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Harsche Kritik an Attacken gegen das Völkerrecht

Die SVP provoziert nicht nur mit ihren Wahlplakaten. swissinfo.ch

Justizminister Christoph Blocher hat in seiner 1.-August-Rede davor gewarnt, die Volksrechte leichtfertig durch übergeordnetes, internationales Recht zu ersetzen.

Nachdem bereits der liberale Nationalrat Claude Ruey Blochers Aussagen kritisiert hatte, bezeichnete diese nun auch Heinrich Koller, der ehemalige Direktor des Bundesamtes für Justiz, als unhaltbar.

«Mit der Warnung vor dem Völkerrecht, vor fremden Richtern und Vögten, bereitet er den Boden für seine Anliegen und für die seiner Partei», sagte Koller in einem Interview mit der NZZ am Sonntag.

Der Justizminister betreibe so Wahlkampf und mache sich in seiner Funktion unglaubwürdig.

Die Schweiz könne sich dem Völkerrecht gar nicht entziehen, so Koller. Sie sei derart mit der internationalen Gemeinschaft verknüpft, dass dies undenkbar sei.

«Es geht nicht an, einen Gegensatz zwischen übergeordnetem Recht und ‹vom Volk geschaffenem Recht› zu schaffen.» Denn bevor ein internationaler Vertrag ratifiziert werde, brauche es einen Auftrag des Bundesrats, die Genehmigung durch das Parlament und eventuell gar die Zustimmung des Volks.

Völkerrechtswidrige Initiativen

Das Völkerrecht stehe im Allgemeinen mit dem schweizerischen Recht in Einklang. «Nur vereinzelt divergieren die beiden Rechtsordnungen – vor allem dann, wenn Volksinitiativen mit den Menschenrechten in Konflikt zu geraten drohen», sagt der ehemalige Direktor des Bundesamtes für Justiz (EJPD). Besonders Blochers Schweizerische Volkspartei (SVP)habe in letzter Zeit solche Initiativen ergriffen, etwa die Einbürgerungs-, die Minarett- und die Ausschaffungs-Initiative.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung bereitet dem Parlament bereits heute die im Februar 2004 vom Volk angenommene Verwahrungsinitiative.

Auch die im September 2006 angenommene Initiative zum «Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer» könnte je nach Anwendung mit dem Völkerrecht in Konflikt kommen.

Die zunehmende Verschärfung des Schweizer Gesetzes ist auf die Ängste der Politiker und der Bevölkerung in Bezug auf die Ausländerkriminalität zurückzuführen. Ein Thema, das in den Schweizer Medien äusserst präsent ist.

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Volksinitiative

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Volksinitiative erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, eine Änderung in der Bundesverfassung vorzuschlagen. Damit sie zu Stande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Darauf kommt die Vorlage ins Parlament. Dieses kann eine Initiative direkt annehmen, sie ablehnen oder ihr einen Gegenvorschlag entgegenstellen. Zu einer Volksabstimmung kommt es…

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Engagement contra Restriktionen

Der liberale Nationalrat und renommierte Historiker Claude Ruey sieht denn auch eine immer grössere Diskrepanz zwischen dem internationalen Engagement der Schweiz für die Menschenrechte und den immer restriktiveren Massnahmen gegen gewisse Minderheiten.

«Wir müssen sehr vorsichtig sein», sagt Ruey. Die Menschenrechte hätten zwar in der Schweiz, einem Depositärstaat der Genfer Konventionen, immer noch einen überdurchschnittlich hohen Stellenwert. Doch im Moment sei diesbezüglich eine Verschlechterung festzustellen.

Völkerrecht hat Schutzfunktion

Die provokativen Aussagen zum Völkerrecht von Bundesrat Blocher rufen auch die Juristen auf den Plan. Gemäss Walter Kälin, Professor am Institut für öffentliches Recht an der Universität Bern, könne sich das Völkerrecht tatsächlich auf gewisse Volksrechte restriktiv auswirken. Doch das habe Schutzfunktion. «Die Demokratie hat Grenzen. Man kann nicht über einen Genozid oder ein Apartheid-Regime abstimmen», sagt Kälin.

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SVP

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweizerische Volkspartei (SVP) entstand 1971 aus der Fusion der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) mit den Demokratischen Parteien der Kantone Glarus und Graubünden. In den 1990er-Jahren legte die SVP stark zu und wurde 1999 zur wählerstärksten Partei im Parlament. Sie politisiert klar auf der rechten Seite des politischen Spektrums: Weniger Staat, eingeschränkte Zusammenarbeit mit…

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Blocher kontert

Bundesrat Christoph Blocher hat die Vorwürfe gegen seine Aussagen zum Völkerrecht gekontert. Das Völkerrecht sei schwammig, sagte er in einem Interview der Mitteland-Zeitung. Er sei nicht gegen das Völkerrecht, aber gegen den Automatismus, mit dem «übergeordnetes Recht» ins Spiel gebracht werde.

«Ich habe nie gesagt das Völkerrecht sei schlecht. Es geht darum, wer im Land bestimmt», sagte Blocher.

swissinfo, Frédéric Burnand
(Übersetzung und Adaption aus dem Französischen: Corinne Buchser)

Im 19. Jahrhundert wurde in der Schweiz das Völkerrecht dem Landesrecht übergeordnet.

Nachdem die Schweiz einen internationalen Vertrag ratifiziert hatte, der mit dem Schweizer Gesetz in Konflikt stand, hat das Bundesgericht dem Völkerrecht den Vorrang gegeben.

Dieses Prinzip, das in der Vergangenheit grundsätzlich nicht in Frage gestellt wurde, war das letzte Mal im Zusammenhang mit der Lex Koller (Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland) ein Thema.

Rechtlich gesehen, kann die Schweiz aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten. Bis heute hat diesen Schritt einzig Griechenland zurzeit der Militärjunta gemacht.

Die Schweiz wäre jedoch immer noch an den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der Vereinten Nationen gebunden.

Dieser Pakt kann – wie Nordkorea erfahren musste – von den einzelnen Mitgliedsländern nicht gekündigt werden.

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