Haftbefehl gegen iranischen Ex-Minister
Die Schweizer Justiz erlässt einen internationalen Haftbefehl gegen Irans Ex-Geheimdienstschef Ali Fallahian. Er soll einen Mord bei Genf veranlasst haben.
Ali Fallahian wird verdächtigt, im April 1990 Drahtzieher des Attentats gegen den iranischen Oppositionellen Kasem Radschawi gewesen zu sein.
16 Jahre nach dem Attentat auf den iranischen Oppositionellen Kasem Radschawi in der Nähe von Genf hat die Waadtländer Justiz einen internationalen Haftbefehl gegen Irans Ex-Geheimdienstschef Ali Fallahian erlassen. Er wird verdächtigt die Tötung befehligt zu haben.
Stéphane Radschawi, der Sohn des getöteten Oppositionellen, bestätigte am Sonntag einen Bericht der Zeitung «Le Matin Dimanche». Diese hatte am Sonntag einen Auszug des Haftbefehls, den der Waadtländer Untersuchungsrichter Jacques Antenen ausgestellt hatte, veröffentlicht.
Gemäss Stéphane Radschawi sei der Haftbefehl am 20. März von Antenen unterschrieben und daraufhin dem Bundesamt für Justiz in Bern zugestellt worden.
Die iranischen Behörden haben bisher eine Zusammenarbeit mit den Justizbehörden anderer Länder abgelehnt. Beobachter gehen davon aus, dass die Repressionen des Mullah-Regimes bislang weltweit mehr als 250 Opfer gefordert haben.
Haftbefehl lange gefordert
Radschawi war am 24. April 1990 in waadtländischen Coppet erschossen worden. Untersuchungen zu den Hintergründen des Attentats hatten Verwicklungen bis in die iranische Staatsspitze aufgedeckt.
Gegen den damaligen Geheimdienstschef Ali Fallahian war bislang jedoch nicht ermittelt worden. Teheran bestritt stets, in den Anschlag verwickelt gewesen zu sein.
Radschawis Sohn Stéphane hatte die Waadtländer Justiz wiederholt dazu aufgefordert, ihre Verantwortung wahrzunehmen und einen internationalen Haftbefehl gegen Fallahian zu erlassen, wie dies Deutschland bereits 1996 getan hatte.
Fallahian gilt ebenfalls als Drahtzieher des Anschlags auf vier iranische Dissidenten im Berliner Restaurant «Mykonos» von 1992.
Stéphane Radschawis sagte Le Matin Dimanche, nachdem er vom Haftbefehl Kenntnis erhielt, dass dies der schönste Tag in seinem Leben sei. «Darauf habe ich seit 1990 gewartet.» Die Justiz beginne sich nun mit der Spitze der kriminellen Pyramide zu befassen, die seinen Vater umgebracht habe.
Politisches Asyl
Richter Jacques Antenen hatte das Dossier 1997 vom damaligen Untersuchung-Richter Roland Châtelain übernommen. Bereits dieser war überzeugt gewesen, dass der Befehl für das Attentat auf Radschawi aus Teheran kam.
Ein Haftbefehl gegen Fallahian wurde aber mangels an Beweisen und wegen der Angst vor Repressalien gegen die Schweiz nicht erlassen.
Kasem Radschawi, Bruder des Chefs des Nationalen Rates des iranischen Widerstandes (Volksmudschahedin), Massud Radschawi, hatte 1981 in der Schweiz politisches Asyl erhalten.
Nach dem Attentat konnten 13 Mitglieder des Mordkommandos identifiziert werden. Zwei von ihnen, die in Frankreich in Untersuchungshaft sassen, wurden im Dezember 1993 nach Iran zurückgeschickt, obwohl ein Auslieferungsgesuch der Schweiz vorgelegen hatte.
Keine offizielle Reaktion
Die iranischen Behörden hätten bisher offiziell nicht auf den Haftbefehl gegen Fallahian reagiert, sagte Lars Knuchel, Sprecher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Die Affäre sei bereits seit 1990 Gegenstand von Diskussionen zwischen Bern und Teheran.
swissinfo und Agenturen
24.04.1990: Der Oppositions-Politiker Kazem Radschawi wird in Coppet (Kanton Waadt) in seinem Auto ermordet.
Die Polizei verdächtigt rasch 13 Iraner, die aber durch Diplomatenpässe geschützt sind.
Teheran verweigert die Zusammenarbeit mit der Schweizer Polizei.
1992: Zwei Verdächtige werden in Frankreich festgenommen, dann wieder frei gelassen.
2005: Genf ehrt Radschawi als Verfechter der Menschenrechte mit einer Tafel am Haus, wo er gelebt hat. Bald soll eine Strasse in Genf seinen Namen tragen.
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