Gute Dienste im Sudan
Seit 19 Jahren herrscht im Sudan Krieg. Seit Januar schweigen in einem Teil des Landes die Waffen - dank einer Initiative der Schweiz und der USA.
Die Schweiz will im Friedensprozess im Sudan auch in Zukunft ihre guten Dienste anbieten. Dies erklärte Joseph Bucher, Sonderbotschafter für Konfliktlösung, im Anschluss an Gespräche mit dem Sudan-Beauftragte der USA, Jonathan Danforth, in Bern.
Gesucht: Lösung für den Süden des Landes
Das Ziel sei, im Südsudan Macht- und Einkommensteilung, Militär und Selbstbestimmung mit einer Übergangs-Bestimmung zu regeln, erklärte Bucher. Diese enthält unter anderem auch Grundsätze für eine lokale Regierung und Verwaltung des Südens.
Thema des Gesprächs zwischen dem Schweizer Diplomaten und dem von US-Präsident ernannten Sonderbotschafter war auch die Lage im Sudan insbesondere der Nuba-Berge. Im Januar war auf dem Bürgenstock im Kanton Nidwalden ein Waffenstillstand für dieses Gebiet (3% der gesamten Fläche Sudans) vereinbart worden.
Das Abkommen zwischen der Zentralregierung in Khartum und der Sudanesischen Befreiungsarmee (SPLA) kam auf Vermittlung der Schweiz und der USA zustande. Kürzlich wurde es um sechs Monate verlängert.
Waffenstillstand als erster Schritt
Ex-Senator Danforth bezeichnete den Waffenstillstand für die südsudanesische Region vor den Medien als «grossen Erfolg», welcher der vorher hart umkämpften Region auch etwas gebracht habe. Es gebe der Bevölkerung zum ersten Mal eine Idee davon, was Frieden bedeute, sagte er.
Trotz kleinerer Zwischenfälle werde das Abkommen eingehalten, erklärte die Chefin der Schweizer Mission in Khartum, Marianne Engler. Seit dem Inkrafttreten sei der Zugang für humanitäre Hilfe leichter geworden.
Insgesamt vier Schweizer gehören zur internationalen Beobachtermission, welche die Waffenruhe überprüft. Vertreter aus Norwegen, Schweden, Frankreich, Grossbritannien und den USA vervollständigen die Gruppe.
USA will mehr Bedeutung
Der US-Sonderbotschafter hatte in der Region kürzlich die Aussichten auf eine Vermittlung in dem seit 19 Jahren dauernden Konflikt sondierte.
Washington strebt zusammen mit europäischen Staaten eine wichtigere Rolle in der an Öl reichen Region an. Bisher hat Washington die SPLA unterstützt, weil eine starke Lobby aus christlichen Kreisen und Schwarzen in den USA die Rebellen unterstützen.
Danforth betonte, dass der Sudan über viele Ressourcen verfüge, die derzeit nicht genützt würden, das Land aber zu einem erfolgreichen Handelsland machen könnten.
Der älteste Konflikt Afrikas
Der Waffenstillstand in den Nuba-Bergen gilt als vertrauensbildende Massnahme. Der Bürgerkrieg wird fälschlicherweise oft als Konflikt zwischen dem arabisch-islamischen Norden und dem christlich-animistischen Süden dargestellt.
Doch geht es beim Konflikt auch um reiche Ölvorkommen (aus dessen Erlös die Regierung zur Zeit den Krieg finanziert), um natürliche Ressourcen (der Süden des Landes ist sehr wasserreich), um Ideologie und um Interessen verschiedener Kriegsherren.
Millionen Tote und noch mehr Vertriebene
Im Bürgerkrieg in Sudan haben in den letzten 19 Jahren 2 Millionen Menschen ihr Leben verloren. 4,5 Millionen sind wegen des Konflikts auf der Flucht. Die Zivilbevölkerung leidet wegen des Krieges an Hunger oder wird durch den Krieg gar ausgehungert.
Seit Jahren versorgt die Internationale Gemeinschaft durch die Operation Lifeline Sudan die Bevölkerung. Die Hilfsflüge haben bisher Millionen von Dollar verschlungen. Profitiert haben neben der Zivilbevölkerung vor allem das Militär und die Rebellen, denn beide Parteien zweigen ihren Anteil der Hilfsgüter ab.
Ein Putsch mit weitreichenden Folgen
Vor 46 Jahren verliessen die britischen Kolonialherren den Sudan. 1956 wurde das Land, das grösser als Westeuropa ist, unabhängig. Bis heute gab es gerade mal 11 Jahre Frieden (1972 bis 1983) für die damals rund 26 Mio. Einwohner und Einwohnerinnen des Landes.
1989 putschte sich General Omar el-Baschir an die Macht, setzte vermehrt auf den Islam und zerschlug jede Hoffnung auf einen laizistischen Staat. Mit der Zeit geriet das Regime in Khartum in den Verdacht, terroristische Organisationen wie die Al Kaida zu unterstützen.
Auf Bombenattentate auf amerikanische Vertretungen in Kenia und Tansania, antwortete Washington 1998 mit einem Raketenangriff auf eine pharmazeutische Firma in der Nähe der Hauptstadt. Erst seit dem 11. September 2001 versucht die sudanesische Regierung aus der Isolation auszubrechen.
Unzählige Friedensanläufe
Verschiedene Nachbarstaaten versuchen seit Jahren Friedensinitiativen zu verwirklichen. Doch schüren regionale Interessen, finanzielle Verquickungen und personelle Vorbehalte Misstrauen. Weil zudem verschiedene Friedensinitiativen im Umlauf sind, werden diese – je nach Interessen – gegeneinander ausgespielt.
Klar ist jedoch, dass sich die Regierung und die SPLA sich vor wenigen Jahren auf ein Referendum geeinigt haben: Der Süden soll über seinen Status abstimmen können – nach einer gewissen Übergangsfrist. Doch der Teufel steckt im Detail – unter anderem in den Nuba-Bergen.
Diese liegen geografisch gesehen im Norden des Landes. Doch die Nuba verbündeten sich mit den Rebellen im Süden. Als Zankapfel, als «isolierte» Gegend war hier ein Waffenstillstands-Abkommen möglich. Und international auch überprüfbar. Unter anderem deshalb waren die USA zusammen mit der Schweiz auch aktiv geworden.
Rebecca Vermot und Agenturen
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