Hey Girls, passt auf
Die neue Broschüre "Hey Girls" der Aids-Hilfe Schweiz und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) begleitet junge Frauen auf ihrem Weg zu einer selbstbestimmten, verantwortungsbewussten und lustvollen Sexualität.
In direkter, klarer Sprache klärt die Gratispublikation die jungen Frauen auch über die Risiken rund um HIV/Aids und weitere sexuell übertragbare Krankheiten auf.
«Die Pubertät ist ein spannender Abschnitt im Leben. Und ein ganz wichtiger dazu.» So beginnt «Hey Girls» und beschreibt diesen Lebensabschnitt auch als «einen Tag Honig, einen Tag Zwiebel».
Das Heft für die selbstbestimmte junge Frau legt gleich am Anfang los. Kein lehrerhaftes Vorwort eines Doktors Sommer.
«Und weil die Pubertät am Anfang all der Dinge steht, die ein junges Leben auch ausmachen, beginnen wir in unserem Heft damit», sagt Thomas Lyssi von der Aids-Hilfe Schweiz.
Weitere Kapitel heissen «Mein Körper». Eine Seite befasst sich mit dem Bewusstsein. Was ist das genau?
«Wenn Du wieder einmal das Gefühl hast, Du seist eine richtige Versagerin, schreibe auf ein Blatt, was du gut kannst und was du gerne machst.» Am besten mit einer Freundin oder mit Mutter und Vater, steht da weiter.
Es kommen Vorbilder und Schönheitsideale zur Sprache. Die Menstruation, die Frage, soll ich zu einer Frauenärztin gehen oder zu einem Frauenarzt?
Alle Themen sind von einem praktischen Tipp begleitet. Wie dem von der «Versagerin» oder dort, wo die Achterbahn der Gefühle und der Liebeskummer sowie der Bruch einer Beziehung thematisiert werden.
Dort heisst es: «Versuche mit einer Person, die du gerne hast, über deine Situation zu sprechen. Wenn du glaubst, dass du keine Bezugsperson hast, dann wende dich doch an eine Beratungsstelle.»
Klare Bilder
Nachdem unter «Hey Jungs» den Girls gesagt wird, dass auch Jungs nicht immer so cool sind, wie sie sich geben, nachdem von Heteros, Schwulen und Lesben die Rede ist oder vom Recht und Strafgesetz, kommt «das erste Mal».
Bilder und Skizzen bei den jeweiligen Themen sind deutlich. Zwar ist kein erigiertes Glied zu sehen, jedoch eine klare Zeichnung des männlichen Gliedes. Den jungen Frauen wird gesagt, was die Männer (die zwei Jahre später in die Pubertät kommen) so ausmacht.
Das Kondom ist in roter Farbe gehalten, die Pille als Verpackung zu sehen und erklärt. Die Verhütungspannen aufgelistet und der Schwangerschaftstest in Wort und Bild erklärt.
Erst dann kommen die Geschlechtskrankheiten: die gefährlichste, Aids, aber auch Syphilis, Tripper und andere.
«Vor Aids müssen wir deutlich warnen, weil die Krankheit immer noch unheilbar ist», sagt Lyssi. «Vor den anderen Geschlechtskrankheiten müssen wir warnen, weil sie deutlich im Vormarsch sind.»
Gratis und zum downloaden
«Hey Girls» ist modular aufgebaut und die Leserinnen können jederzeit in die Textbausteine ein- oder aussteigen», sagt Lyssi. Darauf sei bei der Konzeption geachtet worden. Niemand müsse von vorne nach hinten alles durchlesen.
Die Broschüre kann bei der Aids-Hilfe oder beim BAG bestellt oder gratis vom Internet runtergeladen werden.
Fragt sich nur, ob die klare und direkte Sprache nicht auf Opposition in fundamentalen oder religiösen Kreisen stösst und damit dem «Zielpublikum» nicht zugänglich sein wird.
In der Kindheit der Eltern der nun angesprochenen Girls gab es diese Direktheit, die Probleme eines jungen Lebens anzusprechen, noch nicht. Manch einer, manch eine, könnte sich überfordert fühlen.
«Das kann bei älteren oder kulturungewohnten Personen ab und zu der Fall sein», sagt Thomas Lyssi. «Doch generell ist die Zeit reif, um mit den Betroffenen Klartext zu sprechen.»
Boys folgen später
Bleibt die Fragen. Warum denn «Hey Girls»? – Wo sind die Boys?
Wird die ganze Kenntnis über das junge Leben und seine Sexualität, die Verhütung, einmal mehr den Frauen überlassen, während die Männer sich da heraushalten können?
«Nein», sagt Lyssi. «Es gibt auch ein Heft «Hey Jungs», das wird halt später fertig werden. Zuerst haben wir das für die Frauen fertig gestellt.»
swissinfo, Urs Maurer
Seit dem Ausbruch der Aids-Epidemie sind in der Schweiz 29’355 Personen positiv auf HIV getestet worden.
70% davon sind Männer.
Davon haben 8588 die Krankheit (Aids) entwickelt, 5669 sind daran gestorben (4515 vor 1997).
Mädchen und junge Frauen von 12 bis 17 Jahren finden darin eine Vielfalt von Themen, die sie in diesem Alter beschäftigen:
Pubertät und körperliche Veränderungen.
Die erste Liebe und der erste Sex.
Schwangerschaftsverhütung sowie Schutz vor HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten.
Das 43 Seiten starke Heft wird gratis angeboten und liegt in einer Auflage von 25’000 Exemplaren vorerst in deutscher Sprache vor.
Ab Spätherbst 2007 gibt es eine französische Ausgabe.
Das selbe Thema für junge Männer wird in der (etwas älteren) Broschüre «Hey Jungs» behandelt. Sie soll erneuert werden.
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