinschaft und die Regierung des Sudans tun nicht genug, um die humanitäre Katastrophe in der Darfur-Region im Westen des Landes zu stoppen. Zu diesem Schluss kommt die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey nach ihrer Rückkehr aus dem Sudan.
Vor den Medien hob Calmy-Rey hervor, dass die grösste Sorge der Schweiz dem Schutz der zivilen Bevölkerung gelte, insbesondere den Vertriebenen. Das grösste Problem vor Ort sei die Sicherheitslage, sagte die Bundesrätin.
Truppen aus dem Süden nach Darfur verschieben
Nach ihrem Treffen mit sudanesischen Regierungsvertretern habe die Regierung eine Absichtserklärung verabschiedet, wonach für Vertriebene Sicherheitsmassnahmen ergriffen werden sollen.
Diese Massnahmen würden auch eine Verschiebung der Truppen vom Süden des Landes beinhalten, um dem Tun der Milizen ein Ende zu bereiten.
Calmy-Rey war am Dienstag nach einer fünftägigen Sudan-Reise in die Schweiz zurückgekehrt. Bei ihrem Besuch in der Region Darfur hatte sich die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) «schockiert» geäussert über die humanitäre Lage.
In Darfur im Westen des Sudans sind seit dem Ausbruch von Kämpfen zwischen sesshaften Bauern und der von der Regierung mit Waffen unterstützten Reiter-Milizen (Janjaweed-Milizen) im Frühjahr 2003 etwa eine Million Menschen vertrieben worden. Nach UNO-Angaben flohen 200’000 davon ins benachbarte Tschad.
Die Schweiz und der Friedensprozess
Im Südsudan setze sich die Schweiz seit zehn Jahren für den Friedensprozess ein, erklärte die Bundesrätin weiter.
Die Verdienste der Schweiz in diesem Friedensprozess lägen vor allem darin, den Parteien einen asymmetrischen Föderalismus nahe gelegt zu haben, erklärte der Sonderbotschafter für Konfliktberatung, Josef Bucher.
«Die in Warschau unterzeichneten Protokolle gehen davon aus, dass man versuchen sollte, den Sudan zusammenzuhalten», sagte Bucher gegenüber swissinfo. «Im Abkommen gibt es Vorteile und Privilegien für den Südsudan, die es im Addis-Abeba-Abkommen noch nicht gab.»
Erstens werde dem Südsudan eine eigene Armee zugestanden, und zweitens kriege er einen festen Anteil aus den Erdöleinkommen – rund die Hälfte laut Bucher – so dass er sich nicht mehr über Marginalisierung beklagen könne.
«Die Voraussetzungen wären also gegeben, falls das Abkommen gut durchgeführt wird, dass die Sudanesen in sechs Jahren vielleicht doch für die Einheit stimmen werden», hofft Bucher.
Seit Montag Waffenstillstands-Verhandlungen
Die Schweiz habe auch dazu beigetragen, dass sich Khartum und die Rebellen im Süden darauf einigen konnten, die Frage des Eigentums der Erdölvorkommen erst nach einer Übergangsfrist zu beantworten, erklärte Bucher. Die Waffenstillstands-Verhandlungen zwischen den beiden Landesteilen haben laut Bucher am Montag begonnen und bilden die letzte Phase der Friedensverhandlungen.
Für die westsudanische Krisenregion Darfur sehe die Situation anders aus. Der Sonderbotschafter betonte gegenüber swissinfo, dass Darfur innerhalb Nordsudans als eine von drei Konfliktregionen gelte.
«Für zwei dieser Regionen fand man Autonomiestatus-Lösungen innerhalb des Nordens.» Diese Regionen hätten weder eine eigene Armee noch Sezessionsrechte wie der Süden, so Bucher. «Auch in Darfur spricht niemand von Abspaltung. Hier könnte ein ähnliches Autonomie-Muster gefunden werden.»
Bucher zeigte sich zuversichtlich, dass auch hier das von der Schweiz vertretene Konzept einmal auf Anklang stossen werde.
Druck aufrecht erhalten
In Darfur wurden bislang mindestens 10’000 Menschen getötet. Hundertausende drohen zu verhungern. Angesichts dieser humanitären Katastrophe reiche die Antwort der internationalen Gemeinschaft nicht aus, sagte Calmy-Rey.
Es müsse rasch gehandelt werden, die Regenzeit habe begonnen. Gleichzeitig erklärte die EDA-Chefin aber, dass der internationale Druck auf die Regierung in Khartum erste Früchte trage.
So habe Präsident Omar Bashir am Samstag öffentlich anerkannt, dass in der Region Darfur die Bevölkerung nicht sicher sei und Gegenmassnahmen versprochen. Die EDA-Chefin dankte zudem Bashir dafür, dass die Afrikanische Union eine Beobachter-Mission nach Darfur entsenden darf.
Die Regierung habe den Hilfsorganisationen den Zugang zu den Flüchtlingen zwar erleichtert, aber noch immer seien viele Dörfer und Städte von der Hilfe abgeschnitten. Dies führe dazu, dass immer mehr Menschen in die Flüchtlingslager strömten, was die Lage weiter verschlechtere, sagte Calmy-Rey.
Rund eine Million Menschen befänden sich auf der Flucht, rund zwei Millionen Menschen seien dringend auf Nahrungsmittel angewiesen.
Politische Lösung – aber wie?
Humanitäre Hilfe allein sei nicht die Lösung des Problems. Es brauche eine politische Lösung. Der Weg dahin sei aber lang und schwierig. Die Aussenministerin verhehlte nicht, dass ihre Gespräche mit der Regierung in Khartum schwierig waren.
Laut Calmy-Rey gibt es erste Lösungsansätze. So seien im Sommer Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien in Nairobi geplant.
swissinfo und Agenturen
Nicht-Regierungsorganisationen bestätigen, dass die sudanesische Zentralregierung jene arabischen Stämme unterstützt, die die ethnischen Säuberungen in der Region Darfur durchführen.
Die Schweiz hat 6,4 Mio. Fr. für die Opfer zur Verfügung gestellt.
Sie will bis Ende Jahr insgesamt 10 Mio. bewilligen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch