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Grösse und Fall einer ungeliebten Kommission

Ob Kommission oder Rat, der Genfer UNO-Sitz bleibt weiterhin Hauport der Menschenrechts-Debatte. Keystone

Die Menschenrechts-Kommission hat am Montag ihre letzte Sitzung erneut um eine Woche verschoben. Sie soll den Übergang zum Menschenrechts-Rat vollziehen.

Ein Rückblick auf Misserfolge und Erfolge der ältesten UNO-Kommission, in der die Schweiz ihre internationale Politik der Menschenrechte entwickelt hat.

Am 15. März haben die Vereinten Nationen die Gründungsresolution des Menschenrechts-Rates gutgeheissen. Dessen Vorgängerin, der UNO-Menschenrechts-Kommission, bleibt jetzt nichts mehr anderes übrig, als die laufenden Geschäfte aufzulösen.

Die 62. und letzte Session der Menschenrechts-Kommission sei nicht mehr befugt, in die noch verbleibenden Dossiers einzugreifen. Das sagt Louise Arbour, UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte. Sie hofft, dass die Kommission an ihrer letzten Sitzung keine Schritte unternimmt, die dem neuen Menschenrechts-Rat schaden könnten.

Sabotage-Aktionen

Die Kanadierin präzisiert, dass alle hängigen Entscheide von der Kommission in den neuen Rat transferiert werden müssen. «Es wird keine Löcher, aber einen unvermeidlichen Verzug gewisser Geschäfte geben», so Arbour.

Oder anders gesagt: Jene Mitgliedstaaten dieses UNO-Gremiums, welche die Menschenrechte verletzen, sollen nicht mehr in der Lage sein, ihre Sabotage-Aktionen durchzuführen. Denn genau diese Länder und ihre Diplomaten in Genf sind es, die den Ruf der ehrenwerten UNO-Institution ruiniert haben.

Einige Erfolge

Als einzige Kommission, die in der Charta der Vereinten Nationen (1945 in San Francisco angenommen) namentlich erwähnt ist, hat die Menschenrechts-Kommission immerhin im Wesentlichen die Schaffung eines internationalen Systems zum Schutz von Opfern in Staaten erreicht, welche die Freiheit missachten.

Zum Beispiel mit der Universellen Menschenrechts-Deklaration, einem 1948 in Paris verabschiedetes Abkommen.

In den kommenden Jahrzehnten verbesserte die Menschenrechts-Kommission der UNO ihr juristisches Gerüst, trotz historischen Turbulenzen wie dem Kalten Krieg oder der Entkolonialisierung.

Die Wende in Wien

Nach Ansicht von Adrien-Claude Zoller, Leiter der Nichtregierungs-Organisation (NGO) «Genf für die Menschenrechte», fand der Anfang des Endes der Menschenrechts-Kommission am UNO-Menschenrechts-Gipfel 1993 in Wien statt.

«An diesem Treffen haben jene Staaten, welche die Menschenrechte missachten, realisiert, dass sie Mehrheiten bilden können», so Zoller gegenüber swissinfo. Daher führte der Wiener Gipfel zu einem Rückschritt in der Menschenrechtsfrage. Diese Tatsache habe auch die Schaffung des nun am 15. März in New York gutgeheissenen Menschenrechts-Rates überschattet.

Die Schweizer Aussenministerin, Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, hat es jüngst wieder betont: Die Verteidigung der Menschenrechte ist ein Kampf, der nie im Voraus zu gewinnen ist.

Schweizer Engagement…

Die Schweiz engagiert sich im Bereich der Menschenrechte seit den 1980-er Jahren, als sie noch nicht Mitglied der Vereinten Nationen war. Sie schlug 1979 gemeinsam mit Costa Rica ihre erste Resolution im Rahmen der Menschenrechts-Kommission vor: einen Text im Zusammenhang mit der Prävention von Folter.

Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 verstärkte sich das Engagement der Schweiz in der Kommission weiter. Resultat: Die UNO-Menschenrechts-Kommission ernannte mehrere Schweizer zu unabhängigen Sonder-Berichterstattern, wie Jean-Daniel Vigny, Verantwortlicher für Menschenrechte der Schweizer Mission bei den internationalen Organisationen in Genf, in Erinnerung ruft.

…und Erfolg

Nach dem UNO-Beitritt der Schweiz (54,6% Ja-Stimmen bei der Abstimmung 2002) konnte die Schweiz ihr Know-how in der Kommission weiter anwenden.

Es gelang ihr, die Schaffung des Menschenrechts-Rates auf die UNO-Traktandenliste zu setzen.

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)

Die Menschenrechts-Kommission der Vereinten Nationen wird 1946 gegründet. Sie redigiert die Universelle Menschenrechts-Deklaration, die am 10. Dezember 1948 angenommen wird.

1966 verabschiedet die UNO-Generalversammlung zwei Abkommen der Menschenrechts-Kommission, welche die Universelle Menschenrechts-Deklaration ergänzen: den Vertrag der zivilen und politischen sowie der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte.

Ab 1967 befasst sich die UNO-Menschenrechts-Kommission mit Verletzungen all dieser Rechte auf dem Terrain. Dazu entwickelt das Gremium Mechanismen und Rechtsverfahren.

Die 62. und letzte Session der UNO-Menschenrechts-Kommission findet ab dem 20. März in Genf statt, um den Übergang in den UNO-Menschenrechts-Rat zu vollziehen.

Am 9. Mai wählt die UNO-Generalversammlung die 47 Mitgliedstaaten des neuen Rates. Die Schweiz ist Kandidatin.

Am 19. Juni findet die 1. Sitzung des Menschenrechts-Rates in Genf statt.

Das neue UNO-Gremium soll mindestens dreimal im Jahr tagen. Im Krisenfall kann es Dringlichkeits-Sitzungen abhalten.

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