Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Geldwäscherei-Ermittlungen im Fall Madagaskar eingestellt

Madagaskar, 2002: Ex-Premier Tantely Andrianarivo wird von Soldaten an einen unbekannten Ort eskortiert. AFP

Eine Schweizer Bank muss dem ehemaligen madagassischen Ministerpräsidenten Andrianarivo 2,8 Mio. Franken zurückerstatten. Zudem stellte Bern seine Ermittlungen wegen Geldwäscherei gegen den Verurteilten ein.

Die Regierung des afrikanischen Inselstaates Madagaskar zeigt sich schockiert ob des Entscheids der Schweizer Bundesanwaltschaft und reklamiert das Geld für sich.

Die schweizerische Bundesanwaltschaft (BA) hat kürzlich entschieden, die Ende 2003 eröffnete Untersuchung gegen den ehemaligen madagassischen Premierminister Andrianarivo auszusetzen, wie Benoît Girardin, Geschäftsträger der Schweizer Botschaft in Madagaskar, am Donnerstag bestätigte.

Zwar sei der inzwischen in Frankreich exilierte Politiker damit nicht vom Vorwurf der Geldwäscherei entbunden worden. Doch «der formelle, solide, unzweifelhafte Beweis für die unerlaubte Herkunft dieser Mittel konnte nicht erbracht werden», präzisierte Girardin.

Die Gelder seien nicht länger blockiert, bestätigte er eine Information der madagassischen Presse. Der ehemalige Ministerpräsident müsse immerhin die Verfahrenskosten übernehmen.

«Enttäuscht und schockiert»

Der Schweizer Geschäftsträger in der Hauptstadt Antananarivo informierte die madagassische Regierung über den Entscheid der Bundesanwaltschaft. Sie habe sich «enttäuscht und schockiert» gezeigt, sagte Girardin.

Die Regierung wolle wissen, ob sie das Geld wiedererlangen könne. Der Finanzminister Madagaskars erklärte am Mittwoch gemäss lokalen Medienberichten, die Regierung wolle «reagieren und protestieren».

Mehr

Mehr

Geldwäscherei

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Geldwäscherei wird das Vorgehen genannt, mit dem die Herkunft von Geld aus kriminellen Aktivitäten verschleiert und dieses unbemerkt in legale Geschäftsaktivitäten geschleust wird. Es wird meistens mit Drogenhandel in Verbindung gebracht. Das Schweizer Geldwäschereigesetz von 1998 verpflichtet alle Finanzintermediäre (nicht nur Banken), ihre Kunden zu identifizieren und die materiellen Rechtsinhaber der Guthaben zu ermitteln («know…

Mehr Geldwäscherei

Untersuchung begann Ende 2003

Die Untersuchung der Bundesanwaltschaft war nach früheren Angaben Girardins Ende 2003 aufgenommen worden. Die BA sei auf Grund von Informationen einer Schweizer Bank aktiv geworden, die «verdächtige» Geldflüsse auf einem ihrer Konten bemerkte. Die Schweiz habe Madagaskar daraufhin um Rechtshilfe angefragt, die ihr gewährt wurde. Auch Frankreich und Grossbritannien waren angegangen worden.

Laut Girardin habe man sich auf ein ähnliches Szenario wie im Fall von Nigeria vorbereitet. Dort wurden die Gelder des Ex-Diktators Sani Abacha von der Schweiz zurückerstattet, nachdem sich der Verdacht bestätigt hatte.

Urteil: 12 Jahre Zwangsarbeit

Andrianarivo war unter dem ehemaligen Präsidenten Didier Ratsiraka Premierminister.

Im Dezember 2003 war er wegen Veruntreuung von öffentlichen Geldern zu zwölf Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. Andrianarivo selber hatte das Urteil als «politische Abrechnung» bezeichnet.

swissinfo und Agenturen

Zwischen 1993 und 1998 profitierte der damalige nigerianische Diktator Sani Abacha von seiner Position als Machthaber und zweigte rund 2,2 Mrd. Dollar (rund 2,8 Mrd. Franken) aus der Staatskasse für sich und seine Familie ab.

Davon landeten rund 700 Mio. Dollar auf Konten in der Schweiz.

Im Dezember 2003 hatte die Schweiz Nigeria eine erste Tranche von 200 Mio. Dollar überwiesen.

Im Februar 2005 entschied das Bundesgericht, dass weitere 458 Mio. Dollar überwiesen werden müssen.

Im September bestätigte die Weltbank die Zahlung von 290 Mio. Dollar.

Anfang November 2005 wurde bekannt gegeben, dass dem Ölstaat die letzte blockierte Tranche von 170 Mio. Dollar ausbezahlt worden ist.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft