Handy-Benutzer werden identifiziert
In der Schweiz sollen künftig alle Mobiltelefon-Benutzer identifiziert werden können. Diese Massnahme hat zum Ziel, dem Terrorismus vorzubeugen.
Das entsprechende Gesetz hat am Mittwoch die letzte parlamentarische Hürde genommen.
Nach dem Ständerat entschied nun auch der Nationalrat mit grossem Mehr, dass so genannte Prepaid-Telefonkarten registriert werden müssen. Drogenhändler und Mitglieder terroristischer Organisationen sollen nicht länger unter dem Schutz der Anonymität telefonieren können.
Künftig müssen Mobiltelefonie-Anbieter während mindestens zwei Jahren Auskünfte über Personen erteilen, die Prepaid-Karten für ihr Handy benutzen.
Angst vor Terror führt zu Meinungsumschwung
Zum Meinungsumschwung im Nationalrat hatten die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft geführt, wonach in der Schweiz vorbezahlte Karten, mit denen man frei telefonieren kann, im Ausland von Terroristen verwendet wurden. Darunter soll auch ein führendes Mitglied der Terror-Organisation El Kaida von Osama bin Laden gewesen sein.
Bei der beschlossenen Identifikation handelt es sich um dieselbe wie bei den Hausanschlüssen von Telefonen oder bei Handys mit Abonnement, betonte Justizministerin Ruth Metzler.
«Von einem neuen Angriff auf die Privatsphäre kann also mit Sicherheit nicht gesprochen werden», so Metzler.
Telekom-Branche bleibt skeptisch
Die Telekommunikations-Unternehmen haben sich gegen die Registrierungspflicht ausgesprochen. Swisscom-Sprecher Sepp Huber verwies auf den Aufwand, der auf die Zwischenhändler der Prepaid-Karten anfallen würde. Zudem sei der Nutzen einer solchen Massnahme gering, da die Kundendaten schnell veralteten.
Sunrise äusserte Zweifel über den Nutzen der Registrierung als Mittel im Kampf gegen den Terrorismus. Und Orange will abwarten, wie die Registrierung zu erfolgen habe.
Registrierung ist die Ausnahme
In den USA, einem Land, das den Kampf gegen den Terrorismus wie kaum ein anderes auf seine Fahne geschrieben hat, existiert keine Registrierung von Prepaid-Karten-Kunden. In Europa kennen lediglich Deutschland, Italien und Ungarn eine solche Registrierung.
Kampf der Terrorismus-Finanzierung
Zudem beschloss die grosse Parlamentskammer, wie zuvor die kleine Kammer, auf eine Terrorismus-Strafnorm zu verzichten. Verabschiedet wurde hingegen ein Gesetz, wonach Geldsammlungen und -spenden für terroristische Zwecke mit Zuchthaus oder Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft werden können.
Die beiden Anti-Terror-Strafnormen, die Justizministerin Ruth Metzler nach den Anschlägen vom 11. September ausarbeiten liess und die der Bundesrat letzten Juni verabschiedete, waren auf Kritik gestossen.
Geltende Strafnorm genügt
Namhafte Strafrechts-Experten, wie zum Beispiel Mark Pieth von der Universität Basel, waren sich einig, dass das geltende Recht die beiden Straftatbestände «terroristische Vereinigung» und «Terrorismus-Finanzierung» bereits abdeckt.
Das Problem sei, dass aus symbolischen Gründen unnötige Dinge getan würden, kritisiert Mark Pieth: «Man denkt, man müsse ein Gesetz machen, damit man international und vor allem bei den USA als ’scharf› aufgefasst wird.»
Laut Pieth ist die Strafnorm gegen eine kriminelle Organisation auch auf Terrorismus anwendbar. Die Schweiz habe aber auch eine Strafnorm gegen die Finanzierung solcher Akte, dabei handle es sich um eine ganz gewöhnliche Beihilfehandlung.
«Diese Gesetze reichen, wir müssen nicht wie die Amerikaner selbst einen so genannten «Patriot Act» vornehmen. Einen solchen patriotischen Akt hat die Schweiz nicht nötig.»
Weg frei für Ratifikation von UNO-Konventionen
Im weiteren genehmigte das Parlament in seiner Frühjahrs-Session die Ratifizierung der UNO-Übereinkommen gegen Terrorismus-Finanzierung und Bomben-Terrorismus, die im den Räten unumstritten waren.
Die Schweiz hat bislang zehn von zwölf UNO-Konventionen und Zusatz-Protokollen im Bereich der Terrorismus-Bekämpfung ratifiziert und umgesetzt.
swissinfo, Gaby Ochsenbein und Hansjörg Bolliger
Benützer von Prepaid-Karten müssen künftig identifizierbar sein.
Die Telecom-Branche steht dieser Massnahme skeptisch gegenüber.
In Europa kennen nur Deutschland, Italien und Ungarn eine Registrierungs-Pflicht.
Auch in den USA existiert keine Registrierung von Prepaid-Cards.
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