Google boomt in Zürich
Das Internet-Unternehmen Google wird seinen Sitz in Zürich weiter ausbauen. Trotz einiger Probleme wegen der rechtlichen Streitigkeiten um den Dienst Street View fühlt sich das Unternehmen in der Schweiz wohl. Soeben wurden die neusten Trends vorgestellt.
Google wächst und wächst. Im Jahr 2010 wurden konzernweit 4500 neue Mitarbeitende eingestellt. Für 2011 geht das Unternehmen von einer ähnlichen Entwicklung aus. Allein im Raum Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) sollen 1000 neue Stellen geschaffen werden.
Vor wenigen Tagen hielt das Unternehmen in Zürich eine Medienkonferenz ab. Nelson Mattos, Europa-Verantwortlicher für Produkte und technische Entwicklung, zeigte sich mit dem Standort Zürich sehr zufrieden. Die Schweiz biete ideale Arbeitsbedingungen: «Das Niveau der Universitäten ist ausgezeichnet, und die Beziehungen zu den Behörden sind optimal.»
Neues Gebäude in Zürich
Mit der Miete eines zusätzlichen Gebäudes am Sitz in Zürich werden Arbeitsräume für weitere 300 Mitarbeiter geschaffen. Die genaue Zahl der Neuanstellungen für 2011 ist aber noch nicht bekannt.
«Der Sitz Zürich ist einmalig: Hier arbeiten rund 700 Personen 60 verschiedener Nationalitäten zusammen», sagt Mattos. In den anderen europäischen Niederlassungen läge der Ausländeranteil bei nur rund 10 Prozent.
«Um unsere Produkte entwickeln und auf die Nutzer abstimmen zu können, sind wir auf Personen angewiesen, welche die Nutzer in den jeweiligen Ländern perfekt kennen», hält Mattos fest. Er ist stolz auf sein Team in Zürich: «Ein Mitarbeiter aus Afrika kann am besten ein Produkt für den afrikanischen Markt entwickeln.»
Die Aktivitäten von Google in Zürich
Nach den USA ist die Schweiz mit Zürich der weltweit wichtigste Entwicklungsstandort für Google. Die IT-Spezialisten befassen sich vor allem mit der berühmten Suchmaschine von Google und den unterschiedlichen Funktionen und Anwendungen wie der Kalender, der E-Mail-Service GMail oder Dienste wie Google Maps und Youtube.
Die Funktion der nutzergenerierten Videos auf Youtube wird von Zürich verwaltet genauso wie die Qualitätskontrolle von Texten in der Suchmaschine und die allfällige «Säuberung» zur Verbesserung der Suchergebnisse.
Die Google-Ingenieure dürfen 20 Prozent ihrer Arbeitszeit zur freien Beschäftigung und für kreative Aktivitäten nützen. Denn man geht davon aus, dass gerade während dieser Tätigkeiten die besten Ideen geboren werden. Dies geschah etwa mit der Anwendung Google-Sky, die sich ein Ingenieur ausdachte, der sich in der Freizeit intensiv mit Astronomie beschäftigt.
In Zukunft wird sich die Entwicklung stark auf die Anwendungen für Smartphones konzentrieren. Es handelt sich um einen stark wachsenden Markt. Dies zeigt sich schon daran, dass dieses Jahr erstmals mehr Smartphones als traditionelle Handys in Betrieb sind.
Unkonventionelle Büros
Die Büros von Google sind mittlerweile Legende. Entspannungsräume, Seilbahn-Kabinen für Sitzungen, Massagen, Fitness-Räume und Spielecken. Soeben wurde in Zürich ein neuer Büroflügel eingerichtet, in dem ein Büro wie der neue Gotthard-Basistunnel daher kommt – mitsamt Felsen und Heiliger-Barbara-Statue.
«Wir sind ein ernsthaftes Unternehmen, auch wenn wir in diesem atypischen Ambiente arbeiten», meint Mattos.
Streit wegen Street View
Ausgerechnet in der Schweiz befindet sich Google indes in einem Rechtsstreit wegen des Dienstes Street View, der im August 2009 gestartet wurde. Dank dieser Funktion können ganze Strassenzüge und Häuserfronten am Computer gesehen werden. Google hat alles gefilmt. Unvermeidlich sind in den Bildern neben Personen auch sensible Daten wie Autonummernschilder, Strassennummern oder Details von Läden und Banken zu sehen.
Unmittelbar nach der Lancierung von Street View in der Schweiz hat der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte, Hanspeter Thür, Google Empfehlungen in Bezug auf den Datenschutz zukommen lassen, die von dem Unternehmen abgelehnt wurden. Thür hat daher das Bundesverwaltungsgericht angerufen.
Google verwendet Computerprogramme, um Gesichter unkenntlich zu machen und andere Informationen wie Nummern- und Hausschilder zu verschleiern. Doch diese Programme arbeiten nicht immer fehlerlos. Der Schweizer Datenschützer verlangt daher von Google, bei der Anonymisierung des Materials von Hand nachzuhelfen und auch die Details zum Aufnahmeort und zum Zeitpunkt der Aufnahme besser zu kommunizieren.
Das Urteil in dieser Sache ist noch nicht gefällt. Am 24. Februar 2011 trafen sich die Parteien, um ihre Argumente von dem Verwaltungsgericht vorzubringen. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass der Fall bis vor Bundesgericht gezogen wird.
Während der Medienkonferenz in Zürich hielt Google fest, dass man auf das Urteil des Verwaltungsgerichts warte: «Wir sind aber überzeugt, dass unser Dienst legal ist, genauso wie in den anderen 27 Ländern, in denen er angeboten wird.»
Mattos relativierte zugleich die Bedeutung dieses Streitfalls: «Der Fall beeinträchtigt unsere optimalen Beziehungen zur Schweiz überhaupt nicht. Unsere Ingenieure finden hier optimale Arbeitsbedingungen vor.»
Die erste Niederlassung von Google in Zürich reicht ins Jahr 2004 zurück. Anfänglich arbeiteten nur zwei Mitarbeiter am Limmatquai. 2008 verlegte Google seinen Sitz ins Hürlimann-Areal. Dort verdoppelte sich in den vergangenen drei Jahren die Präsenz von rund 300 auf heute über 700 Mitarbeitende.
Am Google-Sitz in Zürich werden Anwendungen für Nutzerinnen und Nutzer entwickelt. Neben der Optimierung der klassischen Suchmaschine werden Dienste wie GEO oder Google Maps sowie einige Bestandteile von GMail wie beispielsweise der Kalender entwickelt.
Ein Schwergewicht der Tätigkeit liegt auf Youtube, dem Online-Video-Service. Pro Minute werden laut Firmenangaben weltweit 35 Stunden Videos auf Youtube hoch geladen.
Google wurde 1998 von Larry Page und Sergey Brin in Kalifornien gegründet. Schon bald wurde Google zur wichtigsten Suchmaschine für das Internet. Heute hat Google eine weltweit dominierende Stellung unter den Suchmaschinen.
Die Finanzierung von Google erfolgt vor allem durch Werbeeinkünfte.
Die Bezeichnung Google basiert auf einem Wortspiel und stammt von der amerikanischen Aussprache des Wortes googol. Dieser mathematische Ausdruck steht für eine Zahl mit einer Eins und hundert Nullen.
Google beschäftigt heute weltweit mehr als 20’000 Personen.
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)
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