Hotel für Staatsgäste wieder offen
Staatsoberhäupter haben in Bern wieder ein Zimmer, wenn sie in offizieller Mission in der Schweizer Hauptstadt weilen.
Das Hotel Bellevue Palace – die Topadresse der Bundesstadt – öffnet nach einjähriger Renovation wieder seine Türe.
Die Sicht von der Südseite des Hotels her hat sich nicht verändert: Die Fenster blicken immer noch hinaus auf die Aare, den Fluss, der Bern umspült. Und wenn der Blick weiter in die Ferne schweift, sieht man die Berner Alpen.
Dank der Neugestaltung können die Gäste nun den wunderbaren Blick auch aus neuzeitlichen Zimmern geniessen, die neu über eine Klimaanlage verfügen, über Komfort also, wie er in den Hotels der westlichen Welt für höchste Ansprüche Standard ist.
So überrascht es denn nicht, dass 30 Millionen der 40 Millionen Franken in eine neue Klimaanlage, in eine bessere Heizung und die Erneuerung der elektrischen und sanitären Anlagen flossen.
Das Management des 90 Jahre alten Hotels nutzte zudem die 12 Monate, in denen das Hotel geschlossen war, um den klassischen Hotelzimmern eine moderne Note zu verpassen.
Konservativ
Das war nicht einfach. Denn männiglich erwartet von einem Hotel, das dem Bund gehört einen «Hort des Konservatismus», ist das Bellevue doch der Ort, wo die Schweizer Regierung Staatsoberhäupter bewirtet und wohnen lässt. Man kann es sich also nicht leisten, stillos zu sein.
Zu den aktuellen höchstrangigen Gästen gehören Frankreichs Präsident Jacques Chirac und der deutsche Bundespräsident Johannes Rau.
Winston Churchill
Unter den illustren Gästen aus früheren Zeiten finden wir Winston Churchill, Michail Gorbatschow und Indiens Premier Nehru.
Das Bellevue ist aber auch während der Sessionen das Hotel etlicher Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Schon manche wichtige politische Entscheidung wurde bei einem Drink an der Hotelbar eingefädelt.
Aus all diesen Gründen hatte die Innenarchitektin Pia Schmid die Aufgabe, den Räumen eine frische Note zu geben, ohne aber das konservative Ambiente zu zerstören.
«Die grösste Herausforderung für mich war, das Traditionelle mit der Moderne zu verbinden», sagte die Innenarchitektin beim Gang durch das neugestaltete Haus.
«Das Bellevue gehört zu den ‹Leading Hotels of the World'», sagt Schmid. Da habe man sich bei der Veränderung auf grössere Einschränkungen einstellen müssen. «Diese führenden Häuser sind sehr exklusiv, und man muss die sehr strengen Vorgaben einhalten.»
Alte Möbel
So entschied sich Schmid, zum Teil alte Möbel, die sie im Estrich abgestellt fand, wieder zu «reaktivieren». Sie wählte moderne Muster und Pastellfarben für die Bettwäsche, Teppiche und Vorhänge.
Der daraus resultierende Kontrast mit den antiken Lampen, den Schreibtischen und Deckenleuchtern – wie man sie nun in den meisten Zimmern findet – sind subtil gewählt und sollen den Geschmack der Gäste und Berühmtheiten nicht verletzen.
Der neue Look im Bellevue gefällt auch dem Konservator Martin Fröhlich. «Der Geist des Hauses ist erhalten geblieben», sagt Fröhlich, der Architekturgeschichte studiert hat.
Geschichtliche Details
«Jedes Gebäude braucht in seiner Geschichte immer wieder eine neue Startmarke. Diese ist nun auch für das 90 Jahre alte Hotel Bellevue gekommen», meint Fröhlich. «Doch die wichtigen historischen Details sind dem Haus erhalten geblieben.»
Die sichtbarste Veränderung im altehrwürdigen Berner Bellevue betrifft die Grösse der Gästezimmer: Durch das Herausschlagen von Wänden entstanden weniger, aber grössere Zimmer. Hatte das Hotel vor der Erneuerung 230 Zimmer, sind es nun noch 130.
«Wir haben nun mehr Suiten als vorher», sagt Beat Jordi, der für die Renovation verantwortliche Architekt. Das sei es, was der Gast, der in einem Hotel wie dem Bellevue absteigt, heute wünsche.
Vergessen ist nun hoffentlich auch die schlechte Presse, die das «Leading Hotel of the World» vor einigen Jahren hatte, als bekannt wurde, wie mies die Angestellten entlöhnt werden.
Man habe mit der Gewerkschaft der Angestellten eine Vereinbarung erzielt, die eine signifikante Lohnerhöhung beinhalte, erklärte Melchior Windlin, der das Hotel seit 16 Jahren managt.
Damit und mit der gelungenen Erneuerung des 5-Sterne-Hotels schaut Windlin nun vorwärts und ist bereit, in Berns führendem Hotel wieder Staatsoberhäupter zu begrüssen.
swissinfo, Dale Bechtel
Die Renovation kostete 40 Mio. Franken.
Das Hotel gehört der Eidgenossenschaft.
Nebst den 130 Gästezimmern und Suiten befinden sich im Bellevue auch Ballräume, etliche Spitzenrestaurants, Bars und Konferenzräume.
Das Hotel wurde 1865 in der Verlängerung des Parlamentsgebäudes, des Bundeshauses, gebaut. Dann wurde es abgerissen und 1913 an der gleichen Stelle in der heutigen Form wieder aufgebaut.
Im Ersten Weltkrieg war das Haus das Hauptquartier der Armeeführung.
Das Hotel ging 1976 in den Besitz der Schweizerischen Nationalbank über. Diese verkaufte es 12 Jahre später an den Bund.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft hält 99% der Aktien.
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