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IKRK 2006 so stark gefordert wie noch nie

Warten auf Nothilfe: Ein sunnitischer Junge in Bagdad vor dem, was der Familie noch geblieben ist. Keystone

Eskalierende Konflikte und die daraus folgende Zunahme vertriebener Zivilisten sorgten dafür, dass das IKRK mit Sitz in Genf im letzten Jahr mehr humanitäre Hilfe leisten musste.

Dies schlug sich auch im Budget nieder, das 2006 mit rund einer Milliarde Franken so hoch war wie noch nie. Neue Sorgen bereitet die Lage in Libanon und Sri Lanka.

Hauptgrund für die Ausweitung der Hilfe im vergangenen Jahr sind immer heftigere Konflikte. Dies erklärte Jakob Kellenberger, Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), am Donnerstag bei der Präsentation des Jahresberichts in Genf.

Den grössten finanziellen Posten habe der Sudan beansprucht, gefolgt von Irak, Palästina, Somalia und Afghanistan, sagte Jakob Kellenberger gegenüber swissinfo. Die Konflikte in diesen Ländern hätten unermessliches Leid gebracht und die Organisation vor komplexe Herausforderungen gestellt.

Schwächste am härtesten betroffen

Kellenberger verwies insbesondere auf das Problem der intern vertriebenen Menschen, der so genannten Binnenflüchtlinge. Dabei handle es sich in der Mehrheit um Frauen und Kinder. Die intern Vertriebenen seien eine besonders verletzliche Gruppe.

Das internationale Völkerrecht werde weiterhin massiv verletzt. «Mit jeder Verletzung wird ein Leben zerstört», gab der IKRK-Präsident und ehemalige Schweizer Spitzendiplomat zu bedenken.

Keine Deeskalation

Seit Anfang 2007 hat das IKRK erneut mehr Geld gesprochen für Hilfe in Darfur, Irak und Somalia. Angesichts der Verschärfung der Lage auf der Insel befürchtet Kellenberger für dieses Jahr eine starken Zunahme der Vertriebenen, was ein verstärktes Engagement des IKRK erfordere. Allgemein sei mit weiteren Ausgabenerhöhungen im laufenden Jahr zu rechnen.

Auch wenn die Zahl bewaffneter Konflikte nicht zugenommen habe, so hätten sich die mit ihnen verbundenen humanitären Folgen für die Zivilbevölkerung massiv verschlimmert.

Brandherd Libanon

Kellenberger zeigte sich auch äusserst besorgt über die gegenwärtige Eskalation im Norden von Libanon. Er berichtete, dass eine Delegation des IKRK am Donnerstag in das palästinensische Flüchtlingslager Nahr al-Barid gelangen konnte. Noch immer leben dort 20’000 Menschen, mittlerweile ohne Wasserversorgung.

Elf Lastwagen mit 220 Tonnen Hilfsgütern aus der jordanischen Hauptstadt Amman seien am Donnerstag im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Barid angekommen. Nach Angaben Kellenbergers waren schon am Mittwoch 20 Tonnen Nahrungsmittel im Lager verteilt worden.

«Über die Zahl der Verletzten und Toten können wir keine Angaben machen, vor allem nicht unter den Zivlisten,» sagte Kellenberger gegenüber swissinfo. Dies sei im Moment wohl für niemanden möglich.

swissinfo und Agenturen

Im vergangenen Jahr half die humanitäre Organisation 3,5 Mio. vertriebenen Menschen in 19 Ländern. Dies sind rund 300’000 Vertriebene mehr als im Vorjahr.

Des weitern setzte sich das IKRK für Millionen Verletzte, Kranke, Festgenommene oder Vermisste ein.

Mit diversen Hilfsprojekten konnte fast 16 Mio. Menschen geholfen werden. Etwa 40 Prozent des Rekordbudgets des IKRK von annähernd einer Milliarde Franken kamen Afrika zugute.

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