Gerber hinterlässt härtere Asylpolitik
Der abtretende Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF), Jean-Daniel Gerber, sagt, dass die Schweizer Asylpolitk harscher werden wird.
Gerber appelliert aber auch an die EU, diese solle ihre Bemühungen um eine einheitliche Flüchtlingspolitik verstärken.
Der ins Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) wechselnde BFF-Direktor Jean-Daniel Gerber sagte in seiner letzten Jahreskonferenz, dass das Flüchtlingsamt trotz gesunkener Asylzahlen vor grossen Herausforderungen stehe.
Damit meinte Gerber die Umsetzung der Sparmassnahmen des Bundes und die Bekämpfung der illegalen Migration.
Gerber kritisierte auch, dass die europäischen Länder, die Schweiz inklusive, jedes für sich eine Asylpolitik betrieben. Eine Politik, welche zunehmend restriktiv sei.
«Jedes Land betreibt eine Art ‹Wettbewerb der abschreckenden Massnahmen›, um illegale Immigranten abzuschrecken.»
Das sei keine gute Entwicklung, sagte Gerber gegenüber swissinfo. «Was Europa braucht, ist eine Harmonisierung des Asylwesens.»
Dublin
Auf das EU-Abkommen von Dublin für eine gemeinsame Asylpolitik angesprochen, erklärte Gerber, dass dieses bis jetzt nicht wirklich funktioniere.
Brüssel habe die Herausforderung, die Politik der Mitgliedsländer zu vereinheitlichen, nicht restlos umgesetzt.
Gerber sprach sich aber auch deutlich dafür aus, dass die Schweiz die Verhandlungen intensiviert, um den Abkommen von Dublin und Schengen (Polizei-Zusammenarbeit) beizutreten.
«Wenn wir da nicht dabei sind», sagte Gerber, «riskieren wir, dass viele der in der EU abgewiesenen Asylbewerber in der Schweiz erneut ein Gesuch stellen.» Das, weil ein Asylbewerber – gemäss dem Abkommen von Dublin – im gesamten EU-Raum nur ein einziges Asylgesuch einreichen kann.
Asylpraxis wird verschärft
Im neuen Jahr habe das Bundesamt für Flüchtlinge drei Hauptaufgaben, sagte Gerber an der Jahreskonferenz weiter.
Als wichtigste Aufgabe nannte er die erfolgreiche Umsetzung der Sparmassnahmen des Bundes. Bis 2006 müssen 137 Mio. Franken gespart werden.
Neben reinen Sparmassnahmen wird aber auch das Asylverfahren verschärft: Ab kommendem April werden Personen auf deren Asylgesuch nicht eingetreten wird, binnen 5 Tagen weggewiesen. Zudem werden diese Personen auch keine Sozialhilfe mehr erhalten.
«Wir betreten hier Neuland», sagte Gerber. Diesen Personen wird nur noch auf Ersuchen hin Nothilfe gewährt.
Geplant ist, dass nach einigen Monaten mit den Kantonen Bilanz über die Auswirkungen der neuen Massnahmen im Asylbereich gezogen wird.
Viele Illegale befürchtet
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe befürchtet, dass damit bis zu 8000 Personen zu illegalen «Sans-papiers» gemacht werden, weil sie das Land nicht in der vorgesehen Zeit verlassen, sondern untertauchen. Davon seien Kantone, Kirchen und Hilfswerke betroffen, sagt das SFH.
«Das kann zu Beginn so sein», sagt Dominique Boillat, Sprecher beim BFF gegenüber swissinfo. «Doch wer sich illegal in der Schweiz aufhält und sich anderswo meldet, müsste rechtlich gesehen als Person, die sich illegal in der Schweiz aufhält, angehalten und ausgewiesen werden.»
Auf den Vorwurf, die fünftägige Beschwerdefrist reiche nicht aus und sei völkerrechtswidrig, sagt Boillat: «Doch, sie reicht aus, und das Völkerrecht ist nicht eindeutig.»
Zudem bezahle der Bund pro abgewiesenen Asylbewerber 600 Franken, dass sollte den Kantonen reichen, um die Massnahmen umzusetzen.
Die Massnahmen sollen so genannt falsche Asylbewerber abschrecken. «Viele kommen tatsächlich in die Schweiz, wie sie oft selber eingestehen, weil zum Beispiel hier die medizinische Versorgung gut ist oder um mit Drogen zu handeln», sagt Boillat. Das seien einfach keine Gründe für Asyl.
swissinfo und Agenturen
2003 ersuchten 20’806 Menschen in der Schweiz um Asyl (minus 20% gegenüber 2002). Insgesamt erhielten 1636 Personen Asyl (1,22% der Gesamtbevölkerung). Total beherbergt die Schweiz 90’468 Asylbewerber.
Die meisten kommen aus Serbien und Montenegro (14%), der Türkei (8%) und dem Irak. Zugenommen haben die Gesuche aus Georgien und Russland.
Die Kosten im Asylbereich beliefen sich 2003 auf 924 Mio. Franken. 1999 waren es noch gut 1,4 Mrd. Franken.
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